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Jahrestage 2

Jahrestage 2

Titel: Jahrestage 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Johnson
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hatte.
    Das Urteil war praktisch das Maximum - es hätten drei Jahre sein können - und läßt keine Bewährung zu.
    Es wurde ausgesprochen durch den Richter des County Essex, Leon W. Kapp, nachdem er gesagt hatte, es könne Einer den Verdacht haben, der 34jährige Dichter und Dramatiker ›habe teilgenommen an der Ausarbeitung eines Plans‹, Newark in der Nacht seiner Verhaftung niederzubrennen.
    Die Aufstände, in denen 28 Personen ums Leben kamen, dauerten fünf Tage.
    … Der Richter gab zu verstehen, daß er die Härte der Strafe gegen Jones in großem Ausmaß auf ein Gedicht gründe, das im vergangenen Monat in der Monatszeitschrift Evergreen Review veröffentlicht wurde. Er verlas das Gedicht heute morgen im Saal des Gerichts, wobei er das Wort ›nichts‹ einfügte an Stelle von was er als ›Obszönitäten‹ bezeichnete.
    Das an ›Schwarzes Volk!‹ gerichtete Gedicht, wie es der Richter vortrug, zählte die Waren in einigen größeren Kaufhäusern der Stadt und in ›kleineren Hebräerläden‹ auf und ging zum Teil weiter:
     
    Alle Geschäfte werden öffnen wenn ihr
    nur die magischen Worte sagt.
    Es sind: Die Hände hoch! und: An
    die Wand du Mutter-Nichts!
    This is a stickup! Oder schmeiße
    nachts die Fenster ein (magische
    Aktionen) schmeiß sie tags ein,
    morgen, übermorgen, und zusammen
    schmeißen wir und holen
    das Nichts da raus. Kein
    Bargeld. Keine Abzahlung. Rennt
    die Breite Straße rauf und runter
    Ihr Neger, nehmt an Nichts was ihr
    wünscht. Nehmt ihr Leben, wenn
    nötig, aber holt euch was ihr
    wünscht was ihr braucht.
     
    Mit einem gestreiften afrikanischen Überkleid angetan, eine kleine rote Kappe auf dem Hinterkopf, stand Jones da mit den Händen auf dem Rücken und lachte des öfteren, während Richter Kapp das Gedicht vorlas.
    Mehrmals jedoch unterbrach er die Urteilsbegründung.
    Als der Richter sagte: ›Sie sind krank und bedürfen ärztlicher Versorgung‹, antwortete Jones: ›Nicht so krank wie Sie sind.‹
    Und als der Richter anführte, daß der Gefangene, in Freiheit belassen gegen eine Bürgschaft von 25 000 Dollar, es mehrere Male versäumt habe, sich zu den angeratenen Untersuchungen durch den Amtspsychiater des County einzufinden, fuhr der Schriftsteller dazwischen: ›Der selber Behandlung braucht.‹
    Nachdem Irvin B. Booker, Jones’ Anwalt, auf bedingte Freilassung und eine nominelle Geldstrafe plädiert hatte, wurde dem Dramatiker die Erlaubnis zu einer Erklärung gegeben. Er erhob sich und teilte dem Richter mit:
    ›Sie sind kein rechtschaffener Mensch, und Sie vertreten nicht den allmächtigen Gott. Sie stehen hier für eine zerbröckelnde Struktur …‹
    Der Richter rief: ›Hinsetzen!‹ und pochte heftig mit seinem Hammer.
    Einmal, nachdem die Urteile verkündet waren, erhob sich unter den Zuschauern ein hochgewachsener schlanker Neger, noch nicht zwanzig, um zu protestieren. Als es ihm nicht gelang, einer Aufforderung zum Hinsetzen rasch genug nachzukommen, wurde er von mehreren Beamten aus dem Gerichtssaal geführt.
    ›Sie werden ihn schlagen!‹ rief Mrs. Sylvia Jones aus, die Ehefrau des Schriftstellers. Mrs. Jones, die ihr sieben Monate altes Kind im Arm hielt, wurde aus dem Raum entfernt.
    Als Jones aus dem Gerichtssaal geleitet wurde, rief er über die Schulter zurück: ›Das schwarze Volk wird das Urteil über mich fällen.‹
    … will be filed.«
    © by the New York Times Company

6. Januar, 1968 Sonnabend
    Senator Kennedy ist mit der Ausbildung der Indianer gar nicht zufrieden und die Viet Cong hätten im vergangenen Jahr 3820 Zivilisten umgebracht und Präsident de Gaulle hat die Juden mit dem Ausdruck »Elitevolk« nicht beleidigen wollen und im Hotel Alamac am Broadway hat es gebrannt und die christdemokratische Partei Westdeutschlands beschimpft die sozialdemokratische wegen ihres Appells an die U. S. A. für einen Bombenstop über Nord-Viet Nam und
    Antonín Novotný ist nicht mehr der Erste Sekretär der K. P. Č., hat abgeben müssen an Alexander Dubček, einen Slowaken obendrein, nach eintausend Jahren böhmisch-mährischer Oberherrschaft; die New York Times hat es ausgerechnet.
    In Jerichow hielt sich das Gerücht, es sei doch der alte Papenbrock, der die Stadt von dem Juden Semig befreien werde; also wollte ein anderes, daß Papenbrock jenen wiedergefundenen Sohn Robert seinen eigenen nur so lange nennen werde, als Reichsstatthalter Hildebrandt das Sagen habe im Lande Mecklenburg; dann nie mehr. Er sei nicht der.
    Wer

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