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Inselkoller

Inselkoller

Titel: Inselkoller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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ihr Arzt natürlich auch –, würde ihr Stoffwechsel sich langsam und stetig normalisieren
und sich ihr Gewicht wieder verringern. Ihr Herz, ihr Kreislauf und natürlich ihre
Gelenke würden dann ebenfalls entlastet werden.
    Sie hatte sich an diesen Plan gehalten, ohne
dass bisher sichtbare Erfolge zu verzeichnen gewesen wären. Damit war so schnell
auch nicht zu rechnen, darauf hatte sie ihr Arzt ausdrücklich hingewiesen. Sie nahm
die Tageszeitungen zur Hand und las zuerst die Todesanzeigen in der Sylter Rundschau
und in der ›Welt‹, bevor sie eingehend die Immobilienseiten studierte. Eine ihr
gut bekannte Witwe war gestorben. Hatte sie überhaupt Erben? Vor einigen Jahren
hatte sie ihr eine ihrer freien Wohnungen an der Uferpromenade verkauft. Jetzt würde
die aller Wahrscheinlichkeit nach wieder zum Verkauf stehen. Sie musste ihre Schwiegertochter
anweisen, sich darum zu kümmern. Seitdem sie selbst sich weitgehend von diesen Aktivitäten
zurückgezogen hatte, machte Karin das mit einigem Geschick. Sie selbst gab ihr weiterhin
Tipps und Hinweise. Sie hatte den Riecher dafür, wo Geschäfte zu machen waren. Und
sie hatte die Kenntnisse und Kontakte aus langen, erfolgreichen Jahren.
     
    Die Hausklingel läutete.
    »Kommen Sie herein. Die Tür ist offen. Ich
bin im Wohnzimmer, gleich geradeaus.«
    Sie vernahm leise Schritte, und schon stand
ein schmächtiger, nicht sehr großer Farbiger im Türrahmen. Er war nicht verlegen,
mehr unschlüssig, was er tun sollte.
    »Guten Tag. Sie sind sicherlich der Mann vom
Gebäudeservice«, begrüßte sie den Mann, der einen blauen Overall und Basketballschuhe
trug. Mein Gott, Clausen, wen hast du mir denn da geschickt, schoss es ihr durch
den Kopf. Sie wollte sich ihr Erschrecken nicht anmerken lassen und fuhr gleich
fort, ihm in einfachen Sätzen Anweisungen zu erteilen.
    »Haben Sie alles verstanden?«, fragte sie abschließend.
    »Aber sicher doch. Ich habe damit keine Probleme«,
erwiderte er. Es waren die ersten Worte aus seinem Mund, und sie erschrak nochmals,
ihn in nahezu akzentfreiem Hochdeutsch antworten zu hören.
    »Sie sprechen gut Deutsch, das ist ja schön.«
    »Ich spreche auch Arabisch und Somali.«
    »Das spreche ich nur im Traum. Deswegen bleiben
wir lieber bei Deutsch«, witzelte sie linkisch.
    »Gerne. Aber ich soll ja nicht reden, sondern
arbeiten.«
    Ihr gefiel seine freimütige und offene Art.
Außerdem glotzte er sie aus seinen braunen Augen nicht an wie ein monströses Ungeheuer.
    »Fahren Sie den Kasten doch gleich hinter das
Haus. Rechts aus der Auffahrt, gleich wieder rechts in den Fahrweg und am Ende,
an der Schranke, nochmals rechts rein. Dann sind Sie an der Grundstücksgrenze zum
Watt. Da gibt es eine Pforte, die zum Schuppen führt. Die Abfälle sollen auch abgefahren
werden. Die Deponie ist fast voll.«
    »Alles klar. Ich mach mich auf den Weg.«
    »Nehmen Sie die Schlüssel mit. Sie hängen am
Schlüsselbrett im Flur. Der Schlüssel mit dem blauen Schild, ›Garten‹ steht drauf.«
    Er machte sich auf den Weg, und sie wandte
sich wieder ihrer Zeitungslektüre zu. Clausen hatte sie richtig verstanden. Der
Farbige war ein helles Köpfchen. Etwas stabiler hätte er sein können. Aber in Äußerlichkeiten
konnte man sich täuschen, wenn es darum ging, die Effizienz eines Arbeiters einzuschätzen.
    Ab und zu beobachtete sie ihn aus ihrem Sessel
am Fenster, wie er die Wildrosenhecke auf dem Friesenwall kappte und die wilden
Triebe aus den Weißdornbüschen schnitt. Er arbeitete geschickt und flink. Auch hatte
er im Schuppen schnell gefunden, was er für seine Arbeit brauchte. Sie musste Clausen
loben und nahm sich vor, das bei passender Gelegenheit zu tun.
    Nachmittags kam Wind auf, der Regenböen brachte,
die Seevögel in grauweißen Explosionen vom Watt aufscheuchte und sie nach den stillen
Salzwiesen drüben an der Küste suchen ließ, die als gezackte Linie am Horizont lag
und zeitweise hinter den breiten Fallstreifen der tiefgrauen Schauerwolken verschwand.
Anna Mendel öffnete das Fenster und winkte dem Mann zu.
    »Sie werden ja ganz nass. Kommen Sie herein,
wir trinken einen Tee zusammen, bis der Regen nachlässt.«
    »Gerne.« Er lief um das Haus zur Eingangstür,
streifte sich die Schuhe ab und stieg aus dem nassen Overall.
    »Trinken Sie überhaupt Tee?«
    »Aber ja doch. In Arabien trinken wir viel
und gerne Tee, nur etwas stärker und süßer als hier. Wenn Sie sitzen bleiben wollen,
setze ich für uns den Tee auf. Sie müssen mir

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