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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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Schranken, und William de Wywil rief mit Donnerstimme die Worte für das Signal: Laisser aller! Und mit einem Schlage senkten sich die Lanzen der Ritter, sie drückten die Sporen in die Weichen ihrer Rosse, und die beiden vorderen Reihen der Parteien stürzten in vollem Galopp aufeinander los und prasselten in der Mitte des Platzes aufeinander mit einem Krach, daß man es sehr weit vernehmen konnte. Es ließ sich nicht sofort übersehen, wie dieser Zusammenstoß abgelaufen war. Die Pferde hatten eine Staubwolke aufgewirbelt, die die Luft verfinsterte, es verging wohl eine Minute, ehe die hochgespannten Zuschauer erkennen konnten, welchen Ausgang der Zweikampf hatte.
    Auf jeder Partei war etwa die Hälfte der Kämpen vom Pferde gestürzt, einige lagen am Boden, als hätten sie für immer das Aufstehen vergessen, einige hatten sich bereits wieder aufgerafft und standen ihren Gegnern Brust gegen Brust gegenüber. Zwei oder drei waren verletzt und suchten das strömende Blut mit den Schärpen zu stillen und aus dem Wirrwarr zu entrinnen. Die Streiter, die sich zu Roß gehalten hatten, und deren Lanzen in der Wucht des ersten Anpralls allesamt zersplittert waren, fochten nun hitzigen Schwerterkampf miteinander, ließen ihr Kriegsgeschrei erschallen und schlugen aufeinander los, als hinge Ehre und Leben vom Ausgange des Straußes ab. Der Tumult steigerte sich nun noch, denn von jeder Partei nahm die zweite Reihe jetzt an dem Gefechte teil, den Bedrängten zu Hilfe kommend. Die Genossen Brians de Bois-Guilbert riefen: »Für den Tempel! für den Tempel!« Die Gegenpartei hatte die Devise auf dem Schilde ihres Führers zu ihrem Schlachtgeschrei gemacht und rief: »Desdichado! Desdichado!«
    Mit größtem Ingrimm und wechselndem Glücke rannten die Kämpfer aufeinander los, das Feld schien sich bald nach dem nördlichen, bald nach dem südlichen Ende der Schranken hinzuziehen, je nachdem ob die eine oder die andere Partei im Vorteil war. In das Geschmetter der Trompeten mischte sich jetzt in furchtbarem Getöse das Krachen der Hiebe und das Geschrei der Streiter und übertönte das Ächzen derer, die stürzten, und derer, die hilflos unter den Pferden lagen. Mit Blut und Staub waren jetzt die glänzenden Rüstungen bedeckt, die Axt- und Schwertstreiche spalteten die Fugen, und das prunkende Gefieder der Helmbüsche flog zerpflückt und zerzaust wie Schneeflocken umher. Alle Schönheit und Anmut des kriegerischen Anblickes war geschwunden, und nichts mehr war zu schauen als Roheit und Grausen, die das Herz vor Entsetzen und Erbarmen erschaudern machen mußten. Aber die Macht der Gewohnheit ist groß, und nicht nur die Zuschauer der geringeren Klassen, die ja gewöhnlich aufregende Schauspiele lieben, verfolgten den Gang des Kampfes mit Interesse, sondern auch die Damen auf den Tribünen wandten den Blick nicht von dem erschütternden Bilde ab. Hin und wieder wurde wohl eine zarte Wange bleich oder ein Schrei ertönte, dann war ein Geliebter oder ein Bruder oder ein Ehegatte hingestreckt worden. Im allgemeinen aber spornten die Damen die Streiter sogar noch an, durch Händeklatschen oder den Zuruf: »Tapfere Lanze! Gutes Schwert!«
    Noch energischer äußerte sich der Anteil der Männer, denn bei jedem Wechsel des Kampfes erscholl lauter Beifall, und die Augen waren an die Schranken festgebannt. In jeder Pause, die für kurze Augenblicke entstand, hörte man die Herolde rufen:
    »Kämpft, wackere Ritter! Es stirbt der Mensch, es lebt der Ruhm! – Auf und streitet weiter! – Lieber gestorben, als unterlegen! Streitet mit Mut und Kraft! – Schöne Augen blicken auf Eure Taten!«

Elftes Kapitel.
    Erst als sich das Feld auf beiden Seiten zu lichten begann, trafen der Templer und der Enterbte aufeinander. Bisher hatte jeder einzelne wohl große Taten der Tapferkeit verrichtet, aber sie waren immer wieder voneinander getrennt worden, indem andere auf sie eindrängten, denn jeder suchte eine Ehre darin, sich mit dem Führer der feindlichen Partei zu messen, auch war es bekannt, daß der Fall des Führers gleichbedeutend mit der Niederlage der ganzen Partei war; indessen hatten die beiden noch keinen Gegner gefunden, der ihnen gewachsen gewesen wäre. Die Wut tödlichen Hasses, das brennende Verlangen, mit Ehren aus dem Zweikampf hervorzugehen, gestaltete ihren Kampf zum Höhepunkt des nervenerregenden Schauspiels, und das Volk, das über so große Kraft und Gewandtheit zugleich erstaunt und entzückt war, jubelte in einem Beifall,

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