Jeans und große Klappe
eine Zulage bitten wollen!
Die Grundausstattung eines Erstkläßlers kostet rund achtzig Mark. Wir haben Zwillinge! Und Stefanie würde mit Beginn des neuen Schuljahres auf das Gymnasium wechseln. Die dann anfallenden Kosten kannte ich bereits. Allerdings hatte sich Steffi geweigert, dieselbe Schule zu besuchen wie Sven und Sascha.
»Ich bin doch nicht verrückt! Bei den Brüdern … Wenn die Lehrer meinen Namen hören, bin ich sofort abgestempelt! Außerdem geht Chris auch nach Neckarbischofsheim.«
Christiane war ihre neue beste Freundin.
»Mir ist es egal, von welcher Schule du wieder runterfliegst«, hatte Rolf gesagt, der seiner Tochter nicht allzu viel Bildungseifer zutraute. Immerhin hatte er einmal ein Diktat unterschreiben müssen, unter dem als Stoßseufzer der Lehrerin gestanden hatte: »Die zunehmende Lesbarkeit von Stefanies Schrift enthüllt ihre völlige Unkenntnis der Rechtschreibung.« Rolf hatte seinen Namenszug mit dem Zusatz versehen: »Dieser bedauerliche Mangel ist auf Vererbung zurückzuführen«, aber mich hatte er aufgefordert, meine Tochter künftig etwas mehr an die Kandare zu nehmen. »Man muß ihr wenigstens zugute halten, daß sie bei den Noten bestimmt nirgends abgeschrieben hat.«
So nach und nach haben sich ihre Leistungen aber gebessert, und Rolf fand nun auch, daß ein Versuch nichts schaden könnte.
»Schicken wir sie also in Gottes Namen aufs Gymnasium. Noch dämlicher als die Jungs wird sie schon nicht sein!«
Ihre permanent schlechten Leistungen begründeten sie mit Antipathie der Lehrer, Schulstreß, unzumutbarem Leistungsdruck und Mangel an Interesse. »Was geht's mich an, wie lange Pippin der Kurze regiert hat«, maulte Sven, »ich will Gartenbau studieren.«
Zugegeben, als ich noch zur Schule ging, waren Geschichte und Erdkunde einfacher. Es war damals weniger, und es stimmte länger.
Aber lernen mußte ich auch!
»Gehört ihr in eurer Klasse wenigstens noch zur oberen Hälfte?« wollte Rolf wissen.
Sven griente verlegen. »Eigentlich mehr zu denen, die die obere Hälfte erst möglich machen.« »Wenn ihr hängenbleibt, nehme ich euch nach dem neunten Schuljahr raus und stecke euch in irgendeine Lehre, ist das klar?«
»Wie kann man bloß so intolerant sein«, empörte sich Sascha. »Einmal parken ist doch obligatorisch, und wie war das bei dir in der Obersekunda?«
»Damals habe ich ja auch acht Wochen im Krankenhaus gelegen!«
»Dafür sind wir dauernd umgezogen«, konterte Sascha, um dann beruhigend hinzuzusetzen: »Nun hab' keine Angst, eine Ehrenrunde ist in diesem Jahr noch nicht drin. Die heben wir uns für später auf.«
Und jetzt fing der ganze Leidensweg noch einmal von vorne an! Zum Glück freuten sich die Zwillinge auf die Schule, in der sie eine gehobenere Form des Kindergartens vermuteten.
»Hoffentlich lernen wir bald lesen«, hatte Katja unlängst einmal geseufzt, als sie ratlos in der Rundfunkzeitung blätterte. »Du sagst uns doch meistens, es gibt nichts für uns im Fernsehen. Und dann gibt es doch was! «
Ein genereller Gegner des Fernsehens bin ich nicht gerade, aber bei Kinder- oder Jugendsendungen wird die Sache manchmal problematisch. Wenn ich mir endlich darüber klargeworden bin, daß sich ein Programm für die Kinder nicht eignet, interessiert es mich selbst schon zu sehr, als daß ich es wieder abstellen könnte.
Die Zwillinge fieberten also ihrem ersten Schultag entgegen, die drei Großen dem letzten. Die Zeugnisverteilung sowie das daraus resultierende väterliche Donnerwetter waren bereits überstanden, und die gestreßten Schüler konnten den Sommerferien unbeschwert entgegensehen.
In diesem Jahr würde sich die Familie erstmalig zersplittern. Stefanie war von Christiane eingeladen worden und sollte mit ihr zusammen einen Teil der Ferien auf dem großväterlichen Bauernhof im Allgäu verbringen. Die Jungs hatten schon seit Wochen gemeutert und sich beharrlich geweigert, an einem Familienurlaub teilzunehmen.
»Immer bloß am Strand rumliegen und sich wie'n Spiegelei braten lassen – nee danke, diesmal ohne mich!« hatte Sven erklärt, unterstützt von Sascha, der seinen Mißmut noch deutlicher bekundete: »Ja, und nachmittags dann Kirchen besichtigen oder irgendwelche ollen Klamotten, die geschichtlich bedeutsam sein sollen. Da schlappt man dann stundenlang durch die Hitze und beguckt Mauersteine. Hardy ist im vergangenen Jahr in einem Sommerlager gewesen, und da war das ganz prima. In diesem Jahr geht er wieder, und
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