Jäger: Thriller (Ein Marina-Esposito-Thriller) (German Edition)
dem Golem hervorzuziehen. Er schob den reglosen Körper seines besiegten Gegners beiseite und richtete sich mühsam auf. Seine Knie zitterten, jeder Muskel tat weh, und er war außer Atem. Aber er lebte.
119 »Und dabei lief alles so gut …« Amy zielte mit der Waffe auf Marina und Josephina. Auf ihren blutverschmierten Zügen spiegelte sich Enttäuschung.
»So gut?«, wiederholte Marina. Sie hielt ihre Tochter fest an sich gedrückt.
»Ja. Der Plan stand, alles war vorbereitet.«
»Der Plan stand? Ihretwegen ist jemand gestorben, der mir sehr viel bedeutet hat. Sie haben versucht, meine ganze Familie umzubringen!«
»Nein, das war ich nicht, das ist Michaels Schuld. Für das, was Ihrer Familie zugestoßen ist, kann ich nichts.«
»Michael Sloane hat das getan?« Marina traute ihren Ohren nicht.
»Graham und ich hatten vor, uns an Sie zu wenden. Damit Sie uns bei Stuart helfen. Wir wollten es auf ganz offiziellem Wege tun, in aller Förmlichkeit, aber dann hat Michael Wind davon gekriegt. Wir sind nicht vorsichtig genug gewesen. Er hat rausgefunden, dass wir zu Ihnen nach Aldeburgh kommen wollten, also ist er uns zuvorgekommen und hat in Ihrem Haus einen Sprengsatz gelegt. Ich hab es gerade noch geschafft, Sie und Ihre Tochter da rauszuholen. Danach … waren wir gezwungen zu improvisieren.«
»Ich glaube Ihnen kein Wort.«
Amy seufzte. »Ist mir egal.«
»Sie wollen Michael Sloane für alles verantwortlich machen.«
Amys Augen blitzten. »Und wieso will ich das wohl? Haben Sie darüber mal nachgedacht?«
»Sie haben mich terrorisiert. Sie haben meine Tochter verschleppt.«
»Ich bin eben in Panik geraten. Nach der Explosion. Ich wusste nicht, was ich tun soll. Ich war gekommen, weil ich Sie um Hilfe bitten wollte. Ich wollte Sie ganz höflich fragen, aber dann ist plötzlich das Haus in die Luft geflogen, und Michael war da. Sie waren bewusstlos, ich hab Sie in Sicherheit gebracht, damit er Sie nicht wieder ins Haus schafft. Dann ist sein Wagen explodiert, und das Einzige, was ich noch tun konnte, war, mir Ihre Tochter zu schnappen und zu verschwinden.«
»Sie haben uns die ganze Zeit gequält – mich und meine Tochter … Das hat Ihnen regelrecht Spaß gemacht!«
»Sie sind so melodramatisch. Wir mussten doch sichergehen, dass Ihnen niemand folgt und dass Sie keinem von der Sache erzählt haben. Also haben wir uns diesen kleinen Test mit der Bar in Southend ausgedacht und Ihnen gesagt, in welches Hotel Sie fahren sollen. Ich war im Krankenhaus und hab Ihnen eigenhändig die Straßenkarten und das Handy in die Tasche gesteckt.«
»Sie haben mir hinterherspioniert.«
»Die Ausrüstung dazu hatten wir ja schon. Die Sloanes wussten, was wir vorhatten, und wollten uns um jeden Preis aufhalten. Dafür wären sie über Leichen gegangen. Also haben wir ihre Telefone abgehört, um sicherzugehen, dass sie uns nicht auf die Spur kommen.« Sie seufzte und hob die Waffe höher. »Ist ja auch egal. Das spielt jetzt alles keine Rolle mehr.«
Marina starrte sie an. Sie war unfähig, auch nur einen Muskel zu rühren.
Amys Finger krümmte sich um den Abzug.
Marina saß in der Falle. Es gab nirgendwo Deckung und keine Möglichkeit, dem Schuss auszuweichen. Amy anzugreifen und zu versuchen, ihr die Waffe zu entreißen, kam ebenso wenig in Frage, denn sie hatte Josephina auf dem Arm. Aber sie konnte doch nicht einfach die Augen schließen und sich mit dem Unvermeidlichen abfinden …
Plötzlich tauchte Sandro aus der Dunkelheit auf. Lautlos pirschte er sich von hinten an Amy heran.
Als er direkt hinter ihr stand, griff er blitzschnell nach vorn, packte ihre rechte Hand und schlang gleichzeitig den linken Arm in einem Würgegriff um ihren Hals.
Marina stellte Josephina auf dem Boden ab. Die Kleine wollte ihre Mutter nicht loslassen und fing prompt an zu weinen.
»Nur ganz kurz, Schätzchen. Mami muss schnell was erledigen.«
Josephina zog die Nase hoch und nickte.
Marina machte einen Schritt nach vorn. Sandro verdrehte Amys Handgelenk, bis sie die Waffe fallen ließ. Den linken Arm drückte er noch fester gegen ihren Hals.
»Was machen wir jetzt mit ihr?«, wollte er von seiner Schwester wissen.
»Franks müsste bald da sein. Wir lassen sie hier. Soll er sich um sie kümmern.«
Amy zappelte und kämpfte gegen Sandros Griff an. Marina betrachtete sie voller Verachtung.
»Ich bin eine Mutter. Eine Mutter mit einer Riesenwut im Bauch. Sie haben mir meine Tochter weggenommen. Sie haben versucht, mich
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