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Jeder stirbt für sich allein

Jeder stirbt für sich allein

Titel: Jeder stirbt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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nennt, denn es spart Scherereien und erleichtert die Arbeit gewaltig.
    Der Borkhausen ist in die erste Stube zurückgegangen und hat mit Kramen angefangen. Er hat gar nicht gemerkt, daß ihm sein Kumpel, der Enno, verlorengegangen ist. Der hat in der Speisekammer gestanden und ist bitter-lich enttäuscht gewesen, daß es da keinen gefüllten Gänsehals gegeben hat, sondern nur ein paar Bollen und ein halbes Brot. Aber er hat doch mit Essen angefangen, hat sich die Bollen in Scheiben geschnitten und hat sie aufs Brot gepackt, und auch das hat ihm nach seiner Hungerei gut geschmeckt.
    Wie Enno Kluge da aber so rumgekaut hat, ist sein Blick aufs untere Abteil des Regals gefallen, und er hat plötzlich gesehen, die Rosenthals, wenn sie auch nichts mehr zu beißen haben, zu trinken haben sie doch noch. Denn da unten im Regal haben Flaschen über Flaschen gestanden, Wein und auch Schnaps. Der Enno, der in allem immer ein mäßiger Mensch war, wenn's nicht grade um Pferdewetten ging, hat sich eine Flasche Süßwein geschnappt und zuerst dann und wann seine Zwiebelstullen mit Süßwein angefeuchtet. Aber weiß der Himmel, wie das gekommen ist, plötzlich ist ihm das labbrige Gesöff zuwider gewesen, ihm, dem Enno, der sonst drei Stunden hinter demselben Glas Bier hocken konnte. Jetzt hat er sich eine Flasche Kognak aufgemacht und rasch hintereinander ein paar Schlucke genommen, die halbe Flasche hat er in fünf Minuten leer gemacht. Vielleicht ist's der Hunger gewesen oder die Aufregung, was ihn so verändert hat. Das Essen hat er ganz aufgegeben.
    Dann hat ihn auch der Schnaps nicht mehr interessiert, und er ist den Borkhausen suchen gegangen. Der hat noch immer in der großen Stube gestöbert, hat die Schränke und die Koffer aufgemacht, und was drin verpackt war, auf die Erde geschmissen, immer auf der Suche nach etwas Besserem.
    «Junge, Junge, die haben wohl ihren ganzen Wäscheladen mitgenommen!» hat Enno ganz überwältigt gesagt.
    «Red nicht, hilf lieber!» ist des Borkhausens Antwort gewesen. «Bestimmt ist hier noch Schmuck versteckt und Geld - das waren doch früher reiche Leute, die Rosenthals, Millionäre - und du hast von faulen Fischen geredet, Ochse, der du bist!»
    Eine Weile haben die beiden schweigend gearbeitet, das heißt, sie haben immer mehr auf die Erde gerissen, und die hat mit Kleidern und Wäsche und Gerät schon so voll gelegen, daß sie mit ihren Schuhen drauf rumgetreten sind. Dann hat Enno, der vom Schnaps ganz benommen war, gesagt: «Ich seh nichts mehr. Ich muß mir erst 'nen klaren Kopf trinken. Hol mal ein bißchen Kognak aus der Speisekammer, Emil!»
    Der Borkhausen ist ohne Widerrede gegangen und mit zwei Flaschen Schnaps zurückgekommen, und da haben sie sich denn einträchtig zusammen auf die Wäsche gesetzt, haben einen Schluck um den andern getrunken und den Fall ernsthaft und gründlich diskutiert.
    «Das ist klar, Borkhausen, den ganzen Kram kriegen wir so schnell nicht weg, und zu lange wollen wir hier auch nicht sitzen. Ich denke, jeder von uns nimmt sich zwei Koffer, und damit hauen wir erst mal ab. Ich denke, morgen abend kommt wieder 'ne andere Nacht!»
    «Recht haste, Enno, zu lange will ich hier nicht sitzen, schon wegen der Persickes.»
    «Wer ist denn das?»
    «Ach, so Leute ... Aber wenn ich denke, ich haue mit zwei Koffern voll Wäsche ab und lasse hier einen Koffer mit Geld und Schmuck stehen, dann möchte ich mir selbst den Kopf abbeißen. Ein bißchen mußte mich noch suchen lassen. Prost, Enno!»
    «Prost, Emil! Warum sollste nich noch ein bißchen suchen? Die Nacht ist lang, und wir bezahlen die Lichtrech-nung doch nicht. Aber was ich dich fragen wollte: Wo willst du denn mit deinen Koffern hin?»
    «Wieso? Was meinste denn damit, Enno?»
    «Na, wo du die hinbringen willst? Wohl in deine Wohnung?»
    «Na, denkste, ich schaff sie aufs Fundamt? Klar schaff ich die in meine Wohnung, bei meine Otti. Und morgen früh nischt wie ab damit in die Münzstraße und die ganze Sore verscheuert, damit der Vogel wieder zwitschert!»
    Enno rieb den Korken am Flaschenhals. «Hör mal lieber, wie der Vogel zwitschert! Prost, Emil! Ich, wenn ich du wäre, ich machte das nicht wie du, in die Wohnung und überhaupt bei die Frau - was braucht die Frau von deinen Nebeneinnahmen zu wissen? Nein, ich, wenn ich du wäre, ich machte es wie ich, nämlich, ich gäbe die Koffer auf dem Stettiner in die Gepäckaufbewahrung, und den Hinterlegungsschein, den schickte ich mir selbst, aber

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