JFK - Staatsstreich in Amerika (German Edition)
professionelles Back-up-Team erfahrener Agenten zur Seite zu stellen, das sich um die Logistik kümmert, ist nicht das größte Problem bei der Durchführung eines Attentats. Dessen Vor- und Nachbereitung kosten mehr Zeit, Anstrengungen und Geld als die eigentliche Durchführung, zumal dann, wenn das Ganze verdeckt stattfindet und alle Beteiligten nach dem »need to know«-Prinzip nur so viel von dem Gesamtplan wissen, wie es zur Durchführung ihrer konkreten Aufgabe nötig ist. Rädchen drehen sich, ohne die Uhr zu kennen, und die Raupe kann den Schmetterling nicht verstehen. Doch dass Kennedy das Opfer sein sollte, ließ sich nicht geheimhalten, zumal die Planungen außer Dallas noch zwei weitere Stationen seiner Wahlkampfreise umfassten: Chicago und Miami.
Teil 4
Regimechange in Amerika
Nachwort
Als John F. Kennedy ermordet wurde, war ich neun Jahre alt. Seinen Namen hatte ich wohl schon einmal gehört, und weil wir seit kurzem einen Fernseher hatten, ihn vielleicht auch schon einmal auf dem Bildschirm gesehen, aber dort interessierten mich nur Fury , Lassie und Fußball, von Politik wusste ich nichts. Und doch ist sein Tod das erste politische Ereignis, das mir in dauerhafter Erinnerung geblieben ist. Denn am Morgen danach, als ich zum Frühstück in die Küche kam und meine Haferflocken löffelte, sah ich meine Mutter, die mir gegenüber saß und in der Zeitung las, weinen. »Warum weinst du, Mama?«, fragte ich. »Präsident Kennedy ist umgebracht worden«, antwortete sie und wischte sich die Tränen aus den Augen – und setzte auf meinen fragenden Blick hinzu: »Ach, Mathias, die Welt ist schlimm.«
Wohl weil ich meine Mutter eigentlich nie hatte weinen sehen, haben sich mir dieses Ereignis und ihre Worte tief eingeprägt. Und wie meiner Mutter ging es an diesem Tag vielen Menschen: in Deutschland, in Amerika und überall auf der Welt. Ein Diplomat, der in den Tagen danach in die Sowjetunion gereist war, berichtete, »dass die Trauer hier fast noch größer ist als bei uns zu Hause«. Und wenn man von den in diesem Buch beschriebenen Abrüstungs- und Friedensanstrengungen Kennedys und Chruschtschows liest und die beeindruckende Rede, mit der der amerikanische Präsident diesen Aufbruch in eine neue Zukunft verkündete, kann man nicht nur die um Kennedy trauernden Menschen überall auf der Welt verstehen, es können einen auch noch 50 Jahre später Trauer und Wehmut überkommen: über das Ende, das diesem Aufbruch mit der Ermordung Kennedys gemacht wurde; über das Leid und die Millionen Menschenleben, die die Fortsetzung der alten Politik der Konfrontation kostete; über die mit heimtückischer Gewalt zerstörte Hoffnung auf eine friedlichere, gerechtere Welt.
Wie sehr John F. Kennedy selbst diese Hoffnung in sich trug und verkörperte und wie optimistisch und mutig er daran gegangen war, sie umzusetzen, wurde mir erst bei den Recherchen für dieses Buch klar – ebenso wie die Herausforderung, die dieser tatkräftige Optimismus für die Beharrungskräfte der alten Ordnung bedeutete. Kennedy war gewiss kein Umstürzler oder Revolutionär, doch schon seine moderaten Visionen und Reformen waren zu viel für seine allein auf die Macht des Militärs und die Maximierung der Profite setzenden Feinde. Diese saßen nicht in Moskau oder Peking oder Havanna, sondern in Washington, Dallas und New Orleans – und seit ihrem »Sieg« über John F. Kennedy und über seinen Bruder haben sie nicht aufgehört, sich die Welt mit verdeckter und offener Gewalt gefügig zu machen.
Weil Geschichte immer von den Siegern geschrieben wird, steht in den Geschichtsbüchern bis heute nichts davon, wer für diesen Mord wirklich verantwortlich war. Eines aber geht aus den mehr als 10 000 Buchseiten, Dokumenten und Protokollen, die ich bei den Recherchen für dieses Buch studiert habe, deutlich hervor: Dieser Mord war nicht die Tat eines einsamen Irren, sondern ein Staatsverbrechen.
Ich habe mich bemüht, den unzähligen und oft unsinnigen Theorien und Spekulationen über die Verschwörung zu diesem Mord keine weiteren hinzuzufügen, sondern ausschließlich Fakten zusammenzutragen, die wirklich belegbar sind. Ich habe mich auch bemüht, bei den Schlussfolgerungen, die ich anhand dieser Fakten gezogen habe, Kurzschlüsse zu vermeiden und sie als begründete Vermutung kenntlich zu machen. Nur ein Richter oder Staatsanwalt kann Zeugen vorladen und die Freigabe von Dokumenten erzwingen, nur so können die letzten Geheimnisse um diese
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