Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jeans und große Klappe

Jeans und große Klappe

Titel: Jeans und große Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
besaß. Er zog aus und überließ Kinder und Hund seiner Gattin. Seitdem erlebten wir sie als Kundenbetreuerin eines Versandhauses, als angehende Fahrlehrerin, als Kaltmamsell in einer ortsansässigen Kneipe und als Verlobte eines Maurerpoliers. Zur Zeit wartet sie auf Antwort vom Fernsehen, wo sie sich als Werbedame für Schonkaffee und Waschpulver angeboten hat.
    Ihre Versuche, sich ›mal eben schnell‹ etwas auszuleihen, stoßen in der Nachbarschaft inzwischen überall auf taube Ohren, aber in den Parallelstraßen gibt es immer noch hilfreiche Mitmenschen, die Frau Piekarski nicht näher kennen und zögernd Rasenmäher, Brühwürfel und Bohrmaschine herausrücken. Die meisten aber nur einmal. Erfahrung ist eben das, was übrigbleibt, wenn alles andere zum Teufel ist.
    Dann lernten wir Beversens kennen.
    Aus dem täglichen Posteingang, der zum größten Teil aus Reklame und zum zweitgrößten Teil aus Rechnungen bestand, hatte ich einen hellgrauen Briefumschlag gefischt, adressiert an Herrn und Frau Sanders. Absender war ein C. v. B, wohnhaft in Bad Randersau, Libellenweg 9. Ich kannte keinen C. v. B., den Libellenweg kannte ich auch nicht, und so vermutete ich den Beschwerdebrief eines aufgebrachten Mitbürgers, dem unser Nachwuchs irgendwie in die Quere gekommen war. In solchen Fällen erinnere ich mich immer daran, daß Rolf ebenfalls erziehungsberechtigt ist. Der Brief kam ungeöffnet zur Geschäftspost.
    »Kennst du einen C. v. B.?« Rolf wedelte mit dem ominösen Kuvert vor meinem Gesicht herum.
    »Kenne ich nicht, und ich lege auch gar keinen Wert darauf, ihn kennenzulernen.«
    »Was haben die Gören jetzt bloß wieder ausgefressen?« (Zwei Seelen, ein Gedanke!) Mit spitzen Fingern schlitzte Rolf den Umschlag auf und entfaltete einen hellgrauen Briefbogen, der in der rechten Ecke die Initialen C. v. B. trug.
    »Hör mal zu! ›Sehr geehrte Frau Sanders, sehr geehrter Herr Sanders. Mein Mann und ich sind unlängst auf dem Waldspielplatz Ihrer Tochter Stefanie und Ihren reizenden Zwillingen begegnet. Da wir selber zwei Kinder ihres Alters haben, außerdem noch eine dreizehnjährige Tochter, würden wir es begrüßen, wenn die Kinder sich einmal kennenlernen würden. Wäre es Ihnen recht, wenn ich sie am kommenden Samstag gegen 16 Uhr zu einem Spielnachmittag abhole? Mit freundlichem Gruß, Cornelia v. Beversen.‹«
    »Daß man sich um die Bekanntschaft unseres Nachwuchses reißt, ist mir neu. Die meisten Leute sind doch froh, wenn sie nicht in nähere Berührung mit ihm kommen.« Ich fand diesen Brief etwas ungewöhnlich.
    »Du scheinst übersehen zu haben, daß lediglich die Mädchen angesprochen werden.«
    »Und wenn schon. Die sind ja auch erblich belastet. Was sind das überhaupt für Leute? Wir können die Kinder schließlich nicht wildfremden Menschen aushändigen.«
    »Vielleicht stehen sie im Telefonbuch?« Rolf blätterte schon. »Hier sind sie: Konstantin v. Beversen, Arzt.«
    »Sehr aufschlußreich ist das auch nicht gerade. Ruf doch am besten mal an. Irgendwie müssen wir die Form wahren und uns für die Einladung bedanken.«
    Rolf setzte sich an den Schreibtisch, zündete eine Zigarette an, zupfte das Halstuch zurecht und wählte die Nummer.
    Den nun folgenden Dialog bekam ich nur als Monolog mit, und dem war lediglich zu entnehmen, daß Rolf offenbar mit C. v. B. sprach. Er versprühte Charme nach allen Seiten, malte halberblühte Rosen auf den Notizblock und raspelte Süßholz. Endlich legte er den Hörer auf.
    »Eine äußerst charmante, liebenswürdige Frau«, verkündete er mit beseeltem Blick, »kultiviert und mit dem gewissen Flair, das wir normale Sterbliche nie erreichen.«
    »Bloß wegen des Adelsprädikats? Ich hatte eine Klassenkameradin, die war auch blaublütig, aber ihre verkorksten Mathearbeiten hat sie mit genauso ordinären Kommentaren entgegengenommen wie wir anderen.«
    »Sei nicht immer so entsetzlich prosaisch!« beschied mich mein Gatte und begab sich auf die Suche nach seiner Tochter, um weitere Auskünfte über seinen neuen Schwarm einzuholen.
    Stefanie erwies sich als ungeeignetes Objekt. Doch, sie habe kürzlich »so'n paar Leute« kennengelernt, die ihren Sohn auf einen Kletterbaum hätten hieven wollen, und als der Kleine dann auch prompt runtergefallen sei, habe Nicki ihn getröstet. »Sie haben mich dann noch gefragt, wie wir heißen und wo wir wohnen, und dann sind sie wieder abgezogen. Keine Ahnung, wer das war.«
    »Wie haben sie denn ausgesehen?« bohrte Rolf

Weitere Kostenlose Bücher