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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Volk
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ist hier nicht erwünscht. »Wenn Sie seit drei Monaten existieren, hier aber nicht gemeldet sind, macht das 3 5 Euro Strafe pro Person für die verspätete Anmeldung. Plus 2 0 Euro Anmeldegebühr. Macht dann 90. Zahlen Sie bar?« Ich bin ja ein Fuchs, auch wenn meine Augenbrauen braun sind. Jetzt sträuben sie sich. »Tja, huch, da hab ich mich wohl geirrt und die GbR existier t – lass mich überlege n – seit gestern. Dann melde ich uns jetzt mal schnell an.« Ihre Augenbrauen tanzen Foxtrott. »Das tut mir aber leid.« GELOGEN, denke ich. Augenbraue räuspert sich genüsslich: »Das tut mir wirklich lei d – aber das geht nicht. Zum Anmelden müssen Sie beide hier erscheinen.« Irre ich mich, oder sehe ich einen Hauch von Knollennase über ihre Züge huschen? »Och«, sage ich und ziehe meinen Trumpf aus dem Ärmel beziehungsweise Frau Knechts Ausweis aus meiner Handtasche: »Zufällig habe ich Frau Knechts Ausweis mit und eine von ihr unterschriebene Vollmacht. Zum Ummelden.« Knapp verkneife ich mir, »TATA!« zu sagen. Nur ein Doof geht unvorbereitet zu Ämtern und verbringt den Rest seines Lebens im Wartezimmer. Ausweise und Vollmachten, Geburtsurkunden, Anmeldungen, Steuerbescheide und die Quittung aus der Nackt-Bar gehören zur Grundausstattung, wenn man aufs Amt geht. Die rote Gewerbeamt-Mitarbeiterin scannt Frau Knechts Vollmacht. Plötzlich hüpfen ihre Augenbrauen fröhlich über die Stirn Richtung Nackenspeck. »Das tut mir jetzt leid. Aber das ist eine Vollmacht zum Ummelden. Keine Vollmacht zum Anmelden. Schade, schade.« Ich bring sie um, denke ich, wähle dann aber doch den philosophischen Ansatz: »Nu n – Frau Knecht hätte mir ja keine Vollmacht zum Ummelden unterschrieben, wäre sie nicht davon ausgegangen, dass wir bereits angemeldet sind. Implizit ist ergo jede Vollmacht zum Ummelden eine Vollmacht zum Anmelden.«
    »Kommen Sie mir nicht so!« Energisch schiebt ein weißes Händchen die rettende Knecht’sche Vollmacht in meine Richtung. »Kommen Sie ein andermal wieder.« Fast will ich verzweifeln, da rettet mich ein Geistesblitz. Selbst wenn sie sie nicht benutzen, verfügen Ämter dennoch über eine gehobene Ausstattung an Kommunikationsmitteln. »Und wenn Frau Knecht mir jetz t – hierhi n – eine Vollmacht zur Anmeldung faxt?« Stille. Die bleiche Kollegin rechts rührt sich nicht. Augenbraue unternimmt mehrere Anläufe, einen Fehler zu finden, die Zunge erscheint zwischen den Lippen, züngelt von links nach rechts, aber da ist keine Beute. »Da s – könnt e – gehen«, sagt sie schließlich sehr langsam. Sie wendet den Kopf und runzelt zu der Wachsfigur am anderen Schreibtisch rüber, aber der fällt offenbar auch nichts ein, um mich loszuwerden.
    Rasch rufe ich Frau Knecht von meinem Handy aus an, bevor es sich die beiden Strategen anders überlegen können. »Knechti, ja ich bin’s, hömma, schreib mal schnell ’ne neue Vollmacht, ja, anmelden. Nicht ummelden. Nein, ja, nein, das ist scheinbar nich t … erklär ich dir später. Egal, und fax die bitte a n … ah warte mal, uh, bleib dran, krieg gerade einen Anruf von Hans, Hans sorry, ich bin mitten im Gespräch, kann ich Dich späte r …« Augenbraue unterbricht mich, einfach weil sie es kann. »Bitte telefonieren Sie draußen, dann kann ich in der Zwischenzeit andere Kunden abfertigen.« »Aber«, sage ich, »draußen ist doch niemand. Das Wartezimmer ist leer. Bis auf den Automaten«, lächele ich sie an. »Ja«, kontert Augenbraue, »aber ich könnte jemanden abfertigen, wenn da jemand wäre.« Ich beende zügig beide Telefonate, denn mir schwant, dass sich dieses Büro in ein anderes Raum-Zeit-Kontinuum zurückziehen könnte, wenn ich es verließe, und alles von vorne anfinge, jetzt und immerdar. Frau Knecht faxt brav die Vollmacht zur Anmeldung durch, während Augenbraue und ich uns durchdringend mustern wie zwei abgehalfterte Cowboys vorm Duell. Leise pfeife ich wieder »Spiel mir das Lied vom Tod.«
    Augenbraue liest das Fax, füllt endlich den amtlichen Gewerbe-Anmeldezettel aus und stempelt unbeherrscht darauf herum. »So, damit bitte zur Kasse und 2 0 Euro zahlen.« Ich hebe fragend meine Augenbrauen, langsam gewöhne ich mich an diese Art der Kommunikation, von Gesichtsbehaarung zu Gesichtsbehaarung. »Die Kasse ist der Schreibtisch nebenan«, sagt mein Gegner. Ich drehe den Kopf zu der bleichen Dunkelgewandeten und da geschieht das Wunder. Augenbraue fällt in eine Art Totenstarre, dafür kommt Leben in die

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