Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
Dad gehört die Autowerkstatt im Ort, und meine Mom betreibt einen kleinen Blumenladen. Wir kamen zurecht. Meine Eltern konnten es sich nur aus einem einzigen Grund leisten, ihre Töchter auf gute Schulen zu schicken und sogar im Ausland studieren zu lassen, und dieser Grund war Moms Tante Cecilia. Cecilia hatte einen reichen Pharmazeuten geheiratet und bei seinem Tod alles geerbt. Da Cecilia gern Geld ausgab, war bei ihrem Tod nicht mehr viel davon übrig. Aber sie hatte an Andie und mir einen Narren gefressen und ein bisschen was von dem Geld in einen Fonds für unsere Ausbildung gesteckt.
Was Claudias Gemaule wegen des Apartments betraf, so versteckte sie sich vermutlich nur dahinter, weil sie nicht zugeben wollte, dass sie unsicher war. Wir hatten uns beide auf dieses Jahr im Ausland gefreut, hatten aber auch Schiss, weil wir ein Jahr lang allein zurechtkommen mussten. Während ich mir das eingestand, suchte sich Claudia lieber etwas zum Rumnörgeln, damit sie sich nicht mit ihrer Angst beschäftigen musste.
Obwohl wir schon älter waren als die meisten Studienanfänger, besuchten wir die Erstsemesterkurse. Wir teilten unser Apartment mit drei Britinnen, die genauso alt waren wie wir, aber auch gerade erst mit dem Studium anfingen. Unsere Mitbewohnerinnen waren einen Tag vor uns angereist und hatten sich bereits verbündet. Claud und ich würden uns ganz schön Mühe geben müssen, uns mit ihnen anzufreunden. Hoffentlich bekamen wir das hin.
Aber bevor die Seminare anfingen, waren wir erst mal damit beschäftigt, uns einzuleben. Wir wollten so schnell wie möglich in die Stadt.
»Es wird schon noch, wenn wir uns erst eingewöhnt haben und mehr Leute kennen«, versprach ich Claudia, während wir das Apartment verließen. »Auf der anderen Seite vom Innenhof wohnen auch ein paar Leute von der Purdue. Vielleicht sind die ja ganz nett.«
»Wenn wir sie an der Purdue nicht kennengelernt haben, warum sollten wir es dann hier tun?«
»Dein Scharfsinn ist überwältigend.«
»Findest du?«
Ich musste lachen, während wir langsam die Treppe hinuntergingen. Das Lachen blieb mir jedoch im Hals stecken, als wir im ersten Stock ankamen. Claudia fragte nicht, was los war, sie schien hinter mir regelrecht erstarrt zu sein, woraus ich schloss, dass sie ebenfalls wie vom Blitz getroffen war.
Er stand mitten im Flur und befestigte oben an der Wand ein Poster. Ein absolut heißer Typ. Sein T-Shirt rutschte hoch, als er die Arme über den Kopf streckte, was uns einen Blick auf seine goldbraune Haut und den Waschbrettbauch bescherte. Das T-Shirt spannte sich über einem perfekten V-förmigen Oberkörper, und in seiner verschlissenen Jeans steckte ein anbetungswürdiger Hintern. Ein Tribal-Tattoo zierte seinen muskulösen Arm, und als er uns aus den Augenwinkeln entdeckte, seufzte ich innerlich. Sein Grinsen war umwerfend – ein bisschen überheblich vielleicht, aber trotzdem anziehend und ein flaues Gefühl im Magen absolut wert. Es passte gut zu seinen schönen hellgrauen Augen, dem kantigen Kinn mit dem sexy Drei-Tage-Bart und dem dichten, zerzausten dunkelblonden Haar, das förmlich nach Frauenfingern schrie, die sich hineinkrallten.
»Hey, ihr beiden«, begrüßte er uns mit rauer Stimme. Sein amerikanischer Akzent war angenehm vertraut.
Claudia schob sich langsam an mir vorbei und schlenderte lässig auf ihn zu. Ich grinste über ihren Hüftschwung, an dem auch sein Blick zu kleben schien.
Meine Freundin war der Hammer. Nicht nur, weil sie immer stilvoll gekleidet war, sondern auch, weil man ihr ansah, dass sie nur das Beste im Leben gewohnt war. Eine Menge Kerle bei uns zu Hause ließen sich von ihr einschüchtern. Oder sie schätzten Claud falsch ein und hielten sie für ein hirnloses Society-Girl, das sich mehr von einem gut gefüllten Treuhandfonds beeindrucken ließ als davon, dass sie sie zum Lachen bringen konnten. Obwohl oder gerade weil Claudia echt toll aussah, war bei ihr in Sachen Liebe nicht viel los.
Ich sah, wie dieser scharfe, tätowierte James-Dean-Typ sie bewundernd musterte. Claudia hatte langes schwarzes Haar und einen exotischen Touch, den sie ebenso wie die schmale Taille, die langen Beine, die festen Brüste und den tollen Hintern von ihrer portugiesischen Mutter geerbt hatte. Sie gehörte zu jener Sorte Mädchen, die von den anderen Mädels gern gehasst wird.
Claudia trug Designer-Skinny-Jeans, Tennisschuhe von Lacoste und eine süße weiße Ralph-Lauren-Bluse, ärmellos und tailliert. Sie
Weitere Kostenlose Bücher