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Inspector Jury bricht das Eis

Inspector Jury bricht das Eis

Titel: Inspector Jury bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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ruiniert?»
    Diese Frage und ihre Implikationen schienen ihn zu ernüchtern. «Was soll das heißen?» fragte er herausfordernd.
    «Hätten Sie gewollt, daß das an die Öffentlichkeit kommt?»
    Er warf Jury einen verächtlichen Blick zu. «Das ist doch absurd. Helen hätte nie etwas gesagt. Außerdem liegt mir nichts an meinem ‹guten Ruf›. Darum sollen sich ruhig die Kritiker kümmern, dann haben sie wenigstens was zu tun.» Mit dem Glas in der Hand wanderte er durch das Zimmer. Ab und zu nahm er von den Dingen, die Helen einmal gehört hatten, etwas in die Hand und stellte es nur widerstrebend auf seinen Platz zurück, als wäre es ein Stück von ihr, von dem er nicht lassen wollte.
    «Jemand versucht, Grace Seaingham umzubringen», sagte Jury.
    «Stellt sich aber nicht sehr geschickt dabei an.» Parmenger leerte sein Glas.
    «Ich spreche nicht von dieser angeblichen Verwechslung, dem Mord an Beatrice Sleight. Was übrigens gar keine Verwechslung war. Nennen Sie es ein Ablenkungsmanöver, wenn Sie wollen. Der Mörder hatte es auf Beatrice Sleight abgesehen. Und er versucht immer noch, Grace Seaingham aus dem Weg zu räumen.»
    Parmenger lachte. «Einfach lächerlich.» Aber dann begriff er, daß es Jury Ernst war. «Warum? Sie denken doch nicht etwa an Charles?»
    «Und Sie?»
    «Nein. Ich weiß nur, daß Grace sich nie von ihm scheiden lassen würde.»
    «Es ist also allgemein bekannt, daß Seaingham und Beatrice Sleight ein Verhältnis hatten?»
    Parmenger blieb stehen. «Nein. Ich weiß es, aber ich bin auch ein guter Beobachter. Wie zum Teufel kommen Sie überhaupt darauf? Bis jetzt ist Grace doch nichts passiert.»
    Jury überging die Frage. «Helen Minton, Beatrice Sleight, Grace Seaingham … Helen hat, soviel ich weiß, die anderen beiden Frauen nicht gekannt.»
    «‹Helen›? Sie reden sie mit dem Vornamen an?» Seine Miene verfinsterte sich.
    Jury dachte an die Bemerkung, die in einem anderen Gespräch gefallen war und sich auf Ferdinand, den bis zum Wahnsinn eifersüchtigen Bruder der Herzogin von Malfi, bezogen hatte, der seine Schwester lieber tot als in den Armen eines anderen Mannes gesehen hätte. «Ich kannte sie nur einen Nachmittag lang, aber ich stand ihr nahe. Ist das jetzt noch wichtig?»
    Parmenger schwieg. Er starrte auf das Bild von Old Hall, als wäre die stümperhafte Ausführung ein unerschöpflicher Quell seelischer Pein für ihn.
    «Helen hatte eine Woche bevor sie starb Besuch.» Jury zog sein Notizbuch heraus und blätterte darin. «… ‹eine heftige Auseinandersetzung›. So hat es Nellie Pond beschrieben, ihre Nachbarin. Mal hörte sie gar nichts und dann wieder laut erhobene Stimmen … Das waren Sie, nicht wahr? Sie haben sie besucht?»
    «Eine sehr scharfsinnige Folgerung. Nein.»
    «So scharfsinnig nun auch wieder nicht. Sie haben gefragt, warum sie das Bild abgenommen hat. Woher wußten Sie überhaupt, daß Ihr Porträt hier hing? Wo Sie sie doch monatelang nicht gesehen haben?»
    Sein Blick blieb an dem Bild hängen. Er seufzte. «Okay, ja, ich hab Helen besucht. Und es hat auch eine Auseinandersetzung gegeben. Ich wollte, daß sie damit aufhörte.»
    «Womit aufhörte?»
    «Mit ihrer Suche. Ich hab gewußt, daß sie hierherkommen würde. Maureen, Helens Haushälterin –»
    «Ist mir bekannt.»
    Parmenger drehte sich wieder zu ihm um, aber in seinem Gesicht und in seiner Stimme lag kein Groll mehr. «Gibt es denn irgend etwas, das Ihnen nicht bekannt ist, Superintendent?»
    «Vieles», sagte Jury und zündete sich eine Zigarette an. Parmenger schüttelte den Kopf, als Jury ihm auch eine anbot.
    «Erwarten Sie nicht von mir, daß ich Sie aufkläre. Maureen hatte nur gesagt, daß Helen hierherkommen wollte. Das ist Wochen her. Dachten Sie etwa, daß ich die ganze Zeit bei den Seainghams herumhänge, nur um ein Porträt zu malen?»
    «Fahren Sie fort.»
    «Das ist alles. Helen hatte sich diese Suche in den Kopf gesetzt, und ich wollte sie davon abbringen.»
    «Warum?»
    Parmenger zögerte. «Ich hatte Angst», sagte er einfach.
    «Daß Sie Ihren Teil der Verantwortung übernehmen müßten?»
    «Seien Sie doch nicht so verdammt moralisch. Vielleicht hatte ich einfach nur Angst vor dem, was sie vorfinden würde. Ich meine, wie das Kind sein würde.»
    Falls Parmenger von Robin Lyte wußte, so würde er bestimmt nicht mit Jury darüber reden wollen. «Sind das nicht Ammenmärchen, Mr. Parmenger? Die engen Blutsbande, das geistig behinderte Kind – Antigone konnte man kaum

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