Italienische Märchen
diese Schmach nicht mehr erdulden, übergebet einem andern die Krone, denn Jerum denket doch nur an seine Laster und niemals an Besserdich.« So hatte Fanferlieschen gesprochen. Alles hatte mit der größten Spannung zugehört, und der älteste Bürger sagte: »Du erzählst uns sehr merkwürdige Geschichten, aber, wenn wir auch einen andern König wählen, wo kriegen wir dann gleich alle die nötigen Minister und Hofkavaliere her, welche alle mit Jerum ausgereist sind? Deine Schürze, aus welcher du sie sonst schütteltest, hat ein Loch, und wird jeder durchfallen.« Nun sprach Fanferlieschen zu dem Pudel, der die Schürze trug:
Herr von Pudelbeißmichnit,
Schwenk die Fahn,
Vivat Laudamus!
Es ist getan.
Da schwenkte der Pudel die Fahne und verwandelte sich zugleich in den schönsten Fahnenjunker, und alles anwesende Horn-, Wollen- und Federvieh verwandelte sich in die hoffnungsvollsten Ritter und Fräulein, und sie öffnete die Portechaise, und die Prinzessin Ziegesar mit dem verwundeten Ohrläppchen trat heraus und umarmte Fanferlieschen, und alle die verwandelten Ritter und Fräulein schrieen laut:
Oramus Laudamus!
Fanferlieschen
Schönefüßchen
Soll regieren
Und florieren.
Da rief die ganze Versammlung dasselbe, und sie nahmen Fanferlieschen und setzten sie in die Portechaise und trugen sie in das Schloß, und alles war richtig: sie mußte Königin sein. Fanferlieschen aber machte nun aus allen ihren Zöglingen vornehme Leute; der Herr von Ochsenstierna wurde Minister des Ackerbaus, der Herr von Rindsmaul wurde Erz-Heumarschall, der Herr von Riedesel Generalobermühlenrat, der Herr von Rothenhahn wurde Direktor der Feuersbrunst und Hofwetterminister, und so hatte ein jeder seine Stelle nach seinen Qualitäten. Die Prinzessin Ziegesar ward allgemein verehrt, und allgemein bekannt gemacht, wer ihr Gemahl werden würde, der sollte nicht nur ihr Fürstentum Buxtehude, sondern auch einstens das ganze Königreich Skandalia mit ihr erhalten. So ging nun alles herrlich in der Stadt, aber der König Jerum kriegte einen großen Schrecken, als die Fanferlieschen ihm einen Brief nach dem Jagdschloß Munkelwust schickte, worin drin stand, daß er abgesetzt sei und sich nicht mehr dürfe in der Stadt sehen lassen, sonst wolle man ihm den Kopf zwischen die Ohren stecken. Wenn er aber sein Leben ändern, Witwen und Waisen das Ihrige zurückgeben und de- und wehmütig in die Stadt Besserdich zurückkehren wolle, so solle er vor allem eine fromme Gemahlin nehmen; die frömmste wäre die Prinzessin Ziegesar von Buxtehude. Hernach wolle man sehen, ob man ihn wieder zum König aufnehmen könne. Diesen Brief schickte ihm Fanferlieschen durch den Hofschäfer Mopsus, und Jerum wurde so zornig darüber, daß er dem armen Mopsus die Ohren abschneiden ließ und ihm die Nase breitschlug; und zu dessen Andenken tragen sich bis jetzt alle Mopse so.
Der König Jerum, der nun zu Munkelwust lebte, wurde jetzt ganz wie rasend, er verwüstete alles Land umher und beging tausend Grausamkeiten. Aber es ging ihm bald übel, seine Hofleute verließen ihn, und sein Geld wurde alle. Er hatte nichts mehr als das Ländchen Bärwalde, welches eigentlich der Fräulein Ursula gehörte, und das er ihr noch immer zurückhielt. Die armen Leute aus dem Ländchen mußten alles hergeben, daß er sein wildes Leben fortführen konnte. Er hatte nur noch wenige Diener, und sein Ratgeber war ein großer hölzerner Götze, der bei Munkelwust unter einem dürren Baume stand und Pumpelirio hieß und, wenn man einen Menschen vor ihm schlachtete und ihn mit dem Blut bespritzte, auf alles antwortete, was man ihn fragte. Jerum machte nun bekannt, er wolle sich bessern und eine fromme Frau nehmen. Da ließ er die Töchter seiner Untertanen zusammenkommen und heiratete eine. Aber in der Nacht schleppte er sie vor den Götzen Pumpelirio und brachte sie um, und fragte ihn:
Pumpelirio Holzebock!
Sage mir doch,
Wann die Jungfer Fanferlieschen
Schönefüßchen
Sterben wird?
Wann ich komme nach Besserdich?
Da fing der Pumpelirio an zu knacken wie nasses Holz im Ofen, und sprach mit schnarrender Stimme:
Fanferlieschen blind,
Ursulus das Kind
Geschwind wie der Wind
Besserdich gewinnt.
Jerum wußte nicht, was das heißen sollte, er bat sich eine Erklärung aus, aber Pumpelirio sprach:
Für einen Mord
Nur ein Wort;
Morgen ist auch ein Tag
Zu Mord und Todschlag.
Am nächsten Morgen sagte Jerum, er habe seine Braut nach Haus geschickt, weil sie nicht fromm genug
Weitere Kostenlose Bücher