Jahrmarkt der Eitelkeit
vertan worden war und in unzähligen wertlosen Aktien verschiedener Schwindelgesellschaften vorlag. Sein ganzer Nachlaß bestand in den zweitausend Pfund aus seiner Lebensversicherung, die er zu gleichen Teilen seiner »geliebten Schwester Amelia, Frau des ... und so weiter, und seiner Freundin und unschätzbaren Krankenpflegerin Rebekka, Frau von Oberstleutnant Rawdon Crawley«, hinterlassen hatte. Becky war zur Testamentsvollstreckerin ernannt.
Der Rechtsanwalt der Versicherungsgesellschaft schwor, es sei der dunkelste Fall, der je vor ihn gekommen sei. Er sprach davon, eine Kommission nach Aachen zu schicken, um den Todesfall genau zu untersuchen, und die Gesellschaft weigerte sich, die Police zu bezahlen. Mrs. oder Lady Crawley, wie sie sich nannte, kam jedoch sofort nach London, begleitet von ihren Anwälten, den Herren Burke, Thurtell und Hayes von Thavies Inn, und drohte der Gesellschaft, sie solle nur wagen, ihr die Zahlung zu verweigern. Sie forderte sie auf, Untersuchungen anzustellen, erklärte, daß sie das Opfer einer infamen Verschwörung, die sie ihr ganzes Leben lang verfolgt habe, sei, und trug schließlich den Sieg davon. Das Geld wurde ausgezahlt und ihr guter Ruf wiederhergestellt. Oberst Dobbin schickte aber seinen Anteil der Versicherungsgesellschaft zurück und lehnte es entschieden ab, irgendwelche Verbindung mit Rebekka aufrechtzuerhalten.
Sie wurde nie Lady Crawley, obwohl sie sich weiterhin so nannte. Seine Exzellenz Oberst Rawdon Crawley starb am gelben Fieber auf Coventry Island, allgemein beliebt und betrauert, sechs Wochen vor dem Tode seines Bruders Pitt. Das Vermögen ging daher auf den gegenwärtigen Sir Rawdon Crawley, Baronet, über.
Auch er hat es abgelehnt, seine Mutter zu sehen. Er hat ihr jedoch eine auskömmliche Jahresrente ausgesetzt, aber sie schien auch so ganz wohlhabend zu sein. Der Baronet lebt ständig mit Lady Jane und ihrer Tochter in Queen's Crawley, während sich Rebekka, Lady Crawley, hauptsächlich in Bath oder Cheltenham aufhält; eine einflußreiche Partei vortrefflicher Leute hält sie für eine Frau, der man Unrecht getan hat. Sie hat auch ihre Feinde. Wer hätte die nicht? Mit ihrem Leben gibt sie denen eine Antwort. Sie beschäftigt sich mit frommen Werken. Sie geht in die Kirche, aber nie ohne Lakaien. Ihr Name ist auf allen Wohltätigkeitslisten zu finden. Das notleidende Apfelsinenmädchen, die vernachlässigte Waschfrau, der arme Brezelmann finden in ihr eine treue, großzügige Freundin. Auf Wohltätigkeitsbasaren hat sie stets einen Stand, um diesen unglücklichen Wesen zu helfen. Emmy, ihre Kinder und der Oberst waren vor einiger Zeit in London und sahen sich ihr auf einem dieser Basare plötzlich gegenüber. Sie schlug bescheiden die Augen nieder und lächelte, als sie zurückfuhren. Emmy eilte am Arm Georges (er ist jetzt ein eleganter junger Herr geworden) davon, und der Oberst hob seine kleine Jane auf, die er mehr liebt als alles auf der Welt, mehr sogar als seine »Geschichte des Pandschab«.
Mehr sogar als mich! denkt Emmy seufzend, aber er hat nur freundliche und sanfte Worte für sie und versucht, ihr alle Wünsche zu erfüllen.
Ach, vanitas vanitatum 7 ! Wer von uns ist glücklich auf dieser Welt? Wer von uns hat alles, was er wünscht, oder ist zufrieden, wenn er es hat? Kommt, Kinder, wir wollen die Puppen wegpacken und die Kiste schließen, denn unser Spiel ist zu Ende.
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