Ivanhoe
Jakob! was sage ich da – nun, trotz allem bleibt er ein braver junger Mann! – Doch schau, Rebekka! schon wieder fängt er einen Kampf mit dem Philister an. Bete, mein Kind, bete, daß der gute junge Mann nicht Schaden leide an seiner Gesundheit! Und auch, daß das Pferd und die seine Rüstung ja nicht ruiniert werden! – Gott meiner Väter!« rief er wieder. »Sein ist der Sieg! Vor seiner Lanze ist gefallen der unbeschnittene Philister wie der König der Ammoniter vor dem Schwerte unserer Väter – gewiß werden ihm zufallen ihr Gold und ihr Silber und ihre Streitrosse und ihre Rüstungen von Erz und Stahl – als Beute und als Preis!« Mit der gleichen ängstlichen Teilnahme verfolgte der würdige Jude jeden Gang, und immer berechnete er flüchtig, was wohl das erbeutete Pferd samt der Rüstung wert sein mochten.
Der Sieger des Tages blieb – ob aus Unentschiedenheit oder einem anderen Grunde eine Weile regungslos an derselben Stelle, dann endlich senkte er langsam und voller Grazie die Lanze und legte die Atlaskrone der schönen Rowena vor die Füße. Sogleich schmetterten die Trompeten, und die Herolde riefen Lady Rowena zur Königin der Minne und des Liebreizes aus. Wer sich ihrer Autorität widersetzen würde, dem stünde Bestrafung bevor.
Lange Hälse machten die normannischen Damen, höchlichst verwundert, daß eine Sächsin gekrönt worden war. Aber sie hatten auch schon lange Hälse gemacht, als ihre Edelherren einer nach dem andern besiegt worden waren. Aber wenn einzelne auch ihrer Unzufriedenheit Luft machten, diese Rufe gingen unter in dem allgemeinen Jubelgeschrei:
»Lang lebe Lady Rowena, die auserkorene Königin des Liebreizes und der Minne!« Hin und wieder war auch der Zusatz zu hören: »Lang lebe die sächsische Fürstin! Lang lebe das Geschlecht des unsterblichen Alfred!«
Der enterbte Ritter war in seinem Zelt allein mit seinem Knappen, einem Burschen, der wie ein Bauer aussah und über Kopf und Gesicht eine normannische Pelzmütze gezogen hatte, als wünschte er ebenso unerkannt zu bleiben wie sein Herr. Er nahm ihm die schwere Rüstung ab und setzte ihm Speise und Wein vor, die ihm nach den Anstrengungen des Tages sehr erwünscht waren. Kaum hatte der Ritter in Eile seine Mahlzeit eingenommen, als ihm der Knappe die Ankunft von fünf Männern meldete, die jeder ein Berberroß am Zügel führten.
Der Enterbte hatte an Stelle seiner Rüstung ein langes Kleid angelegt, wie es bei den Leuten seines Standes zu jener Zeit allgemein in Gebrauch war, die Kapuze, die er trug, ließ sich über das ganze Gesicht ziehen, aber es war schon finster, so daß er einer Hülle nicht mehr bedurfte. So trat er denn vor sein Zelt und fand dort die Knappen der Herausforderer, die er an ihrer dunkeln oder ganz schwarzen Tracht leicht erkannte, jeder hielt das Pferd, das sein Herr an diesem Tage geritten hatte, und war mit der Rüstung beladen.
»Den Bestimmungen der Ritterschaft gemäß,« sagte der erste dieser Männer, »biete ich, der Knappe des gefürchteten Ritters Brian de Bois-Guilbert, Euch, der Ihr Euch den Enterbten nennt, das Roß und die Rüstung an, mit denen mein Herr den Waffengang gegen Euch ausgefochten hat. Es ist Euch überlassen sie zu behalten oder Lösegeld dafür zu bestimmen.«
Die anderen sagten fast das gleiche und warteten auf den Bescheid, den ihnen der enterbte Ritter geben würde.
»Euch, Ihr vier Knappen,« antwortete der Ritter, indem er sich an die wandte, die zuletzt gesprochen hatten, »und Euern ehrenfesten und tapferen Herren habe ich nur das eine zu erwidern: Empfehlt mich Euern Gebietern und sagt ihnen, es wäre unrecht von mir, wollte ich von ihnen Pferde und Rüstungen nehmen, die nie von besseren Rittern gehandhabt werden können. Ich wollte, das wäre das einzige, was ich durch Euch den tapferen Rittern zu bestellen hätte. Aber ich bin nicht nur dem Namen nach, sondern in vollem Ernste der Enterbte, und so muß ich insofern das Anerbieten Eurer Herren annehmen, als ich sie ersuchen muß, ihre Rüstungen auszulösen, da die, die ich trage, gar nicht einmal meine eigene ist.«
»Wir haben den Auftrag,« sagte der Knappe des Front-de-Voeuf, »für Pferd und Rüstung hundert Zechinen zu bieten.«
»Das ist ausreichend,« sagte der Enterbte. »Ich bin durch meine derzeitige Lage gezwungen, die Hälfte dieser Summe anzunehmen, die andere Hälfte mögt Ihr unter Euch, den Herolden und sonstigem Dienstvolk des Turniers verteilen.« Mit tiefen Verbeugungen
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