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Jerry Cotton - 0568 - Die unheimliche Witwe

Jerry Cotton - 0568 - Die unheimliche Witwe

Titel: Jerry Cotton - 0568 - Die unheimliche Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
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Er blickte auf seine Schulterhalfter und erwog, den Revolver mit in die Diele zu nehmen. Er verzichtete schließlich darauf, weil er keine Lust hatte, sich einen von Vickys spöttischen Blicken einzuhandeln. Erstens fürchtete er sich nicht vor dem Besucher, und zweitens wußte er, daß Mörder sich nicht telefonisch anzumelden pflegten.
    Schweigend ging er hinaus und öffnete die Wohnungstür. Der Mann, der vor ihm stand, war etwa dreißig Jahre alt. Er trug einen lose sitzenden Sportsakko aus blaßgrünem Tweed. Hemd und Krawatte waren gut darauf abgestimmt. Die graue Hose hatte messerscharfe Bügelfalten. Trotz des adretten Äußeren sah Paul Ramsgate keinen Grund, dem Besucher höflich oder erleichtert entgegenzutreten. Paul war lange genug in seinem Beruf, um hinter dem schmallippigen Gesicht des Fremden Cleverness, Brutalität und Rücksichtslosigkeit zu wittern.
    »Bitte?« fragte er kühl.
    »Ich bin Jesse Ferguson«, stellte der Mann sieh vor. Er hatte ein dünnes unangenehmes Lächeln, das wie festgeklebt in seinen Mundwinkeln hockte und seinen Zügen einen überheblicharroganten Anstrich gab.
    »Machen Sie’s kurz«, sagte Paul. Er hatte nicht vor, Ferguson in die Wohnung zu bitten.
    Ferguson blickte über seine Schulter. Dann grinste er Paul ins Gesicht. »Sie sollten mich nicht hier draußen abfertigen«, meinte er. »Schließlich geht es um Ihre Beförderung — und um Ihre reizende kleine Frau.«
    Paul schwieg einige Sekunden. Er brauchte eine Atempause, um den aufsteigenden Zorn und die damit verbundene Überraschung hinunterzuwürgen. Dann führte er den Besucher in das Wohnzimmer. Ferguson schaute sich spöttisch darin um. Paul berfierkte erst jetzt, daß Ferguson ein paar zusammengerollte Zeitschriften unter dem Arm trug.
    »Also?« schnappte Paul.
    Ferguson setzte sich, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Er warf die Zeitschriften auf den Tisch. Das obenauf liegende Magazin nannte sich »T«. Sein Titelbild zeigte eine kniende Frau, deren einzige Bekleidung aus einer kess gebundenen Haarschleife bestand.
    Ferguson beendete seine Inspektion der Einrichtung. »Man kann nicht behaupten, daß Sie wie ’n Lord wohnen«, spottete er. »Kaufhausware aus den fünfziger Jahren. Warum schaffen Sie sich nicht was Hübscheres an? Sie haben eine tolle Frau. Vicky verdient, daß sie ’n bißchen verwöhnt wird.«
    An Pauls Schläfen schwollen die Adern. Er beherrschte sich jedoch und sagte ruhig: »Kommen Sie zur Sache, Ferguson. Kennen Sie meine Frau?«
    »Nicht persönlich, leider!« meinte Ferguson. »Aber von Bildern. Mann, ist das ’ne Puppe!« Als Paul einen Schritt auf ihn zumachte, hob Ferguson wie beschwörend beide Hände. »Nichts für ungut, mein Lieber, ich sage bloß das, was die meisten denken.«
    »Meine Frau war Fotomodell«, sagte Paul barsch und ungeduldig. »Was hat dieser Umstand mit meiner Beförderung zu tun?«
    »Eine ganze Menge, Ramsgate. Ehe man Polizeioffizier wird, pflegt sich das Headquarter ‘davon zu überzeugen, daß die Familienverhältnisse geordnet sind — oder?«
    »Ich brauche Ihre Belehrungen nicht, ich kenne die Vorschriften.«
    »Das ist prächtig«, höhnte Ferguson. »Es wird unserer Unterhaltung zugute kommen.« Er schlug eines der Magazine auf und schob es Paul hin. »Das ist mein Lieblingsfoto Ihrer Frau — einfach Klasse, was?«
    Paul Ramsgate blieb buchstäblich die Spucke weg. Das ganzseitige Aktfoto auf Kunstdruckpapier war technisch ohne Makel. Es war fabelhaft ausgeleuchtet und ließ die sanfte warme Zartheit von Vickys Haut klar hervortreten.
    Vicky hatte auf dem Bild ein Bein unter ihren Körper gezogen. Der Oberkörper war zurückgebogen; ihre Augen zeigten einen lockenden Glanz, und die vollen weichen Lippen waren herausfordernd geöffnet.
    »Na ja«, meinte Ferguson, »es gibt ähnlich gute Bilder — aber das gefällt mir doch am besten.«
    Paul sah, daß es ein neues Bild war. Es konnte keine drei Monate alt sein. Er hatte keine Ahnung davon gehabt, daß Vicky sich noch immer fotografieren ließ — und er erfuhr zum erstenmal, daß sie sich sogar für Aktfotos hergab.
    »Es ist Kunst, pure Kunst«, behauptete Ferguson mit einem schmutzigen Grinsen. »Dummerweise denken manche Leute anders darüber. Sie zum Beispiel wissen genau, wie groß die Anzahl der Spießer gerade bei der Polizei ist.«
    »’raus!«' brüllte Paul. »Los, verschwinden Sie!« Er atmete heftig. Er mußte mit Vicky sprechen, und zwar sofort — aber nicht vor dieser

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