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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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blaß, mager und hochschulterig und hat offenbar nichts zu sagen. Ihr Stiefsohn, Mr. Crawley, befand sich ebenfalls im Zimmer. Er war in vollem Staate, feierlich wie ein Beerdigungsunternehmer. Er ist blaß, mager, häßlich und schweigsam, hat dünne Beine, eine eingefallene Brust, einen heufarbenen Bart und strohgelbe Haare. Er ist das leibhaftige Ebenbild seiner seligen Mutter über dem Kaminsims – Griselda, aus dem edlen Hause Binkie.
    »Dies ist die neue Gouvernante, Mr. Crawley«, sagte Lady Crawley, trat auf mich zu und ergriff meine Hand, »Miss Sharp.«
    »Oh!« ließ Mr. Crawley sich vernehmen, streckte den Kopf kurz vor und wandte sich wieder einer umfangreichen Broschüre zu, die er gerade las.
    »Ich hoffe, Sie werden nett zu meinen Mädchen sein«, sagte Lady Crawley, ihre roten Augen wie stets tränengefüllt.
    »Ach Gott, Ma, natürlich wird sie das«, sagte die ältere; und mit einem Blick sah ich, daß ich mich vor
dieser
Frau nicht zu fürchten brauchte.
    Der Butler, ganz in Schwarz, mit einem ungeheuren weißen Jabot, das aussah, als sei es eine abgemalte Spitzenkrause der Königin Elisabeth in der Halle, meldete: »Gnädige Frau, es ist aufgetragen.« Lady Crawley nahm Mr. Crawleys Arm und ging in den Speisesaal voraus, wohin ich ihr, an jeder Hand eine meiner kleinen Schülerinnen, folgte.
    Sir Pitt war bereits, mit einer silbernen Kanne beschäftigt, im Zimmer. Er war soeben aus dem Keller gekommen und gleichfalls in vollem Staat, das heißt, er hatte seine Gamaschen abgelegt und zeigte seine kurzen, dicken Beine in schwarzen Wollstrümpfen. Das Büfett war beladen mit funkelndem altem Geschirr – goldenen und silbernen Bechern, Serviertellern und Menagen –, ganz wie in Rundell Bridges Geschäft. Auch alles auf dem Tisch war von Silber, und zwei Bediente mit rotem Haar und kanariengelben Livreen standen neben dem Büfett.
    Mr. Crawley sprach ein langes Tischgebet, und Sir Pitt sagte amen, worauf die großen silbernen Deckel von den Gerichten abgenommen wurden.
    »Was gibt es denn zu essen, Betsy?« fragte der Baronet.
    »Ich glaube Hammelbrühe, Sir Pitt«, antwortete Lady Crawley.
    »Moutons aux navets« 6 , setzte der Butler gravitätisch hinzu (ausgesprochen, bitte sehr, wie: Mudongonaveez), »und die Suppe ist potage de mouton à l'Ecossaise 7 . Die Beigerichte bestehen aus pommes de terre au naturel 8 und chou-fleur à l'eau 9 .«
    »Hammelfleisch bleibt Hammelfleisch«, sagte der Baronet, »ist was verteufelt Gutes. Was für ein Schaf war es, Horrocks, und wann habt ihr geschlachtet?«
    »Eins von den schottischen Schwarzgesichtern, Sir Pitt, wir haben es am Donnerstag geschlachtet.«
    »Wer hat was davon abbekommen?«
    »Steel aus Mudbury hat zwei Keulen und den Rücken genommen, Sir Pitt; allein er sagt, das letzte sei zu jung und bloß verdammt wollig gewesen, Sir Pitt.«
    »Möchten Sie etwas potage, Miss Sharp?« fragte Mr. Crawley.
    »Vorzügliche schottische Hammelbrühe, meine Liebe«, sagte Sir Pitt, »obwohl man es französisch benamst.«
    »Ich glaube, in anständiger Gesellschaft ist es so üblich, das Gericht so zu nennen, wie ich es getan habe, Sir«, erwiderte Mr. Crawley hochmütig, und nun wurde uns das Besprochene samt dem mouton aux navets von den Bedienten in der kanariengelben Livree auf silbernen Tellern serviert. Danach gab es Ale und Wasser für uns junge Damen, in Weingläsern serviert. Ich bin keine Ale-Kennerin, aber ich kann mit gutem Gewissen sagen, daß ich mir Wasser vorziehe.
    Während wir uns an dem Mahl erfreuten, fragte Sir Pitt, was aus den Hammelschultern geworden sei.
    »Ich glaube, sie wurden in der Gesindestube verzehrt«, sagte die Lady demütig.
    »Das stimmt, gnädige Frau«, bestätigte Horrocks, »was anderes bekommen wir ja auch nicht.«
    Sir Pitt brach in ein heiseres Lachen aus und setzte seine Unterhaltung mit Mr. Horrocks fort. »Das kleine schwarze Ferkel von der Kenter Sau muß doch jetzt ganz schön fett sein.«
    »Es wird noch nicht gleich platzen, Sir Pitt«, versetzte der Butler ernsthaft, worüber Sir Pitt und die jungen Damen gewaltig lachen mußten.
    »Miss Crawley, Miss Rose Crawley«, sagte Mr. Crawley, »euer Lachen scheint mir ganz und gar fehl am Platze.«
    »Mach dir nichts draus«, sagte der Baronet, »wir werden das Ferkel am Sonnabend probieren. Schlachte es Sonnabend früh, John Horrocks. Miss Sharp ißt Schweinefleisch für ihr Leben gern, nicht wahr, Miss Sharp?«
    Dies war, glaube ich, das ganze Tischgespräch.

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