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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Tee, und jetzt waren alle diese Gedanken wieder da, verschlimmert durch seine Müdigkeit.
    Er hörte, wie sich die Wohnungstür öffnete und wieder schloss. Thorolf kam heim. Er fragte sich, in was für einer Laune sich sein Wohnungsgenosse befinden würde. Im Gegensatz zu Ians Logenbrüdern gab sich der Künstler keine Mühe, seinen emotionalen Status zu verbergen. Vorlieben und weniger Geschätztes, Frustration und Freude strahlten immer um ihn herum wie eine Aura. Man konnte auch nicht eben behaupten, dass er seine neue Situation mit würdevoller Gefasstheit aufnahm. Am Morgen war er noch sehr verstört gewesen, wütend und bitter, was seine eigene Lage anging, und noch zorniger darüber, dass er das Mädchen verloren hatte.
    Ian hatte Schwierigkeiten, sich vorzustellen, dass sie vollständig verloren war. Wissenschaftler des Arkanen neigten dazu anzunehmen, dass auf irgendeiner Ebene des Seins die meisten Dinge einen Sinn ergaben oder zumindest zusammenpassten, und wenn einem das nicht so schien, so war das nur, weil derjenige, der in der vermeintlich sinnlosen Situation steckte, nicht den Gesamtzusammenhang erkennen konnte. Dieser war allerdings grundsätzlich zu groß, um vom Durchschnittsmensch überhaupt erfasst zu werden, und meist auch größer, als dass der Durchschnittsmagier ihn zu durchschauen vermochte. Man konnte die schmerzhaften Wirrnisse des Lebens im Grunde also nur als sinngebend innerhalb eines Gesamtkontextes verstehen, wenn man sich bereits jenseits der menschlichen Auffassungsgabe befand.
    Jedenfalls zog Ian es genau deshalb vor, nicht an den Tod des Mädchens zu glauben, denn nach einer so kurzen Begegnung mit ihrem geheimen Bewunderer ergab ihr Ableben keinen Sinn. Ein Meister des Arkanen mochte hier die Wahrscheinlichkeiten errechnen. Ian konnte sich nur auf seinen Instinkt verlassen.
    Als Thorolf eintrat, sah er allerdings nicht unglücklich aus. Eher schuldbewusst und unsicher.
    „Guten Abend.“ Ein etwas verschämtes Lächeln glitt über seine Züge, und graue Augen gingen zwischen Ian und der Tasche, die Thorolf trug, hin und her. In der anderen Hand hielt er eine Milchkanne und setzte sie auf dem Tisch ab.
    „Du hast Milch gekauft? Die wird sauer werden. Wir haben noch welche.“
    „Stimmt. Aber die ist nicht für uns, sondern für unseren Gast.“
    „Wir bekommen einen milchtrinkenden Gast?“
    Thorolf stellte nun auch seine Tasche auf den Tisch und öffnete sie vorsichtig. Mit beiden Händen griff er hinein und hob eine kleine, rötlich getigerte Katze heraus.
    „Ich habe uns einen Mäusefänger besorgt“, sagte er.
    „Wir haben keine Mäuse“, erwiderte Ian und besah sich die hochbeinige junge Katze, die eben aus Thorolfs Händen auf den Tisch stieg. Blasse, goldbraune Augen blickten ihn misstrauisch an. Etwas zu große Ohren zuckten, und die Katze trat einen zierlichen Schritt vor.
    „Ich habe sie in der Neuhauser Straße gefunden. Ein riesiger Hund hat sie gejagt und hätte sie fast zerrissen. Sie ist mir direkt in die Arme gehüpft. Ich habe den Hund getreten.“
    „Und die Katze gerettet.“
    „Ja. Stimmt.“
    „Dann hast du entschieden, sie in Sicherheit zu bringen.“
    „Es war eher ihre Entscheidung. Als ich sie wieder auf den Boden gesetzt hatte, um sie in die Freiheit zu entlassen, ist sie mir die Beine hochgeklettert und hat sich in mein Hemd gekrallt. Sie hatte fürchterliche Angst.“
    „Also hast du ihr Asyl geboten.“
    „Macht es dir etwas aus?“
    Ian sah das Tier an und streckte eine Hand nach ihm aus, um ihm den Rücken zu streicheln. Es duckte sich, glitt darunter hinweg, als versuche es Wirbel für Wirbel der Liebkosung zu entgehen. Als die Bewegung zuende war, hatte sich die Katze komplett umgedreht und blickte nun Thorolf an.
    „Verdammt gelenkige kleine Biester. Bist du dir sicher, dass es eine Sie ist? Könnte es nicht auch ein Kater sein?“, fragte Ian.
    „Ich weiß nicht. Ich habe einfach angenommen, dass sie eine Katze ist. Sie ist so zart und hübsch.“
    „Wir können ja nachschauen.“ Ian griff nach ihrem Schwanz, der ärgerlich zuckte. Die Katze fauchte und sprang herum, blickte ihn schockiert und empört an. Klitzekleine spitze Zähnchen wurden allzu deutlich sichtbar. Ein Pfötchen mit ausgefahrenen Krallen schlug durch die Luft, dorthin, wo eben noch seine Hand gewesen war.
    Einen Augenblick später wirbelte die Katze herum und protestierte mit einem unglücklichen Miauen. Diesmal hatte Thorolf versucht, ihr Geschlecht

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