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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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  Die Katze unter den Bäumen
      
     

    Will zog seine Mutter an der Hand und sagte: »Komm weiter, bitte …«
    Aber seine Mutter zögerte. Sie hatte noch immer Angst. Will sah die im Abendlicht liegende schmale Straße hinauf und hinunter, musterte die Häuser hinter den kleinen Vorgärten und den Buchsbaumhecken. Auf der einen Seite funkelten die Fenster noch im Sonnenlicht, die andere Seite lag bereits im Schatten. Sie hatten nicht viel Zeit. Jetzt saßen die Leute beim Essen, aber bald würden Kinder auf der Straße sein und sie bemerken und neugierig anstarren. Es war gefährlich zu warten, aber er konnte seine Mutter nur überreden, nicht zwingen.
    »Mum, lass uns Mrs. Cooper besuchen«, sagte er. »Wir sind doch schon fast da.«
    »Mrs. Cooper?«, fragte sie unsicher.
    Aber da klingelte er schon. Er musste dazu die Tasche ab  stellen, weil er immer noch die Hand seiner Mutter hielt. Es hätte Will mit zwölf Jahren peinlich sein können, Hand in Hand mit seiner Mutter gesehen zu werden, aber er wusste, was geschah, wenn er sie losließ.
    Die Tür ging auf und eine gebeugte, ältere Frau erschien, seine Klavierlehrerin, umgeben von dem Lavendelduft, an den er sich noch so gut erinnerte.
    »Wer ist da?«, fragte die Frau. »William? Ich habe dich über ein Jahr nicht gesehen. Was willst du denn, mein Lieber?«
    »Ich möchte bitte reinkommen und meine Mutter mit  bringen«, sagte er fest.
    Mrs. Cooper musterte die Frau mit den ungekämmten Haaren und dem abwesenden, unbestimmten Lächeln, dann den Jungen, der ihren Blick entschlossen und unglücklich, mit zusammengepressten Lippen und vorgeschobenem Kinn erwiderte. Mrs. Parry, Wills Mutter, hatte nur ein Auge geschminkt, offenbar ohne es zu bemerken. Und auch Will war es nicht aufgefallen. Etwas war nicht in Ordnung.
    »Gut …«, sagte sie und trat zur Seite, um in dem engen Flur Platz zu machen.
    Will spähte noch einmal in beiden Richtungen die Straße entlang, dann schloss er die Tür. Mrs. Cooper sah, wie fest Mrs. Parry sich an die Hand ihres Sohnes klammerte und wie liebevoll er sie ins Wohnzimmer führte, in dem das Klavier stand (richtig, erkannte ja nur dieses Zimmer); sie bemerkte auch, dass Mrs. Parrys Kleider leicht muffig rochen, als ob sie vor dem Trocknen zu lange in der Waschmaschine gelegen hätten, und wie ähnlich die beiden einander sahen, als sie auf dem Sofa saßen, das volle Licht der Abendsonne auf ihren Gesichtern, mit ihren breiten Wangenknochen, den großen Au  gen und den geraden, schwarzen Augenbrauen.
    »Was ist los, William?«, fragte die alte Frau. »Was ist passiert?«
    »Meine Mutter braucht einen Ort, an dem sie ein paar Tage lang bleiben kann«, sagte der Junge. »Es ist im Augen  blick zu schwierig, sie zu Hause zu versorgen. Das heißt nicht, dass sie krank ist. Sie ist nur etwas durcheinander und macht sich Sorgen, aber sie wird Ihnen keine Mühe machen. Sie braucht nur jemanden, der nett zu ihr ist, und das könnten Sie doch wahrscheinlich leicht tun.«
    Die Frau starrte ihren Sohn an, offenbar ohne ihn zu verstehen, und Mrs. Cooper sah einen blauen Fleck auf ihrer Wange. Will hatte die Augen nicht von Mrs. Cooper gewandt, und auf seinem Gesicht lag Verzweiflung.
    »Sie kostet nicht viel«, fuhr er fort. »Ich habe etwas zu essen mitgebracht, das müsste eigentlich reichen. Sie können sich auch davon nehmen. Es macht ihr nichts zu teilen.«
    »Aber … ich weiß nicht, ob ich … Braucht sie nicht einen Arzt?«
    »Nein! Sie ist nicht krank.«
    »Aber es muss doch jemanden geben, der … ich meine, einen Nachbarn oder jemanden aus der Familie –«
    »Wir haben keine Verwandten, nur uns. Und die Nachbarn sind zu beschäftigt.«
    »Und eine Haushaltshilfe? Ich will dich ja nicht enttäuschen, aber –«
    »Nein! Nein, sie braucht nur ein wenig Hilfe. Ich kann in der nächsten Zeit nicht, aber es ist nicht für lange. Ich muss … ich muss etwas erledigen. Aber ich bin bald zurück und nehme sie dann wieder mit nach Hause, das verspreche ich Ihnen. Es ist nicht für lange.«
    Die Mutter sah ihren Sohn so vertrauensvoll an und er erwiderte ihren Blick mit einem so liebevollen Lächeln, dass Mrs. Cooper nicht nein sagen konnte.
    »Also gut«, sagte sie, an Mrs. Parry gerichtet, »für einen Tag oder so geht es sicher. Sie können das Zimmer meiner Tochter haben, sie ist in Australien und braucht es nicht mehr.«
    »Danke«, sagte Will und stand auf, als habe er es eilig.
    »Aber wo wohnst du denn jetzt?«, fragte

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