Jerry Cotton - 0568 - Die unheimliche Witwe
Eile und dachte, es wäre nicht so schlimm, wenn ich Fidel Castro übergehe.«
Sein Grinsen vertiefte sich. »Ich bin Berry. Mir gehört der Laden hier.«
»Wunderbar«, sagte ich und streckte ihm meinen Finger entgegen. »Dann können Sie mir auch erklären, was es damit für eine Bewandtnis hat?«
»Farbe«, sagte er. »Wir stehen auf Rot. Es ist die Farbe der ›Killer‹. Das ist keine politische Manifestation. Rot ist aggressiv, deshalb verwenden wir es.«
»Blut ist noch aggressiver«, sagte ich. Ich ließ die Hand fallen und wuchtete einen der Stapel beiseite, um dahinterblicken zu können.
Ich pfiff leise durch die Zähne, als ich den Mann am Boden liegen sah. Er schien mir ins Gesicht zu starren, aber seine Augen waren tot, sie konnten nichts mehr erfassen.
Ich wandte mich um. Berry war leichenblaß. Die Hand, mit der er die Fotos hielt, zitterte leicht. Ich ging auf ihn zu und nahm ihm die Fotos ab. Sie waren technisch gut gemacht. Das Girl auf den Bildern war jung, attraktiv und fabelhaft gewachsen.
»Wer ist das?« fragte ich ihn.
»Ein Modell«, antwortete er kaum hörbar. »Ich wollte Patty die Fotos zeigen. Sie ist neu in der Branche und muß lernen, wie man vor der Kamera posiert.«
»Ich spreche von dem Toten«, sagte ich und ließ die Fotos sinken. »Wer ist es?«
Berry trat einen halben Schritt zurück und prallte gegen eine Setzmaschine. »Wovon, zum Teufel, sprechen Sie?«
»Werfen Sie mal einen Blick hinter den Stapel«, forderte ich ihn auf. Er gehorchte, wenn auch nur zögernd. Als er sich mir zuwandte, hatte sein Gesicht eine leicht grünliche Färbung angenommen.
»Das ist mal eine tolle Schlagzeile, was?« fragte ich bitter. »Die ›Killer‹ werden aktiv und beginnen, ihrem Namen alle Ehre zu machen.«
»Glauben Sie im Ernst, wir hätten etwas damit zu tun?« stieß er hervor. Er schwitzte. Ich sah, daß er sich fürchtete. Ich bückte mich erneut hinter den Stapel und griff nach dem Handgelenk des Toten. Es war kalt, aber die Leichenstarre war noch nicht eingetreten.
»Er ist noch keine drei Stunden tot«, sagte ich.
Der Mann war so um die Dreißig herum. Er'hatte ein kantiges, nicht unsympathisches Gesicht, das Gesicht eines Mannes mit Charakter und Würde. Die Kugeln hatten ihn von vorn getroffen. Ich zählte zwei Einschüsse.
Der Tote trug kein Jackett. Sein Schlipsknoten war verrutscht, und unter seinem linken Auge zeichnete sich eine blaue Färbung ab. Möglicherweise hatte der Mann vor seinem Ende eine Schlägerei gehabt.
Ich sah noch etwas. Unter seiner linken Achsel klebten einige grüne Fasern an dem stark verknitterten Hemd. Meine Hemden sahen ähnlich aus. Die meisten ledernen Schulterhalfter sind auf der dem Körper zugewandten Seite mit grünem Filz belegt. Wenn man schwitzt, hinterläßt dieses Material Spuren auf dem feuchten Stoff. Der Tote hatte demnach eine Schulterhalfter getragen, entweder als Gangster oder als Polizist.
Ich bezweifelte, daß er ein Gangster gewesen war. Er sah einfach nicht so aus.
Ich drehte mich um. Ich versuchte es jedenfalls. Meine Bewegung wurde jäh von einem scharfkantigen Gegenstand gestoppt, der mich hart an der Schläfe traf. Ich bemühte mich noch, meinen Smith and Wesson aus der Halfter zu reißen, aber meine Hand war außerstande, den Befehl des Gehirns auszuführen.
Ein zweiter Schlag traf mich ebenso hart, brutal und gezielt. In meinem Schmerz glaubte ich, grelle, leuchtende Farben zu sehen. Doch sie versanken Sekunden später in plötzlicher Dunkelheit.
An dem Zeitungsstapel entlang rutschte ich zu Boden. Mein Kopf rollte haltlos zur Seite, und ich verlor das Bewußtsein.
***
Ich erwachte von den plärrenden Klängen eines Radios. Blinzelnd hob ich die Lider. Sie waren bleischwer. Ich lag neben dem fremden Blutrinnsal auf dem Rücken. Die Radiomusik kam aus einem Nachbarwohnwagen.
Berry war verschwunden.
Ich griff instinktiv nach meinem Revolver, nach der Dienstmarke und der Brieftasche. Nichts fehlte.
Ich stemmte mich hoch und schloß kurz die Augen, um das Schwindelgefühl abklingen zu lassen, das durch die Bewegung ausgelöst worden war. Mir fiel der Tote ein. Ich blickte hinter die Zeitungsstapel.
Die Leiche war nicht mehr an ihrem Platz.
Ich schleppte mich in den Atelierwagen. Die teuere Kamera stand nicht mehr auf dem Stativ. Auch das Mädchen Patty war verschwunden. Sonst hatte sich nichts verändert.
Das Radio spielte auf einem kleinen Wandbrett, das gleichzeitig als Flaschenregal diente. Ich
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