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Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Titel: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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Stimme: »Achchchch, ihrrr wollt mirrrr nichchcht antworrrten, werrr da eben geflüsterrrt hat? Na, warrrtet nurrrrr!«
    Der Adamsapfel tanzte erbost auf und nieder, und plötzlich kreischte das Ungeheuer:
    »Wiiiiiviiiiel issssst - siiiieben mal achchcht? Du da!« Ein Indianerjunge, auf den der Drache mit dem Stock gezeigt hatte, sprang auf. Er war noch sehr klein, vielleicht erst vier oder fünf Jahre alt. Aber er hatte schon drei Federn in seinem schwarzen Haarschopf. Wahrscheinlich war er ein Häuptlingssohn. Er blickte Frau Mahlzahn aus großen verstörten Augen an und stammelte:
    »Sieben mal acht ist - sieben mal acht - das ist - das ist -«
    »Das ist, das ist!« keifte der Drache giftig. »Wirrrd’s bald?«
    »Sieben mal acht ist zwanzig«, sagte der kleine Indianer junge entschlossen.
    »Ssssso?« zischte der Drache höhnisch, »wassss du nichchchcht sagst, Zwanzig ist dasssss?«
    »Nein, n-n-n-nein!« stotterte der kleine Indianerjunge verwirrt. »Ich wollte sagen fünfzehn.«
    »Schlußßßßß!« schrie der Drache schrill und funkelte den kleinen Indianer mit seinen Brillengläsern an. »Du weißßßt es also nichchcht? Du bisssst dassss dümmste und faulste Kind, das ich kenne. Und Dummheit und Faulheit müsssssen bestrrrrraft werrrden!«
    Damit stand der Drache auf, ging auf den Jungen zu, legte ihn über die Bank und hieb wütend auf ihn ein. Als die Exekution vorüber war, setzte sich der Drache befriedigt schnaufend wieder hinter sein Pult. Dem kleinen Indianer standen die Augen voller Tränen, aber er weinte nicht. Indianer sind ja bekanntlich sehr tapfer.

    »… du hochchchnäsiges und eingebildetes Görrrr! Wasssss? Wiiiiie?«
    Jim war vor Zorn und Empörung ganz fahl im Gesicht geworden, trotz seiner schwarzen Hautfarbe.
    »So eine Gemeinheit!« knirschte er. Lukas nickte. Er konnte nicht reden, sondern ballte nur die Fäuste.
    Jetzt fragte der Drache lauernd:
    »Wiiiiiviiiiel isst also siiiieben mal achchcht? Li Si?«
    Jims Herz setzte einen Schlag aus.
    Es durfte nicht geschehen, daß auch die kleine Prinzessin Prügel bekam! Aber es war ja ganz unmöglich, daß sie die Antwort auf so eine schwere Frage wußte. Er mußte sofort etwas unternehmen!
    Aber Jim hatte nicht bedacht, daß Li Si ein mandalanisches Kind war, und daß mandalanische Kinder schon mit vier Jahren die schwersten Rechnungen bewältigen können. Die kleine Prinzessin stand auf und sagte mit einer Stimme, die so süß klang wie das Gezwitscher eines kleinen Vogels:
    »Sieben mal acht ist sechsundfünfzig.«
    »Achchch!« fauchte der Drache ärgerlich, weil es nämlich richtig war. »Und wiüievüiel isssst drrrreizehn weniger sechchchsss?«
    »Dreizehn weniger sechs«, antwortete Li Si mit ihrer Vogelstimme, »ist sieben.«
    »Bahhhh!« machte der Drache wütend, »du kommst dirrr wohll sehrrr klug vorrrr, weil du alles weißßßt, wasssss? du bist ein ganz frrrreches, eingebildetes Ding, verrrrstehst du? Aber warrrte nurrrr, ob du auchchch das kannssst: Sag mirrr soforrt das Einmaleins mit siiiiieben auf! Aber ein bißßßchen schnell, wenn’s beliiiüebt!«
    »Einmal sieben ist sieben«, begann Li Si, und es klang, als sänge eine Nachtigall. »Zweimal sieben ist vierzehn, dreimal sieben ist einundzwanzig …«, und so fuhr sie fort und sagte das ganze Einmaleins mit sieben richtig auf. Jim hätte es nie für möglich gehalten, daß sich so etwas so hübsch anhören könnte. Der Drache lauschte gespannt, aber nur, um einen Fehler zu entdecken. Dabei ließ er den Stock boshaft durch die Luft pfeifen.
    Jetzt flüsterte Lukas:
    »Jim!«
    »Ja?«
    »Hast du Mut?«
    »Ja.«
    »Gut, Jim. Hör zu: Ich weiß jetzt, wie wir’s machen. Wir werden dem Drachen noch eine Gelegenheit geben, die Kinder freiwillig herauszurücken. Wenn er nicht darauf eingeht, dann müssen wir Gewalt anwenden, obwohl ich Gewalt nicht leiden kann.«
    »Wie wollen wir’s denn machen, Lukas?«
    »Du mußt hingehen und mit ihm verhandeln, Jim. Erzähl dem Drachen, was du willst. Das überlasse ich dir. Aber verrate ihm nichts von Emma und mir! Ich warte mit Emma hier draußen, und wenn es sein muß, dann kommen wir dir zu Hilfe. Alle s klar?«
    »In Ordnung«, sagte Jim entschlossen.
    »Mach’s gut!« flüsterte Lukas und schlich davon, um die Lokomotive zu holen.
    Inzwischen war die kleine Prinzessin mit dem Einmaleins fertig geworden. Sie hatte keinen Fehler gemacht. Aber gerad e deshalb war der Drache erst recht wütend. Er lief auf Li Si zu, knuffte

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