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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Schmalfilmmarkts. Achtmillimeterprojektoren. Kameras mit Filmtransport durch Federwerk. Die bunte Ära der Kodachromfilme. Zapruder. Die neue Fertigungsstätte. Hohe Gewinne, die auf dem langsam laufenden breiten Magnetband eines frühen IBM-Rechners verbucht wurden.
    Dann die Wiedergeburt des Kinos. Der Tod seines Vaters, der junge Chester Stone III am Ruder, überall neue Multiplexkinos. Vier Projektoren, sechs, zwölf, sechzehn, wo früher nur ein einziger gestanden hatte. Dann der Stereoton. Fünf Kanäle, Dolby, Dolby Digital. Erfolg und Reichtum. Heirat. Der Umzug in die Villa. Die Luxuswagen.
    Dann der Videoboom. Schmalfilme plötzlich tot, mausetot. Dann Konkurrenz. Gnadenloser Wettbewerb durch neue Firmen in Deutschland und Japan und Korea und Taiwan, die ihn unterboten und aus dem Multiplexgeschäft drängten. Die verzweifelte Suche nach etwas, das sich aus kleinen Blechteilen und präzise hergestellten Zahnrädern bauen ließ. Irgendwas. Die schreckliche Erkenntnis, dass mechanische Geräte hoffnungslos veraltet waren. Die explosive Vermehrung von Mikrochips, RAMs, Computerspielen, Riesige Gewinne, die mit lauter Artikeln gemacht wurden, von deren Herstellung er keine Ahnung hatte. Hohe Verluste, die sich in der stummen Software des PCs auf seinem Schreibtisch ansammelten.
    Neben ihm bewegte sich seine Frau. Sie öffnete blinzelnd die Augen und drehte ihren Kopf erst zum Radiowecker hinüber und dann zu ihrem Mann. Sie stellte fest, dass sein Blick starr auf die Zimmerdecke gerichtet war.
    »Du schläfst nicht?«, fragte sie leise.
    Er gab keine Antwort. Sie sah wieder weg. Ihr Name war Marilyn. Marilyn Stone. Sie war seit langem mit Chester verheiratet. Lange genug, um zu wissen, was ihn bedrückte. Sie wusste alles. Sie kannte keine Details, hatte keinen wirklichen Beweis, war nicht eingeweiht, aber sie wusste trotzdem alles. Wie hätte ihr das verborgen bleiben können? Sie hatte schließlich Augen und ein Gehirn. Es war lange her, dass sie die Produkte ihres Mannes in irgendeinem Geschäft ausgestellt gesehen hatte. Es war lange her, dass irgendein Multiplexkinobesitzer sie zur Feier eines neuen Großauftrags zum Abendessen eingeladen hatte. Und es war lange her, dass Chester zuletzt eine ganze Nacht durchgeschlafen hatte. Deshalb wusste sie alles.
    Aber das machte ihr nichts aus. In guten wie in schlechten Zeiten, das hatte sie versprochen, und dazu würde sie stehen. Es war schön gewesen, reich zu sein, aber auch arm konnte man glücklich sein. Nicht dass sie jemals wirklich arm sein würden, wie manche Leute arm waren. Die Villa verkaufen, den Laden liquidieren und trotzdem wohlhabender bleiben, als sie jemals zu sein gehofft hatte. Sie waren noch jung. Nun, nicht wirklich jung, aber auch nicht alt. Gesund. Sie hatten Interessen. Sie hatten einander. Es war gut, Chester zu haben. Grau, aber immer noch schlank und fit und sportlich. Sie liebte ihn. Er liebte sie, und das wusste sie. Etwas über vierzig, aber mit dem Elan einer Endzwanzigerin. Noch immer schlank, noch immer blond, noch immer aufregend. Abenteuerlustig. Noch immer begehrenswert. Alles würde in Ordnung kommen. Marilyn Stone atmete tief durch und drehte sich auf die andere Seite. Schlief um halb sechs Uhr morgens wieder ein, während ihr Mann reglos neben ihr lag und die Zimmerdecke anstarrte.

    Reacher stand im Terminal und studierte einen Bildschirm, auf dem die Abflüge angezeigt waren. New York stand wie erwartet ganz oben. Der erste Flug des Tages war eine Verbindung mit Delta über Atlanta nach LaGuardia, Abflug in einer halben Stunde. Dann kam ein Flug mit Mexicana nach Süden, und der dritte Flug war United, ebenfalls nach LaGuardia, aber ohne Zwischenstopp, Abflug in einer Stunde. Er ging zum Ticketschalter von United. Fragte nach dem Preis eines einfachen Flugs nach New York. Nickte und ging davon.
    Er verschwand auf der Toilette und blieb vor einem der Waschbecken stehen. Zog den Packen Geldscheine aus seiner Hosentasche und stellte den Betrag, der ihm eben genannt worden war, aus möglichst kleinen Geldscheinen zusammen. Dann knöpfte er sein Hemd bis oben hin zu und glättete sein Haar mit einer Handfläche. Verließ die Toilette und ging zum Ticketschalter von Delta hinüber.
    Dort kostete der Flug nach New York exakt so viel wie bei United. Das hatte er schon vorher gewusst. Irgendwie waren die Ticketpreise immer gleich. Er legte das Geld in Ein-, Fünf- und Zehndollarscheinen hin. Die junge Angestellte hinter dem

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