Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall
hätte einen Mord in Auftrag geben können, das ist eine Möglichkeit. Aber er kennt ja Sie. Das ist einfacher. Also erzählt er Ihnen, dass Bradford Ihren Sohn umgebracht hat, aber er verschweigt, dass er den Auftrag dazu gegeben hat. Fiorino redet Ihnen ein, dass Bradford pervers ist. Und er gibt Ihnen Bradfords Adresse. Zack. Den Rest konnte er Ihnen überlassen. Stimmt das, Bill?«
Der Hass und die Wut in Bill Marshalls Augen sagten Banks, dass er richtig lag. »Sie sind hoch nach Carlisle gefahren, nicht wahr? Haben wahrscheinlich erzählt, Sie wären auf Arbeitssuche. Dann sind Sie bei Donald Bradford eingebrochen und haben gewartet, bis er nach Hause kam. Sie wussten, dass Bradford ein harter Zeitgenosse war, deshalb sind Sie von hinten mit einem Totschläger auf ihn losgegangen. Ich werfe Ihnen das nicht vor, Bill. Der Mann hatte Ihren Sohn umgebracht. Ich würde vielleicht dasselbe tun, wenn einer meinen Kindern etwas zuleide täte. Aber Sie haben Ihre Frau die ganzen Jahre leiden lassen. Sie wussten, dass Graham tot war und wer ihn umgebracht hat. Vielleicht haben Sie nicht gewusst, wo die Leiche war, aber ich wette, dass Sie es hätten herausfinden können. Stattdessen sind Sie nach Carlisle hochgefahren, haben Bradford getötet und Ihrer Frau und Ihrer Tochter nichts davon gesagt. Die beiden haben all die Jahre nicht gewusst, was mit Graham passiert ist. Das ist unverzeihlich, Bill.« Banks wies mit dem Kopf in Richtung Schreibblock. »Was haben Sie dazu zu sagen? Na los, sagen Sie was!«
Einen Augenblick sah Marshall Banks in die Augen, dann umklammerte er den Stift und schrieb mit mühevollen Bewegungen etwas aufs Papier. Als er fertig war, reichte er es Banks. Es waren drei Wörter in Großbuchstaben: Verpiss dich Bulle.
»Er ist zu mir gekommen, so wie Sie gesagt haben«, begann Lauren Anderson. »Er war in einem furchtbaren Zustand. Er war verwirrt, weil... na ja, Sie wissen ja, warum. Ich hab versucht, ihn zu beruhigen, und wir sind ins ... ähm, wir haben uns einfach zusammen aufs Bett gelegt, und ich hab ihn festgehalten. Mir war inzwischen klar, dass ich die Beziehung beenden musste. Ich hatte nur noch nicht den Mut aufgebracht. Aber ich wusste, dass es nicht so weitergehen konnte. Irgendwann würde es jemand herausbekommen, und dann wäre alles zu Ende. Meine berufliche Zukunft, mein Ruf ... alles. Ein fünfzehnjähriger Junge und eine neunundzwanzigjährige Frau. Ein Tabu. Als ich glaubte, Luke hätte sich beruhigt, hab ich angefangen, darüber zu reden. Sie wissen schon, dass wir vielleicht etwas auf Abstand gehen sollten.«
»Hat er Ihnen erzählt, dass er vorher Cannabis geraucht hatte?«
»Cannabis? Nein. Das hat er mir nicht gesagt. Aber das war bestimmt der Grund, warum er so verstört und aufgeregt war. So hatte ich ihn noch nie gesehen. Ich hab Angst bekommen.«
»Wie hat er reagiert, als Sie sagten, Sie wollten die Beziehung beenden?«, fragte Annie. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte sie dasselbe Gespräch mit Banks geführt.
»Er hat sich geweigert, es zu akzeptieren. Er meinte, er würde es nicht ertragen, mich zu verlieren.« Lauren begann zu weinen. »Er würde sich umbringen.«
»Was passierte dann?«
Sie trocknete die Tränen mit einem Taschentuch. »Er ist ins Badezimmer gerannt. Ich hab ihm ein bisschen Zeit gelassen, aber plötzlich fiel alles Mögliche aus dem Schrank ins Waschbecken, ich hörte Glas brechen. Da bin ich ihm hinterhergegangen.«
»War die Badezimmertür verschlossen?«
»Nein.«
»Suchte er das Valium?«
»Das wissen Sie?«
»Wir wissen, dass er kurz vor seinem Tod Valium genommen hat, ja.«
»Ich habe es verschrieben bekommen. Aber das wissen Sie wahrscheinlich auch schon, was?«
Annie nickte. »Hab ich überprüft.«
»Er hatte die Flasche in der Hand und schüttete sich Tabletten in den Mund. Ich hab versucht, sie ihm wegzunehmen. Wir haben gerangelt, uns gegenseitig geschubst, und plötzlich ist er hingefallen. Einfach so. Er hatte nur Socken an, und die Fliesen sind manchmal glatt. Ihm rutschten einfach die Füße weg, und er schlug seitlich mit dem Kopf auf das Waschbecken. Ich hab getan, was ich konnte. Ich hab versucht, ihn wiederzubeleben, Mund-zu-Mund-Beatmung. Ich hab seinen Puls gefühlt und nach seinem Herzschlag gelauscht, hab ihm sogar einen Spiegel vor den Mund gehalten. Aber es war schon zu spät. Er war tot. Alles war voller Blut.«
»Was haben Sie
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