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Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Titel: Inspektor Jury spielt Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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überzeugt, daß sie geöffnet worden war. Er lachte darüber.»
    Ihr Gesicht glühte. Sie hatte nicht darüber gelacht.
    Jury fragte sie ohne weitere Umschweife. «Und was für eine Beziehung haben Sie zu Dr. Fleming?»
    Wieder Schweigen. «Keine.» Sie sah ihm direkt in die Augen. «Ich weiß auch nicht genau, ob es jemals eine war.»
    «Schwer zu glauben.»
    Sie sah weg.
    «Die Baronin sagt, Sie seien seit ungefähr sechs Monaten hier. Sind Sie wirklich Ihre Sekretärin, oder sind Sie einfach nur da, um ihr Gesellschaft zu leisten?»
    Gillian lachte. «Ich bin wirklich ihre Sekretärin. Sie genießt es, wenn ich ihr die Morgenpost vorlese. Da kann sie ihre Zigarette und ihren Kaffee – mit einem Schuß Gin, wie Sie sich vorstellen können – festhalten. Was die Gesellschaft angeht, ich bezweifle, daß ich überhaupt für jemanden eine gute Gesellschaft bin.»
    «Ich fühle mich eigentlich ganz wohl.»
    Jetzt sah er das erste echte Lächeln. «Und wenn Sie die Strickjacke noch fester um sich ziehen, bin ich gezwungen, meine Jacke auszuziehen und sie Ihnen umzulegen. Haben Sie diesen Brief schon mal gesehen?»
    Sie besah sich den Brief, den Regina ihm überlassen hatte. « Diese Leute. Ja, ich habe ihn gesehen –» Gillian wirkte ein bißchen erschreckt. «Aber die Brindles können doch wegen Carrie nichts unternehmen, oder?»
    «Nein. Erpressung steht bei der Polizei nicht sonderlich hoch im Kurs. Finden Sie es nicht merkwürdig? Brindle schreibt von einer ‹Anlage›, die noch fünfhundert wert ist. Aber worin besteht diese ‹Anlage›?»
    Gillian runzelte die Stirn. «Ich weiß nicht. Dem Brief war nichts beigelegt.» Sie las ihn noch einmal. «Ich habe angenommen, er redet über den Rest des Briefes. Die Mühen und Plagen – das arme Mädchen war offensichtlich verletzt worden. Die Arztrechnungen –» Gillian zuckte mit den Schultern.
    «Brindle? Soweit ich sehe, ist er ein mieser kleiner Westentaschenganove. Lebt wahrscheinlich von Sozialhilfe. Vater Staat sorgt schon für ihn. Na ja, vergessen Sie’s.»
    Aber sie sah nicht so aus, als sei sie bereit zu vergessen. Jury fragte sie, ob sie das mit Sally MacBride gehört hätte.
    Mit einem bitteren Unterton antwortete sie, nein, hätte sie nicht. Jury überlegte, wie viele Männer Mrs. MacBride wohl auf ihrer Liste hatte. Fleming vielleicht auch?
    Jury erzählte ihr, was passiert war, und ihr Ausdruck änderte sich schlagartig.
    «O Gott! Wie grauenhaft! So gut habe ich sie nicht gekannt. Ich war ein paarmal im ‹Hirschsprung› und habe mich ein bißchen mit ihr unterhalten, aber mehr nicht.» Sie legte die Hand vor Augen und sah in den kalten blauen Himmel hinauf. «Was ist bloß los im Dorf?»
    «Gute Frage.» Jury stand auf. «Ich glaube, ich rede mal ein Wort mit Carrie Fleet.»
    Sie lächelte. «Mehr werden Sie auch kaum aus ihr herausbekommen.» Sie erhob sich auch.
    «Ich hoffe, jetzt führen Sie mich aus diesem Labyrinth hinaus.»
    Sie sah ihn an, als sei sie sich da nicht so sicher.
     
    Der ehemalige Laubengang war von Efeu und Moos überwuchert und ziemlich schludrig zugemauert worden. Manche Spalten waren gegen Wind und Wetter mit Lumpen verstopft. Heute war es aber schön, als werde es Frühling statt Winter.
    Es war ein langes Gebäude, und zuerst sah er nur Holzkisten und Metallkäfige. Einige davon waren leer, sie wurden vielleicht nicht benutzt, oder ihre Bewohner hielten sich vorübergehend woanders auf.
    Carrie mußte wirklich gut mit Tieren umgehen können. Es gab Katzen, Hunde, ein Hahn scharrte im Dreck, und in der größten Box – fast schon ein Pferdestall – stand ein Esel. Im Garten hatte Jury zu seiner Überraschung eines der typischen New-Forest-Ponys gesehen. Hinter einer Statue mit abgebrochenem Arm hatte es Gras gerupft und ihn durch die Bäume kurz beäugt, offenbar daran gewöhnt, daß hier ab und zu Zweibeiner aufkreuzten.
     
    Mit Jury hatte sie nicht gerechnet. Sie hob mit der Gabel Heu in die Box des Esels. Ihr Gesicht sah aus wie geprägt, wie das Porträt der Königin auf den englischen Münzen.
    Ein schwarzweißer Terrier mit nur drei Beinen wich ihr beim Arbeiten nicht von der Seite.
    «Und wieso stromert ein Pony aus dem New Forest durch die Wälder von ‹La Notre›?» Jury lächelte.
    Zu seinem Erstaunen wurde sie rot. Sie wandte sich wieder dem Esel zu. «Es ist von einem Auto angefahren worden. Wahrscheinlich von einem Touristen», fügte sie wütend hinzu.
    «Aber wie hast du es hierhergeschafft?»
    «Mit

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