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Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt

Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt

Titel: Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Lederschlaufe in Levines Hand.
    Levine trug eine Wollmütze mit Ohrenklappen, eine dicke Daunenweste, einen kleinen Rucksack in widerlich grellem Orange und eins dieser merkwürdigen Teile für Nachtwanderungen, bei denen eine batteriebetriebene Grubenlampe mit bunten Gurten vor der Stirn befestigt wurde. Schon bei einem normalen Menschen hätte das albern ausgesehen – bei diesem Zwerg wirkte es regelrecht obszön. Vielleicht lag es auch am Taser in seiner linken Hand, der Hundeleine in der rechten oder der klobigen Ruger, die er sich in den Hosenbund gestopft hatte, dass die Situation jegliche Komik vermissen ließ.
    »Steh auf«, kommandierte ihn Levine. Er berührte mit dem Taser die metallische Hundeleine. Kurtz zuckte, verkrampfte und hätte sich beinahe noch einmal nass gemacht.
    Levine schob den Taser in die Tasche seiner Daunenweste und zielte mit der Ruger auf ihn, während sich Kurtz langsam und schmerzvoll erst auf die Knie und dann auf die Füße aufrappelte. Er stand da und schwankte. Er hätte sich auf Levine stürzen können, aber das wäre wohl eher einem Schlurfen oder Stolpern in Richtung Levine gleichgekommen, während der Zwerg seelenruhig das Magazin seiner Ruger in ihn entleert hätte. Obwohl der gefrorene Boden in dieser Entfernung zum See noch schneefrei war, rieselten Schneeflocken durch die kahlen Äste der Bäume hinunter. Kurtz begann heftig zu zittern und konnte nicht aufhören. Er fragte sich fatalistisch, ob ihn die Unterkühlung wohl umbringen würde, bevor Levine das tat.
    »Gehen wir!« Levine zerrte an Kurtz’ Leine.
    Kurtz sah sich nach Orientierungspunkten um und schlurfte dann in den dunklen Wald hinein.

KAPITEL 44
    »Du weißt schon, dass Sammy die Frau vergewaltigt und ermordet hat, die damals meine Partnerin war?«, fragte Kurtz etwa eine Viertelstunde später. Sie waren zu einer weiten dunklen Lichtung gekommen, die nur vom Lichtstrahl der Lampe auf Manny Levines Schädel erhellt wurde.
    »Halt’s Maul.« Levine verhielt sich ausgesprochen vorsichtig, kam nie näher als auf drei Meter an Kurtz heran, ließ die Kette niemals straff werden und verlor zu keinem Zeitpunkt das Zielrohr seiner großkalibrigen Magnum aus den Augen.
    Kurtz schlurfte über die Lichtung, blickte zur großen Ulme auf der anderen Seite hinüber, beäugte einen weiteren Baum, steuerte auf einen Baumstumpf zu und sah sich erneut um.
    »Was ist, wenn ich die Stelle nicht wiederfinde? Das ist rund zwölf Jahre her.«
    »Dann stirbst du hier«, erklärte Levine.
    »Und wenn mir jetzt wieder einfällt, dass es eine andere Stelle war?«
    »Dann stirbst du trotzdem jetzt und hier.«
    »Was, wenn das hier die Stelle ist?«
    »Du stirbst hier so oder so, Arschloch.« Levine klang gelangweilt. »Das weißt du auch. Die Frage ist jetzt nur noch, wie du sterben wirst, Kurtz. Ich habe sechs Kugeln im Lauf und eine Schachtel Reservemunition in der Tasche. Ich kann eine oder ein ganzes Dutzend benutzen. Das ist deine Entscheidung.«
    Kurtz nickte, ging zu einem großen Baum hinüber und stierte auf einen verkrümmten Ast, um sich zu orientieren. »Wo ist das kleine Mädchen ... Rachel?«
    Levine bleckte die Zähne. »Sie liegt zu Hause in ihrem Bettchen. Sie hat es ganz gemütlich, aber ihr Pflegevater eher weniger, der liegt nämlich sturzbetrunken in ihrer schicken Küche. Aber ihm geht es noch um ein Vielfaches besser als ihrem biologischen Vater, wenn der nicht sofort die Fresse hält.«
    Kurtz schlurfte zehn Schritte von dem Baum weg. »Hier«, verkündete er.
    Die Ruger Redhawk nach wie vor im Anschlag nahm Levine seinen Rucksack ab, zog den Reißverschluss auf und warf Kurtz einen kleinen, aber schweren Gegenstand aus Metall zu.
    Kurtz’ steif gefrorene Finger mühten sich mit dem Ding ab. Ein Klappspaten oder ›Handbagger‹, wie das Ding unter Soldaten hieß. Etwas, das einer Waffe näherkam, würde Kurtz kaum in die Finger bekommen, aber um es in seiner momentanen Verfassung als Waffe einzusetzen, musste Manny Levine schon ein paar Schritte näher kommen und ihm den Kopf als Zielscheibe hinhalten. Selbst dann hätte Kurtz vielleicht nicht einmal die Kraft, ihn ernsthaft zu verletzen. Und angekettet und gefesselt wie er es war, erschien ihm die Alternative, die Schaufel nach dem Zwerg zu werfen, wenig Erfolg versprechend.
    »Los, buddeln!«, befahl Levine.
    Der Boden war gefroren und einen verzweifelten Augenblick lang war sich Kurtz sicher, dass er es nicht schaffen würde, die vereiste Kruste aus alten

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