Jäger
von dünnen, rotköpfigen Penissen aussehen.
Prächtige weiße Krabben bahnen sich den Weg durch die
wogenden Stängel, als hätten sie alle Zeit der Welt. Lange,
träge, rattenschwänzige Fische mit großen neugierigen
Augen – die Geier der Tiefsee – verharren, gekrümmt
wie Fragezeichen, in der Bewegung, denn sie warten darauf, dass der
Tod etwas Nahrung für sie abwirft.
Mich fröstelte. Tauchbootpiloten allerdings sind davon
überzeugt, dass die Kälte einen wach hält. Dave
hustete, nahm einen Schluck aus der Wasserflasche und stellte sie
wieder in den Halter zurück. Nadia war viel unterhaltsamer
gewesen: witzig, hübsch und wirklich bemüht, die Funktionen
ihres Tiefsee-Tauchbabys zu erklären.
Beruhigende Geräusche drangen durch die kleine, nur wenig
mehr als zwei Meter breite Kuppel: alle paar Sekunden das leise
Pfeifen eines Richtungssignals, hohl widerhallende, kurze
Pieptöne von Antwortsendern, die Monate zuvor versenkt worden
waren, ein weiteres Piepsen vom Sonar, ein gleichmäßiges
Ticken, das Seufzen und Jammern von Pumpen, das Knistern von
Zylinderspulen.
Ich rollte mich auf den Rücken, klappte die Liege wieder zum
Sitz hoch und beugte mich vor, um meine »Hausschuhe«
anzuziehen – dicke, gestrickte, über die Knöchel
reichende Strümpfe mit Gummisohlen. Zwischen den Knien hindurch
starrte ich auf eine schimmernde Luftblase, die sich im Rahmen des
Tauchboots verfangen hatte. Vor vierzig Minuten war die silbrig
wabernde Blase noch um ein Vielfaches größer gewesen.
Zweitausend Fuß. Der Außendruck betrug jetzt sechzig
bar, etwas mehr als sechzig Kilopond pro Quadratzentimeter. Nadia
hatte den Druck damit verglichen, dass einem ein wirklich starker
Bursche ständig eins über den Schädel zieht.
Allerdings wirkte auf die Oberfläche der Kugel überall der
gleiche Druck ein, so dass er sich unmerklich verteilte. Im Innern
der Tauchkapsel, bei einer Atmosphäre Druck, spürten wir
gar nichts. Keine Dekompressionskrankheit, keinen Tremor, keinen
Tiefenrausch. Es war Tiefseetauchen in Hemdsärmeln, könnte
man sagen. Wir würden nicht einmal eine Druckausgleichkammer
aufsuchen müssen, wenn wir wieder auftauchten.
Das U-Boot hatte als Ballast eine Ladung Eisenstangen an Bord, die
wir abwerfen würden, wenn wir in den fast waagerechten
Schwebeflug übergingen. Dave würde bei ungefähr
einhundert Fuß über dem Meeresboden den Höhenmesser
einschalten und die Stangen eine nach der anderen wie kleine Bomben
abstoßen. Manchmal behielt das Tauchboot einige der
Eisenstäbe als Ballast an Bord, was den Sinkflug lediglich
verlangsamte, und richtete zum Ausgleich seine Antriebspropeller nach
unten, um wie ein Hubschrauber zu schweben. Wollte man die von den
Antriebsschrauben aufgewirbelten Schlickwolken vermeiden, war es
jedoch besser, mehr Ballast abzuwerfen und das U-Boot mit Hilfe der
nach oben gerichteten Antriebspropeller im Schwebeflug zu halten.
•
Die Tauchfahrt dauerte jetzt bereits eine Stunde.
Zweitausendsiebenhundert Fuß. Die Kuppel wurde kälter. Die
Zeit verging jetzt eindeutig schneller.
»Wann haben Sie Owen Montoya eigentlich kennen
gelernt?«, fragte Dave.
»Vor ein paar Wochen«, erwiderte ich. Montoya bot am
Treffpunkt Trinkbrunnen im Büro des Mutterschiffs stets
faszinierenden Gesprächsstoff: Schließlich war es dieser
geheimnisvolle reiche Mensch, der für alle auf der Sea
Messenger den monatlichen Gehaltsscheck ausstellte.
»Er muss Ihre Arbeit sehr schätzen«, sagte
Dave.
»Wie kommen Sie darauf?«
»Dr. Mauritz lässt sonst nur handverlesene Passagiere zu
den Tauchfahrten zu.« Stanley Mauritz war der verantwortliche
Ozeanograph und Forschungsleiter der Sea Messenger. Als
Gegenleistung für Montoyas Beihilfe zu studentischen
Forschungsprojekten hatte das Scripps-Institut ihn vorübergehend
ausgeliehen. »Und Sie hatten gleich drei Tauchfahrten
hintereinander.«
»Ja«, brummte ich. Die Forscher an Bord der Sea
Messenger kämpften wie fast alle Wissenschaftler um
Ausstattung und Geldmittel.
»Nadia versucht, den Frieden zu erhalten«, fügte
Dave nach einer Weile hinzu.
»Tut mir Leid, dass ich das subtile Gleichgewicht
gestört habe.«
Dave zuckte mit den Achseln. »Ich halte mich da raus. Wir
sollten jetzt unseren Check durchführen.«
Getrennt voneinander überprüften wir auf den beiden
türkis leuchtenden Monitoren verschiedene Bordsysteme, wobei wir
uns zunächst die Luftparameter vornahmen. Die Kabine der Mary’s Triumph besaß eine mit
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