Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau
Beifall heischend blickt er um sich. Vergebens, rund um den Tisch sind alle ins rhetorische Koma gefallen, nur beim Schwaben erblüht der Nationalstolz. »Ei, wieso müsse mir als eigendlisch immä Englisch spresche? Könne mir kei’ Deutsch?« »Ich ja«, denke ich, »du nicht.« Der Schwabe holt aus: »Mir nenne desch Kind: ›Schdehend modiviere‹. Wie wär des?« Er schlägt mit der Faust auf den Tisch. »Odä: ›Schdehend zum Erfolg‹. Feddisch ab.« »Das finde ich auch super«, souffliert sein Assistent beflissentlich und duelliert sich mit Blicken mit dem Kofferträger des Vorsitzenden. »Stehend zum Erfolg. Genau.« Alle applaudieren.
Der Vorsitzende zieht eine Schnute und verschränkt die Arme vor der Brust. So einfach lässt er sich nicht vom Schwaben die Butter vom Brot nehmen. »Meine Herren, das möchte ich jetzt mal größer spinnen, weiter. Think big. Hier: ›Stehend zum Abschluss kommen‹, wie wär das? He?« Schweigend glotzen ihn die anderen an. »Oder noch knackiger!« Der Blick des Vorsitzenden schweift in die Ferne, Visionär des Versicherungsverbandes. Er hebt die Linke und malt die Worte in die Luft: ›Stehend! Kommen!‹ Ode r – jetzt hab ich’s: ›Im Stehen kommen!‹ Frau Volk, was meinen Sie dazu? ›Im Stehen kommen‹!« Alle Männer gucken mich begeistert an. »Im Stehen kommen«, sage ich, »meine Herren, das nenne ich mal einen interessanten Ansatz«. »E i – im Stehe komme«, klatscht der Stuttgarter, »da hen’ isch auch schon en Idee fürsch Logo.« »Ich freu mich drauf«, sage ich.
In Wirklichkeit freue ich mich nur auf eins: Wenn der Loriot-Tag vorbei ist, ich mit meinem Freund in der Wanne sitze und wir uns um die Ente streiten.
Köln, 12 . Juni, Sonne scheint
Gestern waren Knechti und ich Hauptattraktion einer Gartenparty zum 40 . Geburtstag. Das war toll, nur leider hatten die Gastgeber vergessen, für Beleuchtung zu sorgen. Im Halbdunkeln unter ein paar Lichterketten in den Bäumen stand der Grillmaster mit einer Taschenlampe im Mund und garte Würstchen. Als endlich alle genug Wurst und Nudelsalat intus hatten und wir anfangen sollten, war es fast zehn. Da standen wir nun auf einem Stückchen Wiese im Dunkeln. Ich machte eine lustige Stand-Up-Comedy-Nummer, während Frau Knecht mich mit der Grillmaster-Taschenlampe von unten anleuchtete. Das sah wahrscheinlich aus, als würde Frankenstein Witze erzählen, jedenfalls fingen die Kinder an zu heulen und rannten weg. Einige Erwachsene folgten ihnen unter dem billigen Vorwand, sich Sorgen zu machen. Lacher gab’s erst, als ich im Dunkeln über mein Mikrokabel stolperte und auf die Nase fiel. Nach dem fulminanten Auftritt gab’s keine Würstchen mehr, aber alle Gäste versicherten uns glaubhaft, wie super wir gewesen seien. Bin frustriert und hungrig nach Hause gefahren, Glotze angemacht und hab mir Fleischwurst mit Mayo in den Rachen gestopft. Als Anhängerin der Trennkost-Ideologie esse ich immer erst Fleischwurst-Mayo und das Brot dazu eine Stunde später. In der Hoffnung, dass sich die beiden im Magen nicht mehr begegnen. Oder dass der Magen das Brot schon auf Frühstück bucht. Muss unbedingt anfangen, gegen Frau Knecht und ihre unfair schlanke Taille anzustinken. Hab mich im Fitnessstudio angemeldet.
2 Fitnessbude
Meine Entscheidung, trainieren zu gehen, hat viel mit der Verschwörung homosexueller Raumausstatter zu tun, die alle Umkleidekabinen bundesweit mit Neonlicht ausstatten. Da steh ich dann. Nackt unter Neonlicht. In meinem Ganz-Jahres-Winterspeck. Überhaupt nicht sexy. Linker und rechter Oberschenkel: Hagelschaden. Ringe unter den Augen, dass man damit Seilchen springen möchte, nicht zu vergessen die Fettzellen. Ich hab nichts gegen Fettzelle n – aber wieso knubbeln die sich immer alle an einer Stelle? Da ist 1,7 2 Meter Platz! Aber nein, meine Fettzellen benehmen sich wie besoffene Kölner: »Jote Fründe ston zusammen!« Freu mich auf die Fitnessbude.
Köln, vier Stunden später
Sehr anstrengend, dieses Fitness. Bin direkt rein in die Turnhalle und hab »Rhythm & Body-Attack« mitgeturnt. Da stehen alle nebeneinander in Boxer-Pose und schlagen um sich. Volles Pfund auf einen imaginären Gegner. Um mich zu motivieren, hab ich mir vorgestellt, ich hätte eine schicke Jacke an und liefe mitten in der Nacht mutterseelenallein durch Köln-Chorweiler oder eins der anderen modernen Wohnghettos Deutschlands mit dem Charme einer Winterdepression. Da standen wir also in der Turnhalle mit 5 0
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