Jeans und große Klappe
Manfred geht auch mit. Warum dürfen wir so was nicht?«
»Wer sagt denn das?« hatte Rolf zum allgemeinen Erstaunen gesagt. »Ich bin heilfroh, wenn ich euch mal drei Wochen lang nicht sehe. Im übrigen ist schon alles perfekt. Mich wundert nur, daß der Eberhard tatsächlich dichtgehalten hat, der weiß das nämlich schon seit einer ganzen Weile. Soweit ich unterrichtet bin, kommt Andy auch noch mit.«
»Paps, du bist ein Superknüller!« Sascha tanzte wie ein Derwisch durch das Zimmer. »Ich verspreche dir auch, daß ich mich im nächsten Schuljahr freiwillig ein bißchen mehr anstrenge.«
»Nur ein bißchen?«
»Na ja, also im Rahmen des Möglichen.«
Abends fragte Rolf mich beiläufig: »Was wollen wir Übriggebliebenen denn während der Ferien machen?« »Gar nichts.«
»Wie – gar nichts?«
»Wir bleiben zu Hause, genießen Garten, abgasfreie Luft und dolce far niente, haben Ruhe, weil die ganze Nachbarschaft sowieso verreist, ernähren uns von Joghurt und Konservenfutter, haben alle Bequemlichkeiten und sparen viel Geld.«
»Glaubst du, damit sind die Zwillinge auch einverstanden?«
»Bestimmt. Für die beiden haben wir endlich mal genug Zeit.«
Rolf war noch nicht so ganz überzeugt. »Eigentlich hatte ich mit dem Gedanken gespielt, mir den Wohnwagen von Felix zu leihen. Für uns vier müßte der ausreichen. Statt nach Süden würden wir zur Abwechslung mal nach Norden fahren, holländische Küste oder so.«
»Aber nicht mit mir!«
Wir hatten einen Campingurlaub hinter uns, und der würde für den Rest meines Lebens genügen. Dabei waren wir damals noch fast in den Flitterwochen und folglich bereit gewesen, gewisse Unbequemlichkeiten in Kauf zu nehmen.
An einem Wohnwagen schätze ich ganz besonders, daß man einen Platz zum Wohnen hat, während man einen Platz zum Parken sucht. Hat man ihn endlich gefunden, dann gehen die Probleme erst richtig los.
Ein Wohnwagen ist ziemlich eng, zumindest war es der, den wir geliehen hatten, und man kann nirgends Sachen abstellen außer dort, wo sie hingehören. Deshalb kocht man nach Möglichkeit draußen.
Wer der Überzeugung ist, wo Rauch sei, sei auch Feuer, der hat noch nie auf einem Campingfeuer zu kochen versucht. Und wenn ich die zwei Steaks auf den Rost knallte – genauer gesagt dorthin, wo ich den Rost vermutete –, ermahnte Rolf mich liebevoll: »Denk aber daran, nur halbverbrannt, nicht ganz durch verbrannt!«
Unsere damalige Campingreise hatte während eines völlig verregneten Sommers stattgefunden, und so waren wir ständig weitergezogen, immer dem kleinen Azoren-Hoch hinterher. Eingeholt haben wir es nie, dafür aber die Erkenntnis gewonnen, daß die längste Verbindung zwischen zwei Orten eine unbekannte Wegabkürzung ist. Einmal mußte uns ein Trecker aus einem Rübenacker ziehen, das zweite Mal saßen wir auf einem Feldweg fest und konnten nirgends wenden.
Nein, auf eine Wiederholung dieser Campingfahrt legte ich nicht den geringsten Wert. Schon gar nicht in Begleitung von zwei sechsjährigen Kindern, die man bei Regen tagelang im Wohnwagen beschäftigen muß.
Da fällt mir übrigens ein, daß uns das miserable Wetter damals gar nicht so viel ausgemacht hatte …
Schon am zweiten Ferientag verfrachtete Rolf seine Söhne ins Auto, sammelte ihre Freunde nebst Koffern und Schlafsäcken ein und karrte die ganze Ladung in den Schwarzwald. Den späteren Rücktransport wollte Andys Vater übernehmen.
Vorher hatte es noch lebhafte Debatten gegeben, ob Schlafanzüge mitzunehmen und wie viele Garnituren Unterwäsche wohl erforderlich seien.
»Trainingsanzug, Badehose, Handtuch, ein paar T-Shirts und einen Pullover, wenn's mal kalt wird«, hatte Sascha als Maximum gefordert. »Viel wichtiger sind Flaschenöffner, Kassettenrecorder, Angelzeug und Taschenlampe.«
»Und wie wäre es mit Shampoo, Seife und Zahnbürste?«
»Man wird ja mal ein paar Tage ohne diesen ganzen Krempel auskommen, und Wasser gibt es überall.«
Trotzdem packte ich alles mir notwendig Erscheinende in Svens Koffer (und packte es später unberührt wieder aus), legte zwei neue Kämme, Hautcreme und Papiertaschentücher dazu und ermahnte die Zugvögel, wenigstens einmal pro Woche zu schreiben. Das wurde zugesichert.
Es war schon dunkel, als Rolf endlich zurückkam, obwohl die Entfernung zum Zielort nur knapp zweihundert Kilometer betrug.
»In Deutschland scheint es zur Zeit lediglich zwei Arten von Straßen zu geben«, schimpfte er, »schlechte und wegen Bauarbeiten
Weitere Kostenlose Bücher