Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Titel: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
Vom Netzwerk:
hat.
    Aber es gab noch vieles andere!
    Zum Beispiel waren auf den Straßen überall Zauberkünstler zu sehen. Einer konnte auf seiner bloßen Hand aus einem Samenkorn ein Bäumchen wachsen lassen, auf dem sogar ganz richtige, winzig kleine Vögel saßen und zwitscherten. An den Zweigen hingen Früchte, so klein wie Liebesperlen. Man durfte sie abzupfen und essen, und sie schmeckten zuckersüß.
    Es gab auch Akrobaten, die mit ihren erbsengroßen Kindern jonglierten wie mit Bällen. Und die Kinder machten sogar noch auf kleinen Trompeten lustige Musik, während sie in der Luft herumflogen.
    Und was es alles zu kaufen gab! Kein Mensch wird das für möglich halten, der nicht selber in Mandala gewesen ist. Es wäre ganz sinnlos, alle diese Früchte und kostbaren Stoffe und Geschirre und Spielsachen und Gebrauchsgegenstände aufzuzählen, weil dann dieses Buch zehnmal so dick werden würde.
    Ja, und dann gab es auch noch die Elfenbeinschnitzer. Das ist eine ganz unglaubliche und wunderbare Sache. Manche von diesen Elfenbeinschnitzern waren schon über hundert Jahre alt, und sie hatten in ihrem ganzen Leben nur ein einziges Stück geschnitzt. Aber dieses Stück war nun so kostbar, daß niemand auf der Welt es bezahlen konnte. Und darum schenkten sie es schließlich jemand, den sie für würdig hielten. Manche hatten zum Beispiel eine Kugel geschnitzt, ungefähr so groß wie ein Fußball. Diese Kugel war über und über mit den schönsten Bildern bedeckt. Die Bilder waren nicht gemalt, sondern geschnitzt, so fein geschnitzt, als wären sie aus kostbarer Spitze. Dabei war es aber hartes Elfenbein.
    Wenn man nun durch diese Elfenbein-Spitze hineinguckte, wie durch ein ganz zartes Gitter, dann erblickte man im Innern de r Kugel - eine zweite Kugel. Die lag lose darin und war ebenso wundervoll geschnitzt. Und im Innern der zweiten Kugel war wieder eine Kugel. Und so ging es fort bis ganz ins Allerinnerste. Das Erstaunliche und Merkwürdige aber war, daß die Künstler solche Wunderwerke aus einem Stück geschnitzt hatten, ohne eine der Kugeln aufzumachen. Nur durch die feinen Löchlein der Spitze hindurch hatten sie das fertiggebracht mit ganz dünnen, winzigen Messerchen und Meißelchen. Sie hatten angefangen vor langen, langen Jahren, als sie noch Erbsenkinder waren. Und wenn sie ihr Werk beendeten, waren sie uralt und weißhaarig. Ihr ganzes Leben war nun auf den ineinandersteckenden Kugeln zu sehen, wie in einem geheimnisvollen Bilderbuch.
    Die Elfenbeinschnitzer wurden von allen Mandalaniern sehr verehrt, und man nannte sie: Die großen Meister vom Elfenbein.

Siebentes Kapitel
    in dem Emma Karussell spielen soll und die beiden Freunde ein Kindeskind kennenlernen

    Den ganzen Tag über waren die beiden Freunde in der Stadt umhergeschlendert. Die Sonne hatte sich dem Horizont zugeneigt, und im Abendrot begannen die goldenen Dächer zu glänzen.
    In den Gäßchen, wo es schon dämmerig wurde, entzündeten die Mandalanier ihre Lampions, die in allen Farben leuchteten. Sie trugen sie an langen Angelruten vor sich her, die großen Mandalanier große Lampions, die kleinen kleine. Und die allerkleinsten sahen aus wie bunte Glühwürmchen.
    Über all den Wundern hatten die beiden Freunde ganz vergessen, daß sie außer den paar Meeresfrüchten zum Frühstück nichts mehr gegessen hatten.
    »Das ist ja allerhand!« sagte Lukas lachend. »Da muß sofort etwas unternommen werden. Wir gehen jetzt in ein Gasthaus und bestellen uns ein Abendessen, das sich sehen lassen kann.«
    »In Ordnung«, stimmte Jim zu. »Hast du mandalanisches Geld?«
    »Verflixt!« antwortete Lukas und kratzte sich hinter dem Ohr. »Daran hab’ ich nicht gedacht. Aber Geld oder nicht Geld, zu essen muß der Mensch was haben. Laß mich mal nachdenken!«
    Er dachte also nach, und Jim sah ihm erwartungsvoll dabei zu.
    plötzlich rief Lukas: »Ich hab’s! Wenn wir kein Geld haben, müssen wir eben welches verdienen.«
    »Famos«, sagte Jim, »aber wie machen wir das so schnell?«
    »Ganz einfach!« antwortete Lukas. Wir gehen jetzt zu unserer alten Emma zurück und geben bekannt, daß jeder, der zehn Li bezahlt, eine Runde um den großen Schloßplatz mitfahren darf.«
    Sie gingen rasch zu dem großen Platz vor dem kaiserlichen Palast zurück, wo noch immer eine große Menschenmenge in respektvollem Abstand um die Lokomotive herumstand und sie angaffte. Nur daß sie jetzt alle Lampions trugen.
    Lukas und Jim bahnten sich einen Weg duch das Gedränge und stiegen

Weitere Kostenlose Bücher