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Pelbar 6 Das Lied der Axt

Pelbar 6 Das Lied der Axt

Titel: Pelbar 6 Das Lied der Axt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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EINS
    In Tristal brodelte ein Durcheinander von Gefühlen.
    Jedesmal, wenn die Vorstellung in seinen Gedanken nach oben getragen wurde, legte er sich stärker ins Ruder, ohne Rücksicht auf die Frühjahrsströmung, nur ungern entfernte er sich von dem Holz, das auf dem Frühlingshochwasser flußabwärts getrieben wurde.
    »Langsam, Tris«, sagte sein Onkel vom Heck des Pfeilbootes her. Es war lange nach Sonnenhochstand, der dritte Tag, seitdem sie Nordwall verlassen und die lange Reise ins Eisland angetreten hatten. Raran, Tristals Hündin, saß behaglich in der Mitte des langen Pfeilbootes und spitzte die Ohren, als Tristal an ihr vorbei nach hinten blickte.
    »Bin ich zu schnell für dich?« fragte er seinen Onkel.
    Tor lachte ein wenig, antwortete aber nicht. Im Sommer zuvor war ihm die rechte Hand weggeschos-sen worden, und mit den Lederriemen, die es ihm gestatteten, das Ruder zu halten, war es ein wenig schwerer, Schlag für Schlag mit Tristal im Takt zu bleiben. Seine lange Axt lag zwischen seinen Füßen in ihrer Scheide, mit der Klinge nach oben.
    Eine Weile ruderten sie weiter, ohne zu sprechen.
    Schließlich sagte Tor: »Du mußt nicht mitkommen, Tris. Du kannst zurückfahren. Ich gebe dir das Boot.
    Für mich ist Laufen ohnehin besser. Wenigstens zwei Füße habe ich noch. Aber ...«
    »Ich komme mit. Aber was?«
    »Aber ... wenn du am Anfang des Rennens schon Honig trinkst, was kann dann beim Sieg noch für eine Belohnung winken?«
    »Honig? Aven weiß, daß ich bisher wenig genug Honig getrunken habe, Onkel.«
    »Und wenn man einmal eine schöne Hochebene erstiegen hat und dort wohnt, fällt es einem schwer, noch höher hinaufzuklettern.«
    Tristal spürte Zorn in sich aufwallen und ruderte schweigend weiter. Wer hatte es seinem Onkel gesagt? Hatte er es erraten, geahnt, vermutet, wie ge-wöhnlich? Der junge Mann hatte von seiner aufre-genden Begegnung mit Fahna am Abend vor der Abreise aus Nordwall nichts erzählt.
    Er hatte Angst vor ihr, dem stürmischen, schönen Mädchen, bei deren Anblick, wenn sie vorüberging, sogar erwachsene Männer die Luft anhielten. Einmal hatte er gewagt, sie ›Distel‹ zu nennen, wie es ihre Familie tat, und da hatte sie ihm einen Blick zugeworfen, bei dem er ganz klein wurde, und hatte ihm den Rücken zugekehrt. Er wich ihr aus.
    Aber als er am Rand des Hügels in der Nähe von Jestaks Haus gestanden hatte und gerade den Weg zum Fluß hinuntergehen wollte, hatte er hinter sich ein leises Scharren gehört, und als er herumwirbelte, stieß er beinahe mit Fahna zusammen und spürte ihre schnellen Atemzüge auf seiner Wange, als sie sich herüberbeugte und ihn küßte. »Du brauchst nicht zu gehen!« hatte sie geflüstert. »Du kannst hierbleiben.
    Laß ihn allein gehen! Ich ... ich kann es nicht ertragen, daß du fortgehst und nie zurückkehrst.«
    »Aber ich muß doch«, hatte er gesagt. »Und was willst du ...«
    »Halt den Mund, du Dussel! Was ist los mit dir?
    Küß mich«, flüsterte sie. Er zögerte. Sie funkelte ihn an; ihre Augen blitzten ihn im Dunkeln an. »Nicht erst morgen!«
    Verwirrt hatte er die Arme um sie gelegt, hatte ge-spürt, wie ihre weichen Lippen die seinen berührten und ihre Arme ihn wie zarte Bande umschlangen, und er hatte den Schimmer fremdartigen Lichts empfunden, als ihr junger Atem ihn anhauchte, sie murmelte, während sie ihn küßte, und der Schimmer durchdrang ihn, hob ihn auf und setzte ihn dann sanft ab, sie löste sich langsam von ihm, beugte sich zitternd ein wenig zurück und atmete tief.
    »Zum Teufel mit dir!« flüsterte sie. »Dann geh doch! Ich werde auf dich warten. Sieben Jahre, keine Sonnenbreite länger. Wenn du dann nicht kommst, sehe ich dich niemals wieder an. Du bist nicht wie die anderen. Entweder sind sie blind oder du. Was von beiden?«
    Sie reckte sich und küßte ihn noch einmal leicht auf die Backe, dann sagte sie: »Nun ...«
    »Ich werde kommen«, sagte er verwirrt.
    Da rannte sie davon, ließ ihn stehen wie einen Pfosten, und er spürte erst jetzt in der Erinnerung wirklich, wie sich der feste und doch so weiche Körper an ihn drückte, so anders, so vollkommen, so unmöglich für ihn. Dann hatte er Raran unten am Fluß bellen hö-
    ren, hatte sich umgedreht und war in der Dunkelheit zu Tor hinuntergestolpert, so durcheinander, daß Tor ihn erstaunt beobachtete, während sie den Rest ihrer Vorräte für die Reise festzurrten.
    Da erst begriff er, daß er ihr das einfache Shumai-Versprechen gegeben hatte, das

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