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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Übertretung der Regeln des Anstands.
    Eine zu hohe Strafe dafür, dass sie nur einen Brief hatte expedieren wollen.
    Was sie nun tun sollte, wusste sie nicht. Was tat man, wenn einen jemand in ein Tier verwandelte? Unter all den Unterrichtsstunden, die sie durchlitten hatte, war nicht eine gewesen, die sie auf eine solche Situation vorbereitet hätte.
    Sie wollte zu Hause sein, im Bett, und einige Male versuchte sie verzweifelt aufzuwachen.
    Doch sie war wach. Dies war kein Traum. Sie würde ihr Bett nie wiedersehen, ihr Zuhause auch nicht, sofern sie nicht jemanden fand, der sie zurückverwandelte. Eine Katze wollte sie nicht bleiben, obgleich sich trotz all ihrer Angst auch ein neues Gefühl einstellte. Das absoluter Freiheit, wie sie sie noch nie gekannt hatte.
    Sie fragte sich erneut, was wohl Lord Edmond geschehen war. Hatte ihn das Ungeheuer umgebracht? Der Gedanke lähmte ihr die Atmung. Oder war er nun auch eine Katze und lief in einem Hinterhof herum? Waren vielleicht alle Katzen verzauberte Menschen? Ein paar Dinge würde das erklären.
    Sie hoffte, dass er überlebt hatte. In Stücke gerissen zu werden war nicht nur grausam, sondern auch unwürdig. Sie sah sein schönes, eindringliches Gesicht voller Blut vor sich. Schnell versuchte sie, das Bild zu unterdrücken. Sie wollte ihn nicht verlieren. Nicht so. Sie fühlte sich ihm so seltsam nah, als hätte sie ihn ein Leben lang gekannt. Seinen Tod würde sie kaum ertragen. Sie hatte ihre leibliche Mutter und ihren kleinen Bruder verloren. Auf gewisse Weise sogar ihren Vater. Lord Edmond konnte sie nicht auch noch verlieren. Er war das einzige, was noch übrig war, der einzige, der ihrem Herzen noch ein Heim bieten konnte.
    Wo war diese Spinne nur hergekommen, und wo war sie hin? War sie noch in der Nähe? Jagte sie sie noch? Würde sie ihr bereits an der nächsten Ecke wieder entgegenkrabbeln und sie verfolgen? Was war das für ein Blitz gewesen, der an ihr vorbeigezuckt war?
    Der erste Hof, in den sie sich nach ihrer wilden Flucht verkrochen hatte, brachte weitere Unbill in Form der nassen Dusche von irgendetwas Undefinierbarem.
    Sie brauchte einige Zeit, sich von dieser Attacke und von der Erkenntnis, dass derlei Benehmen ihr gegenüber nun an der Tagesordnung sein würde, zu erholen. Mit einem Mal war die Riesenspinne nur noch ein Feind unter vielen. Sie lief voller Jammer und Elend weiter, allein und frierend, und fand schließlich einen einigermaßen geschützten Ort, der einen sicheren Eindruck machte.
    Hier gab es eine Pferdetränke mit Pumpe, Wasser glitzerte im Becken, und ihr wurde mit einigem Schrecken bewusst, wie ekelhaft schmutzig sie war. Kohlestaub lag auf ihrem Fell und Schlamm bedeckte ihre Pfoten. Sie hatte keine Schuhe an. Genauer gesagt hatte sie gar nichts an. Ihr Kleid war auf der anderen Seite des Zaunes zurückgeblieben.
    Sie musste sich waschen. Ehe sie irgendetwas anderes tat, musste sie sich dringend säubern. Es war mit einem Mal von ungeheurer Wichtigkeit. Zwingend erforderlich.
    Sie erklomm den hölzernen Rand der Tränke und besah sich ihr Spiegelbild im Wasser. Es war, wie es war. Sie sah ein rotes Tigerkätzchen mit großen Augen und riesigen Ohren, eine so hübsche Katze wie sie ein hübsches Mädchen gewesen war. Hübsch, aber nicht besonders aufregend, und dreckig und verklebt, doch das zumindest konnte man ändern.
    Sie streckte ihre Pfote gen Wasser, aber nur, um sie eine Sekunde später schon wieder zurückzuziehen. Es war kalt, und es war geradezu widerlich nass. Dass Wasser überhaupt so nass sein konnte, war ihr früher nie aufgefallen. Trockner hätte sie es bei Weitem vorgezogen.
    Das war lächerlich. Sie war eine zivilisierte junge Dame, keine Katze. Sie sah nur wie eine aus. Katzen mochten kein Wasser, sie aber schon. Die Tränke war nicht tief. Nicht einmal eine Katze konnte darin ertrinken. Sie musste nur hineinspringen, untertauchen und sich waschen.
    Sie gab ihrem Körper das Kommando, ins Wasser zu springen, doch das Fleisch war weniger willig als der Geist. Der mochte ja menschlich sein. Ihr Körper hingegen war das ganz offensichtlich nicht, und Katzen sprangen nicht in Wannen mit Wasser.
    Eine Weile blieb sie reglos am Rand sitzen, dachte über ihre Möglichkeiten nach und darüber, was sie um Himmels willen mit ihrem Schwanz anstellen sollte, der jetzt, da sie nicht mehr panisch floh und über Mauern hechtete, irgendwie sehr im Weg war, zumindest wenn man drüber nachdachte. Sie zuckte ärgerlich mit

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