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Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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ihren Weg fort, und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
    Welche Verschwendung! dachte der Raumlord. Welche Verschwendung von Schönheit. Der Vogel ist so frei wie ein Traum aufgestiegen. Warum? Eine unerwartete Luftströmung? Oder etwas Tödlicheres?
    Was hat meine Mutter gefühlt? fragte sich Lari. Welche Gefühle und Gedanken haben sie beherrscht, als sie in die warme, tiefe, dunkle See ging – und wußte, daß sie niemals zurückkehren würde?
    Madu war verwirrt und einsam. Es war das erste Mal, daß sie persönlich mit dem Tod konfrontiert worden war. Ihre Eltern erschienen ihr unwirklich; sie hatte sie nie gekannt.
    Aber dieser Vogel – sie hatte ihn lebendig und frei gesehen, wie er flog und anmutig an Höhe gewann und oben am Himmel dahinglitt. Und jetzt, von einem Moment zum anderen, war er tot. Es war ihr unmöglich, diese beiden Gedanken zu vereinen.
    Es war der Lord Kemal, der – aufgrund seines Alters und seiner Erfahrung – als erster sein Gleichgewicht zurückgewann. »Sie haben mir noch nicht verraten«, stellte er fest, »welches Ziel wir haben.«
    Madus Lächeln war ein mattes Echo ihrer vertrauten Vergnügtheit, aber sie zwang sich dazu. »Wir reiten dort hinten die Kraterwölbung hinauf. Von dort hat man eine wundervolle Aussicht, und wenn man dort steht, meint man fast, den ganzen Planeten überblicken zu können.«
    Lari nickte und schaltete sich trotz der dunklen Gedanken, die seine Seele umwölkten, in die Unterhaltung ein. »Es stimmt«, versicherte er. »Man kann von dort aus sogar den Hain der Buahbäume erkennen. Aus der Frucht des Buahbaums gewinnen wir Pisang und Dju-di.«
    »Das hat mich schon die ganze Zeit interessiert«, gestand der Raumlord. »Seit meiner Landung auf diesem Planeten habe ich keinen Baum zu Gesicht bekommen.«
    »Nein«, sagten Madu und Lari gleichzeitig. Es gönnte ihnen ein wenig Ablenkung, und beide lachten spontan und gewannen einen Teil ihrer Natürlichkeit zurück, die sie seit dem Tod des Vogels verloren hatten. Unbewußt übertrugen sie ihre Fröhlichkeit auf die Katzen, die erneut mit großen, schnellen Sätzen vorwärts sprangen.
    Die Erleichterung des Raumlords über den Stimmungsumschwung seiner jungen Begleiter wurde von dem Kummer gedämpft, daß sie ihre Unterhaltung, die ihn zu interessieren begonnen hatte, nicht fortsetzen konnten, solange ihre Katzenrösser diese halsbrecherische Geschwindigkeit beibehielten.
    Als es bergauf ging, wurden die Katzen allerdings nach und nach langsamer.
    Zunächst war die Veränderung kaum spürbar, doch mit der Dauer des Aufstiegs wuchs auch die Erschöpfung Griseldas. Lord Kemal hatte schon geglaubt, daß sie niemals müde werden würde, aber der Aufstieg zum Rand des Kraters nahm bemerkenswert mehr Zeit in Anspruch, als es zunächst den Anschein gehabt hatte.
    Daß auch die anderen Katzen unter der Anstrengung litten, war an ihren langsameren Bewegungen erkennbar.
    Der Raumlord knüpfte an das unterbrochene Gespräch an. »Sie wollten mir von den Bäumen erzählen«, erinnerte er.
    Lari antwortete ihm. »Es ist schon richtig, daß Sie bisher noch keine Bäume gesehen haben«, sagte er. »Die einzigen Bäume außer den Buahbäumen, die auf Xanadu wachsen, sind die Kelapabäume, und sie findet man nur unten in den Kratern der kleineren Vulkane. Von denen können Sie auch einige sehen, wenn wir den Kraterrand erreichen. Aber die Buahbäume trifft man nur in Gruppen an – zur Befruchtung sind männliche und weibliche Bäume erforderlich, und den Früchten kann man sich nur zu bestimmten Zeiten nähern. Andernfalls bedeutet allein das Einatmen ihrer Düfte den sofortigen Tod.«
    Madu pflichtete ihm ernst bei. »Wir müssen uns immer in ausreichender Entfernung von dem Buahwald halten, bis Kuat mit den Aroi gesprochen hat, und wenn er uns sagt, daß die Zeit gekommen ist, beteiligen sich alle Bewohner Xanadus an der Ernte. Die Aroi tanzen, und dies ist dann die beste Zeit …«
    Mißbilligend schüttelte Lari den Kopf. »Madu, es gibt Dinge, über die wir nicht mit Außenstehenden reden dürfen.«
    Ihr Antlitz verdüsterte sich, und Tränen traten in ihre Augen, und sie stotterte: »Aber ein Lord der Instrumentalität …«
    Beide Männer spürten ihre Verzweiflung, und jeder bemühte sich auf seine eigene Weise, sie zu lindern. Der Raumlord sagte: »Es ist mir ein leichtes, Dinge zu vergessen, die mich nichts angehen.«
    Lari lächelte ihr zu und legte ihr seine rechte Hand auf die Schulter. »Es ist alles in

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