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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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aber weil du mir meinen Wochenlohn so ehrlich gezahlt hast, so will ich dir auch sagen, wie du an dem Kind Mutterstelle vertreten kannst. Du mußt mir aber versprechen, dem ersten Verbrecher, der dich beleidigt, und sollte er dich auch bis aufs Blut stechen, zu verzeihen und ihn mit dem Besten, was du hast, zu ernähren.« – »Bis aufs Blut stechen!« sagte der König; »das ist ein starkes Stück; aber ich verspreche es dir aus mütterlicher Liebe.« – »Wohlan!« sagte die Frau, »so ernähre den Verbrecher, und du wirst dein Kind ernähren«, und verschwand.
    Der König aber fühlte einen Stich in dem Arm und erwachte; da sah er, daß ihm nur geträumt hatte, denn er lag ganz breit in seinem Bette. Der heftige Stich, den er am linken Arm fühlte, machte, daß er dahin faßte, und was ergriff er da? Einen sehr großen Floh. Erzürnt rieb der König ihn zwischen den Fingern und wollte ihn soeben mit dem Nagel totknicken, als ihm sein Versprechen, das er der Frau im Traum gegeben, einfiel; er wolle dem Verbrecher nicht allein verzeihen, sondern ihn sogar mit seinem Besten ernähren. Er setzte daher den Floh in ein leeres Medizinglas gefangen und sprach: »Dir soll verziehen sein und du sollst mein Blut trinken.« – Dieses tat er besonders, weil er seine Traumbörse nicht mehr fand, und also gewiß glaubte, er habe sie der Frau gegeben, und es müßte doch mehr als ein leeres Traumgebild sein.
    Er dachte einige Stunden lang über diese Sache nach und betrachtete den Verbrecher in dem Arzneiglas; der schien zu schlafen. Er schüttelte das Glas, da wurde der Floh wach, und das Kind Willwischen weinte in der Nebenstube. Er wiegte das Arzneiglas, da hörte er auch die Wiege des Kindes sich bewegen, und Floh und Kind schliefen ein, und Haltewort auch. Morgens weinte das Kind wieder, und der Floh war sehr unruhig im Glase, der König setzte den Floh auf seinen Arm und ließ ihn sein Blut trinken, da ward auch das Kind Willwischen still.
    Genug, der König merkte, daß alles, was er dem Floh tat, der Prinzessin auch geschah, und deswegen ließ er dem Floh nichts abgehen, und auch das Kind Willwischen ward groß und stark. Der Verbrecher im Arzneiglas aber ward bald so dick und fett, daß er keinen Platz mehr in dem Glase hatte und in eine große Flasche mußte gesetzt werden. Der König tat alles dieses sehr insgeheim, und niemand hatte den Floh bis jetzt gesehen. Bald war auch die Flasche nicht mehr groß genug, und der König setzte ihn in seinen Stiefel; aber nun wurde es dem König unmöglich, ihn länger zu ernähren, denn er wurde selbst ganz krank und mager darüber. Er fing daher an, das Kind Willwischen mit Mehlbrei zu füttern, und gab dem Floh Ochsenblut.
    Und so wuchs die Prinzessin und der Floh heran, ohne sich persönlich zu kennen; der Floh war schon so groß geworden wie ein Rind, und Willwischen sechzehn Jahre alt, als ein unglücklicher Zufall sie bekannt machte.
    Willwischen war ganz erstaunlich neugierig und guckte durch alle Schlüssellöcher. Nun hätte sie längst gern gewußt, was der König nur immer in seiner Schlafkammer verborgen habe; denn nie wollte er sie hineinlassen, und doch hörte sie oft ein gewaltiges Geschnurre und Geklapper darin, als wenn ein Geißbock darin herumspränge. Die Neugier ließ sie nun gar nicht mehr ruhen, und so lauschte sie einstens in der Nacht an der Tür des Königs, der folgendes Gespräch mit dem Floh hielt, von dem sie aber nicht wußte, daß es ein Floh war. Der König sprach: »Sag mir einmal, du Bengel! was soll ich nun mit dir anfangen? Du wächst mir über den Kopf und machst mir die Stube fast zu eng.« Da antwortete der Floh: »Bester König! ich kann es auch gar nicht mehr vor Langerweile hier aushalten; ich dächte, du gäbst mir eine hübsche Livree und machtest mich zum Edelknaben bei meiner Schwester Willwischen.« – »Schwester? Wie meinst du das? Unterstehst du dich, die Prinzessin deine Schwester zu nennen?« sagte der König; und der Floh sprach hierauf: »Bin ich etwa nicht von königlichem Geblüt?« – »Gewissermaßen wohl«, erwiderte der König, »aber ich verbitte mir, davon zu sprechen.« – »Was braucht es vieler Worte?« sagte der Floh; »ich verlange standesmäßigen Unterhalt; ich mag nicht länger unter Euerm Bett neben alten Pantoffeln schlafen, es liegt ein juchtenledernes Felleisen da unten, dessen Geruch mir schrecklich zuwider ist; ich sage dir, König, läßt du mich nicht zu Willwischen, so steche ich mich selbst

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