Inselwaechter
neuen Verbundenheit finden, fern jener von den Konflikten des Alltags behafteten Orte, an denen wir sonst zusammentreffen.«
»Das Spiel hieß also Drei gegen eine «, kommentierte Lydia Naber beißend. Grohm war ihr von Wort zu Wort noch unsympathischer geworden.
»Von Spiel kann wohl keine Rede sein und es ging auch nicht gegeneinander , so wie Sie das ausdrücken«, fiel Claire Wilms ein.
Lydia Naber hob mildernd die Hand. »Das habe ich falsch formuliert. Es ist aber so, dass Sie drei in der strittigen Angelegenheit anderer Meinung waren als Agnes Mahler, das ist doch richtig so, oder? Es drückt sich ja auch in der Konstellation aus – Sie drei hier, Frau Mahler räumlich getrennt.«
Weder Claire Wilms noch Grohm wollten antworten. Melanie Schirr nahm an dem Gespräch nur als entweder belustigte oder betroffen dreinblickende Beobachterin teil.
»Worin bestanden denn die Differenzen, was waren die aufgeworfenen Fragen?«, kam es von Schielin.
Grohm saß in einer aufreizend selbstbewussten Weise im Sessel, hatte die Ellbogen auf die hohen Lehnen gestützt und hielt die Hände gefaltet vor seiner Brust. Den Kopf trug er schon wieder erhoben. Die groteske Vorstellung, die er zu Beginn inszeniert hatte, schien aus seiner Erinnerung schon getilgt zu sein. Das Kinn schob sich weiter nach oben, während sein Blick sich senkte. Er sprach leise: »Ich denke, das sind doch sehr interne Fragen.«
Lydia Naber befand sich nicht in der Stimmung, Fragen von Bedeutung mit einer nonchalanten Geste wegwischen zu lassen. Sie schnaufte genervt. »Wir ermitteln in einem Mordfall, Herr Grohm, und es werden unter Umständen noch weit intimere Fragen an Sie gerichtet werden als die nach beruflichen Irritationen und Schwierigkeiten. Worum ging es also?«
»Frau Doktor Mahler wollte Grohm & Sebald verlassen«, antwortete er unverzüglich und ließ die Hände für ein paar Sekunden vor seiner Brust stehen.
Lydia sah zu Schielin. Sie hatte wahrlich etwas anderes erwartet. Mit Mühe verkniff sie sich ein Na und.
»Das klingt nach einer im Grunde genommen alltäglichen Angelegenheit, wie ich meine. Weshalb dann das Treffen hier in Lindau? Was war so kompliziert an der Sache?«
Claire Wilms antwortete: »Agnes … Frau Doktor Mahler hat eine wichtige Funktion in unserer Kanzlei.«
»Mhm. Wichtige Funktion. Da fällt mir sofort der Begriff Abfindung ein. Sie wollte doch sicher eine Abfindung. Ich vermute viel Geld, oder zumindest mehr Geld, als Sie bereit waren zu zahlen. Was war das Ziel Ihres Treffens hier in Lindau – Frau Mahler von ihrem Entschluss – die Kanzlei zu verlassen – abzubringen, oder ging es darum, die Einigung über eine einvernehmliche Abfindung herbeizuführen?«
Grohm hatte sein Kinn inzwischen auf seine gefalteten Hände aufgestützt. Er antwortete sichtlich unfreudig: »Beides. Es ging um beides. Doch Ziel war es, Agnes dazu zu bewegen, weiterhin bei Grohm & Sebald zu arbeiten.«
»Mhm.«
»Welche Verhandlungsposition hatte Frau Mahler denn, dass es überhaupt zu diesem Treffen kam. Ich könnte mir vorstellen, dass es auch möglich gewesen wäre, sich über Anwälte zu verständigen. Es gibt eine Forderung, es gibt eine Gegenposition – man einigt sich. Erledigt. Was war das Besondere an ihrer Situation?«
»Wir pflegen einen kollegialen und freundschaftlichen Umgang. Ziel ist es, uns gemeinsam den Bedürfnissen und Interessen des jeweilig anderen zuzuwenden. Das ist keine Angelegenheit für Anwälte. Vielleicht ist eine derartige Haltung heutzutage etwas Besonderes … nun …«, erwiderte Grohm.
Lydia Naber legte nach. »Abgesehen von der Betroffenheit, Bestürzung und Trauer, die der gewaltsame Tod Ihrer Kollegin in Ihnen hervorruft, ist es doch auch so, dass das Problem, dessentwegen sie hierher nach Lindau gekommen ist, nun aus der Welt ist.«
Claire Wilms echauffierte sich. »Ich bin nicht der Meinung, dass Sie den richtigen Ton treffen! Unsere Kollegin wurde ermordet, und Sie kommen hierher, verlangen von uns Alibis vorzulegen und behandeln uns … egal wie! Aber ersparen Sie uns bitte Ihren Zynismus unsere Gefühle betreffend!«
»Entschuldigen Sie. Ich wollte keinesfalls Ihre Gefühle verletzen. Allerdings möchte ich schon eine Antwort auf meine Frage: Ist mit dem Tod von Frau Mahler das Problem für Sie aus der Welt, oder nicht?«
Grohm lächelte bitter. »Unsere Kollegin ist tot und damit entfällt auch die Notwendigkeit mit ihr einen Modus zu finden, unter welchem eine weitere
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