Jahrmarkt der Eitelkeit
nun heißt, Amelias kleine Freundin, hast du dein Lirum-larum-liebchen genannt.« Bei diesen Worten ergriff der unbarmherzige junge Bursche Dobbins Hand und spielte die ganze Szene zum größten Entsetzen des ursprünglichen Darstellers noch einmal, trotz Dobbins gutmütiger Bitten, doch Mitleid mit ihm zu haben.
»Warum sollte ich ihn denn schonen?« antwortete Osborne auf die Einwendungen seines Freundes, als sie den Leidenden in den Händen von Doktor Gollop zurückgelassen hatten. »Zum Henker, was für ein Recht hat er, sich stets so gönnerhaft aufzuspielen und uns in Vauxhall lächerlich zu machen? Wer ist das kleine Schulmädchen, das ihm schöne Augen macht? Zum Henker! Die Familie ist schon armselig genug ohne sie. Eine Gouvernante ist ja ganz schön, aber ich möchte doch lieber eine Dame zur Schwägerin haben. Ich bin zwar großzügig, habe aber doch meinen Stolz und weiß, wo ich hingehöre; und sie sollte sich ihre Stellung auch überlegen. Ich werde den großsprecherischen Nabob schon noch unterkriegen und verhindern, daß er sich zu einem größeren Narren macht, als er bereits ist. Deshalb habe ich ihm gesagt, er solle auf der Hut sein, sonst würde sie ihn noch wegen Heiratsschwindelei verklagen.«
»Wahrscheinlich weißt du es am besten«, meinte Dobbin, wenn auch etwas zweifelnd. »Du bist immer Tory gewesen, und ihr seid eine der ältesten englischen Familien; aber ...«
»Komm mit zu den Mädchen und mach Miss Sharp selbst den Hof«, unterbrach der Leutnant seinen Freund; aber Hauptmann Dobbin lehnte es ab, Osborne zu seinem täglichen Besuch bei den jungen Damen am Russell Square zu begleiten.
Als George von Holborn die Southampton Row hinabging, sah er im Sedleyschen Haus, in zwei verschiedenen Stockwerken, zwei Köpfe auf der Lauer liegen.
Miss Amelia schaute nämlich vom Balkon des Salons angestrengt nach dem Leutnant aus, der auf der anderen Seite des Russell Square wohnte; Miss Sharp dagegen war in ihrem kleinen Schlafzimmer im zweiten Stockwerk auf Wachposten, um Mr. Josephs mächtige Gestalt auftauchen zu sehen.
»Schwester Anne 20 sitzt auf dem Wachtturm, aber niemand kommt«, rief er Amelia lachend zu und freute sich königlich über den Spaß, als er Miss Sedley mit den komischsten Ausdrücken den trübseligen Zustand ihres Bruders beschrieb.
»Es ist doch aber sehr grausam von Ihnen, zu lachen, George«, sagte sie und sah recht unglücklich aus; allein George lachte nur um so mehr über ihren kläglichen und verwirrten Gesichtsausdruck und blieb dabei, daß der Spaß doch höchst gelungen sei. Als Miss Sharp die Treppe herabkam, neckte er sie munter wegen der Wirkung ihrer Reize auf den dicken Zivilisten.
»Oh, Miss Sharp! Könnten Sie ihn heute morgen in seinem geblümten Schlafrock sehen«, sagte er, »wie er stöhnt und sich auf seinem Sofa windet. Hätten Sie nur sehen können, wie er Gollop, dem Arzt, seine Zunge zeigte.«
»Wenn ich wen sehen könnte?« fragte Miss Sharp.
»Wen? Ach, wen? Hauptmann Dobbin natürlich, dem wir alle, beiläufig gesagt, gestern abend so viel Aufmerksamkeit gewidmet haben.«
»Wir waren sehr unfreundlich zu ihm«, sagte Emmy und errötete. »Ich – ich hatte ihn ganz vergessen.«
»Das ist ganz natürlich«, rief Osborne, immer noch lachend. »Man kann doch nicht immer an Dobbin denken, nicht wahr, Amelia. Oder doch, Miss Sharp?«
»Abgesehen von dem Weinglas, das er bei Tisch umstieß«, sagte Miss Sharp hochmütig und warf den Kopf zurück, »habe ich keinen Augenblick einen Gedanken an Hauptmann Dobbins Existenz verschwendet.«
»Sehr gut, Miss Sharp, ich will es ihm sagen«, sagte Osborne, und während er sprach, beschlich Miss Sharp ein Gefühl von Mißtrauen und Haß gegen diesen jungen Offizier, dessen er sich ganz und gar nicht bewußt war. Er will sich über mich lustig machen, ganz bestimmt, dachte Rebekka. Hat er mich bei Joseph lächerlich gemacht? Hat er ihn abgeschreckt? Vielleicht kommt er gar nicht.
Ein Schleier legte sich über ihre Augen, und ihr Herz schlug zum Zerspringen.
»Sie sind immer zu Späßen aufgelegt«, sagte sie und lächelte, so unschuldig sie konnte. »Scherzen Sie nur weiter, Mr. George, mich verteidigt ja keiner.«
Als George Osborne ging und Amelia ihn mißbilligend ansah, empfand er als Mann doch eine gewisse Zerknirschung, daß er sich gegen das schutzlose Geschöpf unnötigerweise so unfreundlich benommen hatte. »Meine liebste Amelia«, sagte er, »Sie sind zu gut – zu freundlich. Sie
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