Jerry Cotton - 0570 - Das Rezept des Teufels
angerückt, und sie haben erst einmal den Block umstellt, um verdächtige Gestalten anzuhalten. Einen Automatenknacker haben sie bereits erwischt. Joe Brandenburg und Les Bedell durchsuchen die Häuser. Aber niemand weiß, wen wir suchen müssen.«
»Ich auch nicht«, gab ich zu. »Das Ding kam von irgendwoher aus der Dunkelheit geflogen.«
»Ein wahres Teufelsding.«
Ich drehte mich um. Als Hudson, unser Sprengstoffsachverständiger, war herangekommen. Auf einem weißen Tuch hielt er ein paar Glasscherben.
»Ist es das?«, fragte ich.
»Ja, Jerry - ein Ding, das der Teufel selbst erfunden haben muss. Dieser Teufel arbeitet nach einem verdammt hässlichen Rezept.«
Wir betrachteten nachdenklich die Glasscherben, die Al Hudson uns präsentierte. Die Scherben waren dick und braun. Vermutlich stammten sie von einer Whiskyflasche. Darunter lagen jedoch andere Scherben. Farblos und dünn.
»Es waren aber keine zwei Wurfgeschosse«, sagte ich sofort.
Al schüttelte den Kopf. »Nein, Jerry. Es war ein Wurfgeschoss, wie du sagst. Das bestand aber aus mehreren Teilen, nämlich vermutlich aus einer dickwandigen Flasche und aus mindestens einer dünnen Glasphiole, einem dünnwandigen Gefäß, das auf jeden Fall bei einem Aufprall um Sekundenbruchteile früher zerbrechen musste als die eigentliche Flasche. Ich kann dir das beweisen, denn bei den Festigkeitsverhältnissen…«
Er brach ab und schaute uns mit einem raschen Blick an. »Ihr interessiert euch ja doch nicht für die Einzelheiten«, fuhr er dann fort. »Also, das Ganze war ein Ding, das bei Guerilla- und Partisanenkämpfen sehr oft benutzt wird. Am bekanntesten ist es unter dem Namen Molotow-Cocktail. Der Name stammt aus dem zweiten Weltkrieg. Es handelt sich schlicht und einfach um eine Flasche voll Benzin oder einer anderen hochexplosiven Flüssigkeit, mit der man beispielsweise Panzer knacken kann, wenn man das Ding so wirft, dass es auf heißen Motorabdeckungen oder Auspuffrohren landet. Später hat man die Technik verbessert und verschiedene Zünder montiert, sodass diese Dinger auf jeden Fall explodieren. Dies Ding allerdings ist nach einem besonders teuflischen Rezept gefertigt worden.«
Er machte eine Pause.
»Mach es nicht so spannend«, drängte Phil ungeduldig.
»Soviel ich bis jetzt sagen kann, befand sich in der dünnen Glasphiole reiner Phosphor als Zünder. Das ist zwar noch nicht amtlich, aber ich bin sicher, dass die Laboruntersuchungen zum gleichen Ergebnis führen. Die Kombination Benzin - Phosphor ist das Schrecklichste, was man sich auf diesem Gebiet vorstellen kann. Mich wundert es, dass es hier nicht zu einem verheerenden Brand kam.«
»Wenn du es so sagst«, sagte ich leise, »dann wundert es mich nicht, dass die Ärzte dem Mann, mit dem ich hier zusammenstand, keine Chance mehr geben. Er hat wohl die ganze Ladung mit seinem Körper aufgefangen.«
Al Hudson schloss einen Moment die Augen. »Unvorstellbar«, sagte er dann.
»Deine Rückschlüsse aus deiner Feststellung?«, fragte ich.
»Expertenarbeit, Jerry«, sagte er, ohne überlegen zu müssen. »Ein Laie kann nicht mit reinem Phosphor umgehen. Selbst ein Fachmann benötigt ein komplett eingerichtetes Labor, weil ihm das Zeug unter den Händen hochgehen würde, wenn er improvisieren müsste. Weißt du, um was es hier überhaupt ging?«
Ich schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Der Mann wollte gerade reden, als das Teufelsding explodierte.«
»Ich nehme jetzt alles mit ins Labor und mache dir heute Nacht noch den Bericht.«
»Heute Nacht noch?«, wunderte sich Phil.
»Ja heute Nacht noch, denn ich glaube, dass ihr euch mit Washington in Verbindung setzen solltet. Je mehr ich überlege, umso mehr komme ich zu der Überzeugung, dass das hier kein Kriminalfall ist.«
»Sondern?«, fragte ich und nickte unseren Kollegen Joe Brandenburg und Les Bedell zu, die gerade zu uns getreten waren - ohne einen Mann, der als Bombenwerfer in Betracht kam.
»Es sieht verteufelt nach Sabotage aus, Jerry, nach einem politischen Fall also. Möglicherweise stammen die Phosphorzünder aus ausländischen Speziallabors.«
***
Bill Steinberg, der 19jährige Gangsterboss, nahm seine Zigarette aus dem rechten Mundwinkel in den linken. Dafür schloss er den linken Augendeckel und öffnete den rechten.
Die Gangster Herbert Ransom und Norman Shild standen in achtungsvoller Entfernung nebeneinander und machten Gesichter wie Laurel und Hardy nach dem berühmten Stummfilmgag mit der Sahnetorte, die
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