James Bond 02 - Leben und sterben lassen (German Edition)
sowjetische Spionagesystem in Amerika zu finanzieren, oder zumindest einen wichtigen Teil davon. Und unser Verdacht bestätigt sich, wenn ich Ihnen erzähle, wer dieser Mr Big ist.«
Bond wartete und hielt den Blickkontakt mit M aufrecht.
»Mr Big«, sagte M und wog seine Worte ab, »ist der vermutlich mächtigste Negerverbrecher der Welt. Er ist«, und er zählte das Folgende sorgfältig auf, »der Kopf des Voodoo-Kults Schwarze Witwe und wird von seinen Anhängern für Baron Samedi höchstpersönlich gehalten. Sie finden alles Weitere darüber hier drin.« Er tippte erneut auf die Aktenmappe. »Und es wird Ihnen eine Höllenangst einjagen. Außerdem ist er ein sowjetischer Agent. Und schließlich, und das wird Sie besonders interessieren, Bond, ein bekanntes Mitglied von SMERSCH.«
»Ja«, sagte Bond langsam, »jetzt verstehe ich.«
»Ein interessanter Fall«, sagte M und sah ihn scharf an. »Und ein interessanter Mann, dieser Mr Big.«
»Ich glaube, ich habe noch nie zuvor von einem großen Negerverbrecher gehört«, sagte Bond. »Die Chinesen, natürlich, das sind die Männer hinter dem Opiumhandel. Und es gibt auch ein paar mächtige Japsen, die hauptsächlich Geschäfte mit Perlen- und Drogenhandel machen. Und viele Neger sind in Afrika in Diamanten- und Goldgeschäfte verwickelt, aber immer nur im kleinen Stil. Sie scheinen sich nicht auf große Coups einzulassen. Ich hatte sie bisher immer für recht gesetzestreue Kerle gehalten, außer wenn sie zu viel getrunken haben.«
»Unser Mann stellt da eine Ausnahme dar«, sagte M. »Er ist kein reiner Neger. Er wurde auf Haiti geboren. Durch seine Adern fließt eine ordentliche Portion französisches Blut. Außerdem wurde er, wie Sie der Akte entnehmen können, in Moskau ausgebildet. Und die Negerrassen fangen gerade erst an, Genies in allen Bereichen zu produzieren – Wissenschaftler, Ärzte, Schriftsteller. Es wurde langsam Zeit, dass sie auch einen großen Verbrecher hervorbringen. Immerhin gibt es zweihundertfünfzig Millionen von ihnen auf der Welt. Fast ein Viertel der weißen Bevölkerung. Sie haben jede Menge Intelligenz und Fähigkeiten und Mumm. Und jetzt hat Moskau einem von ihnen die Spionage beigebracht.«
»Ich würde ihn gerne treffen«, sagte Bond. Dann fügte er hinzu: »Ich würde gerne jedes Mitglied von SMERSCH treffen.«
»Also gut, Bond. Nehmen Sie das mit.« M reichte ihm die dicke Aktenmappe. »Besprechen Sie die Sache mit Plender und Damon. Halten Sie sich bereit, in einer Woche anzufangen. Es ist eine gemeinsame Operation von CIA und FBI. Treten Sie den Leuten vom FBI um Himmels willen nicht auf die Füße. Die sind voller Hühneraugen. Viel Glück.«
Bond war danach direkt nach unten zu Commander Damon gegangen, dem Leiter von Abteilung A. Er war ein aufmerksamer Kanadier, der die Verbindung zwischen dem Secret Service und der CIA überwachte.
Damon schaute von seinem Schreibtisch auf. »Wie ich sehe, haben Sie den Auftrag übernommen«, sagte er mit Blick auf die Aktenmappe. »Das dachte ich mir schon. Setzen Sie sich.« Er deutete auf einen Lehnstuhl neben dem Elektroofen. »Wenn Sie sich durch all das durchgekämpft haben, werde ich die Lücken füllen.«
EINE VISITENKARTE
Inzwischen waren zehn Tage vergangen, und das Gespräch mit Dexter und Leiter hatte nicht viel Neues ergeben, überlegte Bond, als er am Morgen nach seiner Ankunft in New York langsam und gemütlich in seinem Schlafzimmer im St Regis aufwachte.
Dexter hatte jede Menge Einzelheiten über Mr Big auf Lager gehabt, jedoch nichts, was ein neues Licht auf den Fall geworfen hätte. Mr Big war fünfundvierzig Jahre alt, auf Haiti geboren, halb Neger und halb Franzose. Aufgrund der Anfangsbuchstaben seines ausgefallenen Namens, Buonaparte Ignace Gallia, und wegen seiner gewaltigen Körpergröße und -masse, wurde er schon als Jugendlicher einfach nur »Big« genannt. Später wurde daraus »Mr Big«, und sein richtiger Name existierte nur noch in irgendeinem Taufbuch auf Haiti und in seinem Dossier beim FBI. Er hatte keine bekannten Laster außer Frauen, die er in großen Mengen verbrauchte. Er trank und rauchte nicht, und seine einzige Achillesferse schien ein chronisches Herzleiden zu sein, das im Verlauf der letzten Jahre zu einer gräulichen Verfärbung seiner Haut geführt hatte. Mr Big war als Kind in die Voodoo-Religion eingeführt worden, hatte sich seinen Lebensunterhalt als Lastwagenfahrer in Port-au-Prince verdient und war schließlich nach Amerika
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