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Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob M. Soedher
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»Sie werden sich melden, sobald sie alles beisammen haben, was wir wissen müssten.«
    »Nein! Ich meine nicht die Sache mit dem Boot. Die Sache mit der Frau. Dieser Mord. Was meinst du?«
    Schielin hatte schon die ganze Zeit über nachdenken müssen, was er von der Sache, wie Kimmel es formulierte, halten sollte. Bisher war er noch zu keinem Schluss gekommen, denn das, was er unten an der Mole vorgefunden hatte, erschien selbst ihm in erschreckender Weise abgebrüht. Ohne sich lange aufzuhalten und Kimmel auf die Folter zu spannen, sagte er: »Einfach so.«
    »Was, einfach so«, bellte der sofort über den Tisch und schob den Kopf dabei nach vorne.
    »Einfach so, beiläufig, im Vorübergehen, ohne besonders großen Aufwand, kalt, brutal, kühl. Das meine ich damit. Erschreckend kühl. Es gab keine Auseinandersetzung zwischen Täter und Opfer, schon gar keinen Kampf. Sie lehnte an Brüstung und Säule, in sich zusammengesunken, den Blick in Richtung See und Rheintal. Sie hat mit Sicherheit nicht damit gerechnet angegriffen, attackiert zu werden. Keinerlei Abwehrspuren. Sie war ahnungslos – entweder einem Fremden gegenüber oder sie hatte Vertrauen zu einem Täter, den sie kannte. Wir werden das sicher herausfinden. Mehr weiß ich im Moment aber nicht dazu zu sagen. Das Boot, das da draußen treibt, das interessiert mich schon auch.«
    Kimmel war mit der Antwort fürs Erste zufrieden und lehnte sich zurück. In ihm war mehr Ärger über den Zeitpunkt der Tat als Entsetzen über den Mord an sich. Gerade jetzt, so kurz vor der Tagung der Nobelpreisträger. Es wurde sogar gemunkelt, die schwedische Königin käme in die Stadt. Es war wirklich ärgerlich – Psychos. Deren Zeit war doch im April. Was turnten die ausgerechnet jetzt auf der Südmole im Segelhafen herum. Königin Silvia – in Lindau bei dem Gedanken stand ihm gleich wieder Schweiß auf der Stirn. Es war schon genug los im Moment. Hoffentlich blieb es nur bei den Nobelpreisträgern. Damit hatte man Erfahrung.
    Diskussionen über das weitere Vorgehen waren nicht erforderlich. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Schielin und Lydia wollten dieser Dr. Melanie Schirr einen Besuch abstatten. Wenzel sollte auf die Sache mit dem Boot warten und Kimmel versuchte Kollegen in München aufzutreiben, die die Wohnung der Ermordeten sichern sollten. Vielleicht bekam man bis Nachmittag Anschrift und Namen von Verwandten heraus.
    *
    Conrad Schielin und Lydia Naber meldeten sich am Empfang des Hotels Bayerischer Hof und baten mit Frau Dr. Melanie Schirr verbunden zu werden. Sie waren überrascht, als sie ohne Umschweife nach oben geleitet wurden, und zwar in die Suite von Herrn Dr. Grohm.
    Lydia flüsterte im Aufzug: »Scheint so, als würden wir bereits erwartet, oder was hältst du davon. Wäre doch normal gewesen, wenn sie erst mal nach unten gekommen wäre. Und jetzt gleich ein Treffen bei diesem Grohm. Seltsam.«
    Schielin stimmte ihr zu.
    Ein Page des Hotels öffnete die Türe zur Suite von Dr. Grohm und leitete sie in den angenehmen Vorraum, wo sie in der Tat bereits erwartet wurden. Der Empfang war eindrücklich.
    Drei Personen befanden sich im weitläufigen Vorzimmer. Durch die zum Hafen hinweisenden Fenster drang helles Nachmittagslicht herein, dessen Kraft durch den Filter eines seidenen Rollvorhangs gemildert wurde und mit samtenem Effekt den Raum füllte. Dessen Mittelpunkt war ein so schlichter wie edler Holztisch. An den beiden Längsseiten standen gemütliche Zweiersofas, begleitet von zwei Sesseln an den Schmalseiten des Tisches.
    Melanie Schirr war schnell identifiziert. Wie beschrieben, bestand ihre Frisur aus einem Gewirr dichter, hellblonder, von keinem Windstoß in Panik zu versetzenden Locken. Ihr Gesicht war hager und blass. Unbeteiligt, halb sitzend, halb liegend, hing sie auf dem Sofa, das der Fensterseite zugewandt war und kaute wie abwesend an den Fingernägeln. Auch das Eintreten von Schielin und Lydia Naber veranlasste sie nicht, den Blick der Tür zuzuwenden.
    Ihr gegenüber saß eine junge Frau mit kurzen schwarzen Haaren und angenehm brauner Gesichtsfarbe. Sie trug eine unauffällige Brille und eine Perlenkette über der dunklen Seidenbluse. Dr. Helmut Grohm stand neben dem hinteren Sessel, als Schielin und Lydia Naber den Raum betraten. Er hatte seine rechte Hand leicht auf die Lehne gestützt. Lydia Naber hatte beim Eintreten registriert, wie er seinen Körper aufgerichtet und gestrafft hatte; die Muskeln richteten das Rückgrat aus,

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