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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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schönsten Hut und die hübscheste Jacke, die für Geld zu haben war.
    »Das schenkt dir George, teure Rebekka«, sagte Amelia, ganz stolz auf die Schachtel mit diesen Gaben. »Was er für einen guten Geschmack hat! Keiner kommt ihm doch gleich.«
    »Nein, niemand«, antwortete Rebekka. »Wie dankbar bin ich ihm!« In ihrem Herzen aber dachte sie, George Osborne war es, der meine Heirat verhindert hat.
    Und dementsprechend waren auch ihre Gefühle für Osborne.
    In aller Seelenruhe traf sie ihre Anstalten für die Abreise und nahm alle Geschenke der freundlichen kleinen Amelia nach schicklichem Weigern und Zögern entgegen. Natürlich gelobte sie Mrs. Sedley ewige Dankbarkeit, drängte sich jedoch der guten Dame, die etwas in Verlegenheit war und ihr offenbar ausweichen wollte, nicht auf. Sie küßte Mr. Sedley die Hand, als er ihr die Geldbörse schenkte, und bat ihn um Erlaubnis, ihn von nun an als ihren guten, guten Freund und Beschützer betrachten zu dürfen. Ihr Benehmen hatte etwas so Rührendes, daß er ihr beinahe einen Scheck für noch zwanzig Pfund ausgestellt hätte, allein er zügelte seine Gefühle. Die Kutsche, die ihn zum Essen fahren sollte, wartete; so eilte er davon mit einem: »Gott schütze Sie, meine Liebe. Besuchen Sie uns ruhig, wenn Sie in der Stadt sind. – Zum Mansion House 21 , James!«
    Schließlich war der Augenblick des Abschieds gekommen, ein Bild, über das ich lieber einen Schleier werfen will. Aber nach einer Szene, bei der es der einen ernst war und die andere sich als vollendete Schauspielerin erwies – nachdem die zärtlichsten Liebkosungen, die rührendsten Tränen, das Riechfläschchen und die edelsten Gefühle des Herzens aufgeboten worden waren, trennten sich Rebekka und Amelia, wobei die Abreisende hundertmal schwor, daß sie ihre Freundin immer und ewig lieben werde.

8. Kapitel
Persönlich und vertraulich
    Miss Rebekka Sharp
    an Miss Amelia Sedley, Russell Square, London
    (Portofrei 1 – Pitt Crawley)

    Meine teuerste, liebste Amelia!
    Mit welcher Mischung von Freude und Kummer ergreife ich die Feder, um an meine teuerste Freundin zu schreiben! Oh, welcher Unterschied zwischen heute und gestern! Jetzt bin ich freundlos und allein, gestern noch war ich daheim, in der süßen Gesellschaft einer Schwester, die ich immer,
immer
lieben werde!
    Ich will Dir nicht erzählen, wie ich die verhängnisvolle Nacht unserer Trennung unter Tränen und mit unendlicher Traurigkeit zubrachte.
Du
gingst am Dienstag Freude und Glück entgegen, Deine Mutter und Deinen ergebenen, jungen Soldaten an der Seite, und ich dachte die ganze Nacht an Dich und sah Dich bei Perkins tanzen, gewiß die hübscheste von all den jungen Damen auf dem Ball. Ich wurde von dem Stallknecht in der alten Kutsche zu Sir Pitt Crawleys Stadtwohnung gefahren, wo ich, nachdem John, der Stallknecht, sich mir gegenüber sehr roh und unverschämt betragen hatte (o ja, es ist ganz ungefährlich für ihn, Armut und Unglück zu beschimpfen!), Sir Pitts Obhut übergeben wurde und die Nacht in einem düsteren alten Bett und noch dazu an der Seite einer schrecklichen, unfreundlichen, alten Scheuerfrau, die das Haus hütet, zubringen mußte. Die ganze Nacht tat ich kein Auge zu.
    Sir Pitt ist nicht das, was wir törichten Mädchen uns unter einem Baronet vorstellten, als wir in Chiswick die »Cecilia« 2 lasen. Man kann sich wohl kaum etwas denken, was mit Lord Orville 3 weniger Ähnlichkeit hätte. Vergegenwärtige Dir einen untersetzten, ordinären und schmutzigen Alten in abgetragenen Kleidern und schäbigen, alten Gamaschen, der eine abscheuliche Pfeife raucht und sich selbst sein abscheuliches Abendessen in einem Schmortopf kocht. Er spricht wie einer vom Lande und fluchte gewaltig über die alte Scheuerfrau und auf den Kutscher, der uns nach dem Gasthause brachte, von wo die Kutsche abfuhr; ich mußte den größten Teil der Reise
außen
sitzen.
    Bei Tagesanbruch wurde ich von der Scheuerfrau geweckt, und als wir am Gasthause angekommen waren, bekam ich einen Platz in der Kutsche. Als wir aber an einen Ort namens Leakington kamen und es anfing, in Strömen zu regnen, mußte ich – kannst Du es glauben? – mich draußen setzen, denn Sir Pitt ist Miteigentümer der Kutsche. Als in Mudbury ein Passagier zustieg, der einen Platz in der Kutsche haben wollte, mußte ich mich in den Regen setzen, wo mich indessen ein junger Herr von der Universität in Cambridge recht freundlich in einen seiner vielen Überröcke

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