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Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Titel: Inspektor Jury spielt Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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gestern angekommen. Macht es dir was aus, es mir zu erzählen?»
    «Ja.» Sie legte schützend die Hand über die Augen und sah wieder zum Himmel hoch. «Wahrscheinlich gibt es Frost, und da wird sich Mr. Grimsdale freuen. Er kann’s kaum abwarten, die Hunde rauszuholen. In ein paar Tagen gibt es eine Jagd.» Sie seufzte. «Es ist immer soviel Arbeit. »
    «Was?»
    Ihre blauen Augen wanderten über sein Gesicht. «Fuchsröhren aufmachen.»
    Jury lächelte. «Wie machst du das denn? Gehst du immer sofort hinter dem her, der sie verstopft?»
    «Brauch ich nicht. Ich weiß, wo sie sind.» Sie nickte zu der baufälligen Laube und dem daran genagelten groben Holzschild, auf dem Tierasyl stand. «Der Fuchs, den ich da drin habe, gehört ihm. Er ist krank. In ein paar Tagen laß ich ihn frei.»
    «Gütiger Himmel», lachte Jury. «Kaum zu fassen, daß Grimsdale ausgerechnet dich die Krankenschwester spielen läßt.»
    «Ich habe ihn gestohlen.» Als Jury den Mund aufmachte, seufzte sie. «Jetzt kommt’s. Die Standpauke. Aber das ist einer von den Füchsen, die er mit einem Sack gefangen hat. Sie meinen wohl, es ist in Ordnung, Füchse mit Säcken zu fangen und sie in einem Zwinger zu halten, bitte, predigen Sie los.»
    «Nein, keine Standpauke. Weiß er es?»
    «Kann sein. Aber in mein Tierasyl kann er nicht. Das wäre, als holte man einen Dieb oder so was aus einer Kirche.»
    «Wenn Grimsdale es nicht versucht, liegt das wohl eher daran, daß er Angst um seine Kniescheiben hat als daran, daß er besonders gottesfürchtig wäre.»
    Sie lächelte ganz kurz. Ein so entschlossenes Kinn und einen solch unbeugsamen Blick hatte er noch nie gesehen. Wieder zerrte sie an der Goldkette, deren Glieder zart wie Spinnweben waren. Jury hätte nicht gedacht, daß sie großen Wert auf Äußerlichkeiten legte. Sie zog die Kette ganz aus dem Pullover. Ein schmaler Ring war daran befestigt, ein Amethyst. Für ihre Finger war er zu eng.
    «Der ist aber sehr hübsch.»
    Sie nickte. «Ich wünschte, meine Augen hätten diese Farbe.»
    Jury sah lächelnd weg. Sie hatte offenbar Polly Praed gesehen. «Ist das ein besonderer Ring?»
    Carrie hielt ihn Jury hin. «Können Sie lesen, was drauf steht? Die Schrift ist so klein, daß ich sie kaum erkennen kann. Ich glaube, er ist von meiner Mutter.»
    Jury kniff die Augen zusammen und sagte: «Ein großes C und ganz winzig die Worte von Mutter –» Er fragte sich, warum sie so ausführlich über den Ring sprechen wollte. «Das steht also darauf. Erinnerst du dich an sie?»
    Sie schüttelte den Kopf und steckte den Ring wieder unter den Pullover.
    Thema beendet.
    Sie blieben eine Minute so sitzen, dann sagte Jury: «Es wäre schon nützlich, wenn man wüßte, wer durch die Gegend läuft und all die Tiere massakriert.»
    «Und all die Menschen», sagte sie ruhig. «Una Quick und Mrs. MacBride. Ich wär gar nicht überrascht, wenn es noch mehr würden.» Wieder drehte sie ihr Gesicht zum Himmel, als sei das Wetter ihre einzige Sorge: «Sieht wirklich nach Frost aus!»

19
    A MANDA C ROWLEY TRUG Whipcordhosen und ein Tweedjackett. Fehlte nur noch, daß sie wie Sebastian Grimsdale und seine Hundemeute schnüffelte, ob Kälte und Frost die Jagdsaison ankündigten. Jury kam sich in dem Cottage vor wie in einer hübsch eingerichteten Sattelkammer. Es roch nach Lederpolitur und Pferden.
    Nachdem sie kurz und knapp die allernotwendigsten Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht hatten, sagte sie als erstes: «Bald beginnt die Jagd, zu dumm, daß die Jungs nicht hier sind.» Dann blickte sie um sich, als sei sie überrascht, daß sie weg waren.
    «Zu dumm, ja. Ich habe gehört, daß sie wieder in der Schule sind.»
    «Erst seit zwei Tagen. Sie hatten Ferien …»
    Zur Strafe nach Hause geschickt worden, besser gesagt , dachte Jury.
    «Ich habe wirklich nicht viel Zeit, Superintendent. Ich werde in ein paar Minuten im ‹Haus Diana› erwartet. Mir ist auch völlig unklar, warum Sie hier sind.»
    Wieder lächelte er und verführte Amanda zu einer Reaktion, die ihr gewiß nicht behagte. Sie fiel nämlich auf sein Lächeln herein. Sie zog sich den Pullover unter dem Jackett glatt und fuhr sich mit der Hand durch das straff zurückgekämmte Haar. Sie war dünn, ihr Haar schimmerte; ohne die Falten um den Mund wäre sie attraktiv gewesen, so aber wirkte sie rundum frustriert.
    «Ich wüßte zum Beispiel gern, wie gut Sie Sally MacBride gekannt haben.» Jury bot ihr eine Zigarette an.
    Sie nahm eine, rollte sie einen

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