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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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der Angriff war so wild und stürmisch, daß ihre Anzahl weit größer erschien, als sie in der Tat war.
    Die sächsischen Häuptlinge wurden beide gefangengenommen, ein jeder unter verschiedenen für seinen Charakter bezeichnenden Umständen. Cedric warf seinen Speer nach dem Feinde, der ihm zuerst zu Gesicht kam. Er nagelte ihn an den Eichenstamm, an dem er gerade stand. Dann gab er dem Pferde die Sporen und sprengte gegen den zweiten an. Er riß das Schwert heraus und schlug mit so unbedachtem Ungestüm um sich, daß die Klinge in einem starken herabhängenden Aste steckenblieb und er sich so durch die Heftigkeit seiner Hiebe selber entwaffnete. Nun war er gefangen, und zwei oder drei der ihn umringenden Banditen rissen ihn vom Pferde. Athelstane war bereits in Gefangenschaft. Er war vom Pferde gehoben worden, ehe er noch sein Schwert hatte ziehen und sich zur Wehr setzen können. Das mit Gepäck beladene Gefolge, das ganz und gar den Kopf verlor, als es die Herren gefesselt sah, fiel ohne Schwierigkeiten den Räubern zur Beute, und das gleiche Schicksal erlitten Rowena, die sich in der Mitte des Zuges befunden hatte, und der Jude mit seiner Tochter, die im Nachtrab gewesen waren. Vom ganzen Zuge entkam niemand als Wamba, der bei dieser Gelegenheit weit mehr Mut bewies als mancher, der sich für viel klüger hielt. Er riß einem Diener das Schwert weg, der es eben mit zaudernder Unentschlossenheit ziehen wollte, und verteidigte sich wie ein Löwe. Er machte einen tollkühnen, allerdings vergeblichen Versuch, seinen Herrn zu retten. Als er endlich einsehen mußte, daß jeder weitere Widerstand umsonst sein würde, sprang er vom Pferde, schlüpfte ins Dickicht und entkam im allgemeinen Wirrwar. Aber der wackere Narr fühlte sich in seiner Freiheit nicht wohl und verspürte große Lust, zu seinem Herrn zurückzukehren und seine Gefangenschaft zu teilen, so sehr hing er mit aufrichtiger Treue an ihm.
    »Ich habe soviel schwatzen hören, wie glücklich die Freiheit mache,« sagte er bei sich selber, »und jetzt gäb ich was drum, wenn mir 'n Weiser klarmachte, was ich damit anfangen soll.« Da rief neben ihm eine leise Stimme: »Wamba!« und im selben Augenblicke kam ein Hund herangesprungen, den er sogleich als Packan erkannte. Ebenso leise erwiderte Wamba: »Gurth!« – und der Schweinehirt stand vor ihm. »Was ist denn los?« fragte er voller Angst. »Was bedeutet das Geschrei und Schwertergeklirr?«
    »Ein Ereignis, wie es heute auf der Tagesordnung steht – sie sind alle gefangen!« antwortete Wamba.
    »Wer ist gefangen?«
    »Mein Herr und meine Gebieterin, Athelstane und Hundibert und Oswald.«
    »Um Gottes Willen! Wie ist das gekommen, und wer hat sie gefangengenommen?« fragte Gurth.
    »Unser Herr war zu vorschnell mit seiner Waffe,« erwiderte Wamba, »und Athelstane war zu schlafmützig, und die anderen waren gar nicht zur Verteidigung gerüstet. Grünrocke mit schwarzen Masken sind über sie hergefallen, und nu liegen sie alle auf 'm Rasen wie Holzäpfel, die du für die Schweine abgeschüttelt hast. Ich könnte d'rüber lachen,« setzte der biedere Narr hinzu, »wenn ich nicht weinen müßte.« Und Tränen aufrichtigen Schmerzes rannen ihm die Wangen hinab. Aber Gurths Gesicht erglühte.
    »Wamba!« drang er in ihn, »du hast 'n Schwert, dein Herz war immer besser auf 'm Posten als dein Verstand – wir sind allerdings bloß unser zwei – aber ein plötzlicher Überfall von entschlossenen Männern kann viel tun. Komm mit mir!«
    »Wohin? und wozu?«
    »Cedric befreien!«
    »Du hast ja seinen Dienst quittiert.«
    »Das hat nur solange gegolten, wie er nicht in Not war,« versetzte Gurth. »Komm mit mir.«
    Eben wollte der Narr seiner Aufforderung folgen, da erschien eine dritte Person auf dem Platze, die die beiden bleiben hieß. Der Kleidung und den Waffen nach, die er trug, mußte Wamba glauben, es sei einer von den Räubern, die seinen Herrn überfallen hätten. Aber er hatte erstens keine Maske, und zweitens war er an dem prachtvollen Gehänge, das er um die Schulter trug und an dem ein kostbares Jagdhorn hing, trotz der herrschenden Dunkelheit mit Sicherheit zu erkennen, es war niemand anders als Locksley, der Yeoman, der im Bogenschießen zu Ashby den Preis davongetragen hatte. »Was hat das zu bedeuten?« fragte er. »Was redet ihr hier von Plündern, Berauben und Gefangennehmen?
    »An ihren Kitteln kannst du sie erkennen, hier ganz in der Nähe,« antwortete Wamba, »sieh zu, ob's nicht die Kittel

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