Irrtum!: 50 Mal Geschichte richtiggestellt
Grenze des Perserreiches am Fluss Halys (Kızılırmak) vermehrten sein Einkommen. In seinen in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. verfassten Historien berichtet der Vater der Geschichtsschreibung Herodot von einem Besuch des Atheners Solon am Hofe des Kroisos, der sich wegen seines Reichtums für den glücklichsten aller Menschen hielt. Doch Solon, einer der sieben Weisen Griechenlands, fährt dem stolzen König mächtig in die Parade, als er ihm auf die Frage, wieso er ihm darin nicht zustimme, antwortet: »Ich sehe wohl, dass du sehr reich und ein großer König bist. Deine Frage aber kann ich nicht beantworten, bevor ich nicht weiß, ob dein Leben bis zu Ende glücklich gewesen ist. Der Reichste ist nicht glücklicher als der Arme, der nichts hat als sein tägliches Brot, wenn es ihm nicht vergönnt ist, seinen Reichtum bis an sein Lebensende zu genießen. (…) Vor seinem Ende aber dürfte man nie sagen, dass einer glücklich wäre, sondern höchstens, dass es ihm gut ginge.«
Vor allem aber war Kroisos gemessen am Reichtum anderer Herrscherkollegen doch nur ein vergleichsweise kleiner Fisch, besonders die persischen Könige, die über ein ungleich größeres Reich geboten und auf ganz andere Ressourcen zurückgreifen konnten, übertrafen ihn um ein Vielfaches. Dass es aber gleichwohl Kroisos war, der es als Inbegriff von Reichtum bis in den modernen Sprachgebrauch schaffte, hat aller Wahrscheinlichkeit nach einen anderen Grund: Lydien führte als erstes Land das Münzgeld ein, also geprägte Geldstücke, die wegen ihrer Gold-Silber-Legierung nach dem griechischen Wort für Bernstein auch Elektronmünzen genannt werden. Vor allem aber mit ihrem Namen »Kroiseiden« verweisen sie auf den berühmten König. Lydische Münzen verbreiteten sich durch den Handel weit in der antiken Welt, sie waren als verlässliches Zahlungsmittel geschätzt. Auf ihnen prangte neben Stier und Löwe das Siegel des Kroisos. Seine Münzen trugen also die Kunde vom lydischen Reichtum in die Welt und machten den vermeintlich unermesslich reichen König sprichwörtlich. Der reichste Mann seiner Zeit aber ist er nicht gewesen.
Übrigens erwies sich auch, dass sein Leben trotz der erfolgreichen Jahre alles andere als glücklich ausging: Als habe sich Solons doch eher philosophische Mahnung in bare Münze verwandelt, verlor Kroisos nicht nur durch einen schicksalhaften Vorfall seinen Sohn Atys, obwohl ihm das im Traum geweissagt worden war und er alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen zu seinem Schutz ergriffen hatte. Auch seinen politischen Untergang und das Ende seines Reiches musste er erleben, denn unglücklicherweise legte er es darauf an, das mächtige Perserreich niederzuzwingen. Ob ihn allein Eroberungsdrang dazu bewog oder familiäre Bindungen zum benachbarten medischen König, der sein Schwager war und gegen den Perserkönig Kyros II. eine Niederlage erlitten hatte, ist nicht ganz klar. Wie auch immer: Bevor er das Wagnis einging, befragte er immerhin diverse Orakel der Mittelmeerwelt nach seinen Erfolgsaussichten. Zwei ähnlich lautende Weissagungen, nämlich wenn er den Grenzfluss Halys überschreite, werde er ein großes Reich zerstören, legte er in seinem Sinne aus. Das Orakel sollte sich bewahrheiten, aber Kroisos versetzte nicht etwa dem Persischen Reich den Todesstoß, sondern seinem eigenen. Nicht einmal seine bewährten Reitertruppen kamen richtig zum Einsatz, denn Kyros ließ seinen Soldaten Kamele vorausreiten, die die lydischen Pferde in Panik versetzten. Mitte der 540er-Jahre v. Chr. ging die Hauptstadt Sardes unter – der lydische König war nach Vorstößen nach Persien für den Winter dorthin zurückgekehrt und hatte seine Söldner zum größten Teil entlassen. Kyros aber stellte ihm nach, bezwang mühelos die dezimierten lydischen Streitkräfte und obsiegte. Ob Kroisos die vernichtende Niederlage überlebte, ist nicht ganz klar. Die einen schreiben, er sei vom siegreichen Perserkönig hingerichtet worden, die anderen berichten von einer Begnadigung. So oder so: Das Glück hatte Kroisos ebenso verlassen, wie er seines Reichtums verlustig gegangen war.
Lydien blieb fortan unter der Herrschaft der Perser und genoss in der Abhängigkeit von der Dynastie der Achämeniden zunächst ruhige, gute Zeiten, wenn auch Unabhängigkeit und Einfluss verloren waren. Von den Rivalitäten zwischen Griechen und Persern seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. jedoch war auch Lydien betroffen, das zwischen den
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