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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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einer manchmal das Gegenteil vom andern versprochen hatte. Aber das machte ihn nicht irr. Er hielt immer recht wacker zu Wort. Sonst kümmerte er sich um nichts und war gar nicht neugierig; denn er fürchtete immer, er möchte ein neues Versprechen erfahren, das er halten müsse, und das wäre ihm fatal gewesen. Er lebte sehr friedlich in seinem Lande und hatte mit allen Königen der Welt einen Frieden geschlossen, welcher in den Worten bestand: Tue mir nichts, ich tue dir auch nichts.
    Dieser gute König hatte eine Tochter, die sehr neugierig war und überall mit ihrem Näschen vornedran sein mußte. Sie war so neugierig gewesen zu wissen, wie es auf der Welt aussähe, daß ihre Mutter ihr noch gar die Wiege nicht zurechtgemacht hatte, als das Kind schon vom Himmel herab der Frau Mutter entgegenhüpfte, worüber die gute Königin, die gern alles in der Ordnung hatte, vor Schrecken starb, indem sie ihr Töchterlein ans Herz drückte und sprach: »Mein Kind will wissen, wie es auf der Welt aussieht, drum muß ich sehen, wie es im Himmel aussieht. Möge die Woche, um die du mir zu früh gekommen bist, dir einstens treue Dienste leisten.« Nach diesen Worten starb die Königin, und die umstehenden Frauen zeigten dem herbeigerufenen König Haltewort den Tod der Königin und die Geburt seiner Tochter an.
    Der König fragte vor allem: »Wie lauteten die letzten Worte meiner Gemahlin, damit ich sie ihr halten kann, da sie selbst gestorben ist.« Da sagte die älteste Hofdame: »Sie sprach: Mein Kind will wissen« – »So soll die Prinzessin heißen«, sagte der König; »sie soll Prinzeß Willwischen heißen, weil die sterbende Mutter sie so angeredet.« – Nun ließ er sich noch die übrigen Worte der Verstorbenen sagen; aber da war nichts bei zu halten, nur daß die Woche, um die sie zu früh gekommen, ihr große Dienste leisten solle; das konnte er nicht recht begreifen und nahm sich vor, viel darüber nachdenken zu lassen.
    Nun ließ er die gute Königin ins Grab und das Kind Willwischen in die Wiege legen.
    Eine große Sorge hatte der gute König jetzt, die plagte ihn sehr: er hatte seiner Gemahlin versprochen, er wolle, wenn sie vor dem Kinde sterbe, Mutterstelle an ihm vertreten. Wie er das machen sollte, wenn er Wort halten wollte, wußte er nun gar nicht, er ließ auch darüber stark nachdenken. Und sieh da! nach einer halben Stunde kam der Hofnachdenker herein und sprach: »Ihro Majestät! haben Sie etwas heraus?« Der König sagte: »Haben Sie etwas?« Der Nachdenker sagte: »Ihro Majestät, ich habe nichts heraus«, und der König sagte: »Ich habe auch nichts.« Da sagte der Nachdenker: »Da haben wir also alle beide nichts heraus«, und nun gingen sie wieder frisch ans Nachdenken.
    Nach einigen Stunden kamen sie ebenso zusammen und gingen ebenso auseinander. Nun hätten die Hofdamen dem Kind Willwischen gern eine Amme gegeben; aber Haltewort gab es nicht zu und sagte, er wolle schon Wort halten und selbst Mutterstelle vertreten.
    Zur größten Verwunderung schien das Kind Willwischen gar keine Nahrung zu bedürfen, es ward dick und gesund, und der König glaubte, daß es bloß von seinem Nachdenken lebe. Endlich fiel es ihm einmal in der Nacht ein, daß eine gute Mutter manchmal nachts nach dem Kinde sehen müsse; das ließ er sich nicht zweimal einfallen, sondern sprang gleich beim ersten Mal mit gleichen Beinen aus dem Bett und ging in die Nebenstube, wo die Wiege stand.
    Ganz sachte, sachte machte er die Türe auf; aber welche Wunder sah er da! Eine ziemlich alte Frau hatte das Kind Willwischen an der Brust, und sieben andere Wickelkinder lagen vor ihr hübsch eingefatscht wie sieben Backfische in einer Reihe an der Erde. »Ei! das ist keine Kunst«, schrie der König, »wenn Ihr dem Kinde zu trinken gebt; aber es geht platterdings nicht an, ich habe versprochen, Mutterstelle zu vertreten, und darum dürft Ihrs nicht, also marsch fort! Nehmt Eure sieben Backfische nur in der Schürze mit, und laßt Euch nicht mehr hier sehen.« – »Gebt mir meinen Wochenlohn«, sagte die Frau und gab dem Willwischen frische Windeln und legte es in die Wiege; da gab ihr der König seine Traumbörse; denn er nahm immer einen Beutel voll Geld mit ins Bett, um, wenn ihm in der Nacht jemand im Traum vorkam, dem er bei Tag Geld versprochen hatte, Wort halten zu können.
    Nun sagte die Frau zum König: »Haltewort! ich verlasse dein Kind, jetzt ist ohnedies meine Zeit aus, es ist gleich zwölf Uhr, und die neue Woche geht an;

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