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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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stillesitzen,
Um mich nicht zu erhitzen.
     
Und alle Tage Medizin!
So gingen zehen Jahre hin.
Mein Licht hat ausgeglommen,
Mein Stündlein ist gekommen!
     
Wie wird so froh die Seele mein
Sich schwingen durch den Himmel rein,
Hin zu dem Paradiese
Auf eine frische Wiese.
     
Zuerst vor allem an den Quell,
Wo ich zertrat die Pimpernell,
Verzeihung zu erbitten,
Ich hab ja drum gelitten.
     
Dann zu dem lieben Vater mein
Und zu dem lieben Brüderlein,
Sie sollen mir vergeben
Mein wildes Widerstreben.
     
Und dann an meiner Mutter Brust,
Die lebt schon in der Himmelslust,
Sie wird an ihrem Herzen
Mir nehmen alle Schmerzen.
     
Und dann, und dann, wohin Gott will,
Ich bin zufrieden, halte still,
Laß pressen und mich schnüren
Und zu Gerichte führen.
     
Bin ich hier gleich zum Sterben krank,
So sag ich doch von Herzen Dank
Der Pimpernell am Quelle
Und Mamsell Pimpernelle.
     
Ich war gar heftig und gar wild,
Ich ward durch sie ganz sanft und mild,
Kann nun getröstet sterben,
Das Himmelreich erwerben.
     
Viel Böses hätt ich wohl getan,
Drum tat der liebe Gott wohl dran
Und ließ mich binden und schnüren,
Da könnt ich mich nicht rühren.
     
So starb in mir der Übermut;
So ward ich selbst zum Sterben gut
Und kann dich mit Entzücken,
Liebseelchen! jetzt anblicken.
     
Ach, grab mein Grab doch an dem Quell,
Wo ich zerriß die Pimpernell,
Und pflanz mir Pimpernelle
Um meine kleine Zelle!
     
    So weit hatte das arme todkranke Schnürlieschen mit leiser Stimme seinen Lebenslauf und seine schwere Strafe erzählt, welche es für seine Grausamkeit an dem Kräutlein Pimpernelle erlitten hatte, als auf einmal durch eine Hintertüre, welche Liebseelchen gar nicht bemerkt hatte, die alte Mamsell Pimpernell teils mit einem großen Kaffeebrett voll Kannen und Tassen, teils mit einem heftigen Zorn, das Schnürlieschen ganz bequem ohne Schnürbrust und Halsband daliegen zu sehen, hereintrat. Sie wußte nicht, ob sie zuerst der Prinzessin das Frühstück anbieten oder Schnürlieschen zuerst anfahren sollte, und kam darüber in eine solche Verwirrung, daß sie den Präsentierteller mit allem Geschirr unter großem Geklirr an den Boden fallen ließ, worüber das kranke Schnürlieschen so erschrak, daß sein schwaches Lebensfädchen entzweiriß.
    Sie streckte ihre dünnen Fingerchen nach Liebseelchen aus und sprach: »Dank, herzlichen Dank! ich muß sterben. Mein letzter Wille ist, daß du, gutes Liebseelchen! nichts von allem, was ich dir gesagt, bekannt machest und der armen Mamsell Pimpernelle verzeihst, wie ich ihr auch von Herzen verzeihe, denn sie hat es gut mit mir gemeint, und ich habe es wohl noch schlimmer verdient, lebe wohl!« Da sah sie nochmal in die tränenvollen Augen Liebseelchens und schloß die ihrigen auf immer.
    Liebseelchen saß ganz still da und weinte und dachte: »Ach, wie gut war das arme Schnürlieschen, und wie geduldig hat es für seinen Jugendfehler gebüßt, und wie menschenfreundlich ist es gestorben!« So dachte Liebseelchen und sah in das bleiche, müde Schlummergesicht des gestorbenen Schnürlieschens.
    Mamsell Pimpernelle hatte sich indessen wieder aufgerafft und stürzte zwischen den zwei stillen Jungfrauen mit Entschuldigungen und Beschuldigungen hin und her wie eine Woge zwischen zwei ruhigen Felsen, und beide hörten sie nicht. Denn was kümmerte sich Schnürlieschen um ihr Zanken, daß sie ohne Schnürbrust daliege, hatte sie doch die engste Schnürbrust des menschlichen Leibes ausgezogen und bei der andern Schnürbrust liegen lassen, und breitete ihre gute geprüfte Seele doch schon Minuten lang ihre Flügel in einer schönern Welt aus, hinschwebend über ewig blühende Wiesen, wo keine Mamsell Pimpernelle sie zerquälte, wo ihre liebe Mutter und ihr guter Vater sie ans Herz drückten; denn auch dieser war aus Kummer über ihre Entführung gestorben. Auch Liebseelchen hörte nicht auf Mamsell Pimpernell; denn sie betete mit stillen Tränen für das gute Schnürlieschen und dachte: »Ach Gott! wie blind und verdreht können doch die armen Menschen einander das Leben verbittern und verkrüppeln! Ach, was würden doch für Affen und endlich noch für niedrigere Tiere aus den Menschen werden, wenn sich Gott ihrer nicht erbarmte und die Mittel, welche sie anwenden, sich zu verderben, gerade zu ihrer Besserung wendete! Da hat nun die Mamsell Pimpernell aus dem guten Schnürlieschen eine recht verdrehte Zierpuppe machen wollen, und gerade dadurch ist sie ein recht liebes, geduldiges Lämmchen

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