Inselzirkus
musste. »Aber dann kam ein Tourist in unser Dorf, der Signora Monegasso von früher kannte.«
»Ein Freier?«, fragte Fietje und ergänzte vorsichtshalber: »Der Kunde der Nutte! Ein Bordellbesucher!«
Mamma Carlotta nickte. »Ja, so einer war dieser Reporter auch. Und deswegen hat Alina Olsted ihn erschossen.«
Fietje stellte sein Jever zur Seite, und Tove schüttete den gesiebten Kakao auf die Theke, der eigentlich auf Mamma Carlottas Cappuccino landen sollte.
»Als er sie mit Markreiter beobachtet hatte, dachte er zunächst, sie sei seine junge Geliebte. Daraus wollte er eine Story machen. Aber dann merkte er, dass er Alina Olsted von früher kannte. Dass sie Markreiters Tochter war, wusste er nicht.«
Fietje winkte nach einem Schnaps zur Stärkung. »Die Olsted? Markreiters Tochter?«, fragte er verwirrt.
Mamma Carlottas Erzählung war nun in Fluss geraten, sie wollte sich nicht mehr unterbrechen lassen. »Da hat er ihr ein Geschäft vorgeschlagen.«
Tove und Fietje hingen an ihren Lippen.
»Sie sollte ihm pikante Fotos von Bruce Markreiter liefern. Am besten mit ihr, der jungen Geliebten, im Bett. Dann wollte er auf die zusätzliche Sensation verzichten, dass Alina mal una puttana gewesen war.«
Fietje begriff als Erster, was das zu bedeuten hatte. »Sie ist zum Schein darauf eingegangen, hat sich in List am Hafen mit ihm getroffen â¦Â«
»⦠hat aber vorher die Pistole ihres Vaters an sich genommen. Und die Munition! Er hat zwar behauptet, er hätte keine besessen, aber das war eine Lüge.«
»Und dann hat sie ihn abgeknallt?«, fragte Tove emotionslos, als wollte er wissen, ob sie einen Eierlikör zum Cappuccino wünsche.
Mamma Carlotta nickte. »Aber Sandra Zielcke war der Meinung, dass Markreiter der Mörder ist. Ihn wollte sie schützen, deshalb hat sie versucht, die Schuld auf Alina Olsted zu schieben. Dass sie damit die Schuld auf die wahre Täterin lenkte, hat sie sich nicht träumen lassen.« Sie zeigte auf den Fernseher, den Tove über dem Grill angebracht hatte. »Die Pressekonferenz muss jeden Augenblick beginnen. Vielleicht sehen wir sogar Enrico auf dem Bildschirm.«
Tatsächlich hatte die Veranstaltung soeben begonnen. Die Staatsanwältin saà an der Seite eines Mannes, den sie als Martin Eidam vorstellte, Besitzer von Eidam-TV, der auÃerordentlich bestürzt über die Ereignisse sei. Bruce Markreiter selbst sehe sich auÃerstande, zu den Geschehnissen Stellung zu nehmen. »Er ist noch zu mitgenommen.« Mit warmen Worten schilderte Frau Dr. Speck den seelischen Konflikt des Schauspielers, der sich mitschuldig fühlte an der Entwicklung seiner Tochter, weil er sich nicht ausreichend um sie kümmern konnte, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war und ihn dringend gebraucht hätte.
Die Staatsanwältin lächelte erst Martin Eidam an, dann direkt in die Kamera. Ihre Frisur saà perfekt, ihr Make-up war dezent, aber wirkungsvoll, ihr schlichter grauer Hosenanzug genau richtig für diesen Anlass.
»Bruce Markreiter hat akzeptiert, dass seine Tochter sich von seinem Beruf, von seiner Popularität distanzieren wollte. Sie hatte sich ein neues Leben aufgebaut, das wollte sie unter keinen Umständen gefährden. Er war glücklich, dass er die Gastrolle in âºLiebe, Leid und Leidenschaftâ¹ angeboten bekam und damit die Gelegenheit erhielt, eine Weile mit seiner Tochter zusammen zu sein.« Die Staatsanwältin setzte ein bekümmertes Gesicht auf. »Dass dieses Zusammensein zu einem so tragischen Ende führen würde, konnte niemand ahnen.«
Martin Eidam schlug in ihre Kerbe, schilderte Bruce Markreiter als einen verantwortungsvollen Vater, eine integre Persönlichkeit, als einen Mann, der alles hatte tun wollen, um seiner Tochter zu helfen. »Das war ihm wichtiger, als die Polizei in ihrer Arbeit zu unterstützen. Und ich denke, jeder von uns, der Kinder hat, wird Verständnis für ihn haben.«
»Da ist Enrico!«, rief Mamma Carlotta. »Madonna! Er hatte nicht mal Zeit, sich zu rasieren! Und wo ist das frische Hemd, das ich ihm mitgegeben habe?«
Mit der Enttäuschung, dass ihr Schwiegersohn optisch bei Weitem nicht an das Erscheinungsbild Martin Eidams heranreichte, hatte sie eine Weile zu tun. Dass Erik die Gelegenheit gegeben wurde, über die Aufklärung des bedauerlichen Todesfalls zu reden, der
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