Joe - Liebe Top Secret
Hinweise darauf, dass sich vor ihnen etwas bewegte.
„Vorratskammer“, flüsterte Cowboy ins Mikrofon.
„Dito“, sagte Bobby leise. „Hier sind Konserven und ein Weinkeller. Nichts rührt sich, kein Lebenszeichen.“
Joe sah die Bewegung im selben Augenblick wie Blue. Gleichzeitig entsicherten sie ihre Maschinenpistolen und gingen in die Hocke.
Sie hatten die Treppe nach oben gefunden.
Und dort, unter der Treppe, hockte Tedric Cortere, der Kronprinz von Ustanzien. Zu Tode erschreckt und zitternd wie Espenlaub versuchte er, sich hinter drei seiner Mitarbeiter zu verstecken wie hinter Sandsäcken.
„Nicht schießen“, sagte Cortere in vier oder fünf verschiedenen Sprachen, während er die Hände hoch über seinen Kopf streckte.
Joe richtete sich auf, ließ das Gewehr jedoch nicht sinken, ehe er sicher war, dass die Männer unbewaffnet waren. Erst danach setzte er das Nachtsichtgerät ab und blinzelte. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an das schummrige rötliche Licht, das Blue mit einer Stablampe aus seiner Tasche auf die Männer warf.
„Guten Abend, Euer Hoheit“, sagte er. „Ich bin Navy SEAL Lieutenant Joe Catalanotto. Ich bin gekommen, um Sie hier rauszuholen.“
„Kontakt“, gab Harvard in diesem Moment über Funk durch, nachdem er Joes Worte über das Headset mitgehört hatte. „Wir haben Kontakt hergestellt. Wiederhole: Wir haben das Gepäck und steuern die Zielgerade an.“
In diesem Moment hörte Joe, wie Blue lachte.
„Cat“, stieß er gedehnt hervor. „Hast du dir diesen Typen angesehen? Ich meine, Joe, hast du richtig hingeschaut?“
In ein paar hundert Meter Entfernung schlug östlich von ihnen eine Bombe ein. Prinz Tedric presste sich dichter an seine Mitarbeiter, die genauso verängstigt waren wie er.
Wenn der Prinz aufstünde, wäre er ungefähr so groß wie Joe, vielleicht ein bisschen kleiner.
Er trug ein zerrissenes weißes Satinjackett, was ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Elvis-Imitator verlieh. Das Kleidungsstück war erstaunlich kitschig. Es war mit goldenen Epauletten dekoriert, und auf der Brust war eine Reihe von Medaillen und Abzeichen angesteckt – zweifellos für Tapferkeit während des Kampfes. Seine Hose war schwarz und schmutzig.
Aber es lag nicht am Kleidungsstil des Prinzen, dass Joe der Mund offen stand. Es war sein Gesicht.
Den Kronprinzen von Ustanzien anzusehen war, als blickte er in einen Spiegel. Sein dunkles Haar war länger als Joes. Doch davon abgesehen war die Ähnlichkeit geradezu unheimlich. Dunkle Augen, große Nase, ovales Gesicht, ausgeprägte Wangenknochen.
Der Typ sah genauso aus wie Joe.
1. KAPITEL
Einige Jahre später Washington D.C.
D ie Kameras aller bedeutenden Nachrichtensender waren auf ihn gerichtet, als Tedric Cortere den Flughafen erreichte.
Diplomaten, Mitarbeiter der Botschaft und Politiker strömten dem Kronprinz von Ustanzien entgegen, um ihn zu begrüßen. Aber der Prinz zögerte einen Moment. Er nahm sich die Zeit, lächelte und winkte in die Kameras.
Er befolgte ihre Anweisungen bis ins letzte Detail. Veronica St. John, Image- und Medienberaterin, unterdrückte ihr erleichtertes Seufzen nicht. Es kam zaghaft, denn für einen Triumph, das wusste sie, war es zu früh. Tedric Cortere war ein Perfektionist. Es gab keine Garantie dafür, dass der Prinz – der Bruder von Veronicas Schulkameradin und absolut bester Freundin – mit dem zufrieden war, was er an diesem Abend in den Nachrichten sehen würde.
Allerdings hatte er jeden Grund zur Freude. Es war der erste Tag seines Staatsbesuchs in den Vereinigten Staaten. Und er zeigte sich von seiner besten Seite. Er versprühte seinen Charme und beeindruckte mit seinen königlichen Umgangsformen. Dabei legte er gerade so viel blaublütige Arroganz an den Tag, dass er die nach Königshäusern verrückte amerikanische Öffentlichkeit begeisterte. Er dachte daran, direkt in die Kameras zu schauen. Er hielt seine Augen ruhig und das Kinn niedrig. Und, dem Himmel sei Dank: Für einen Mann, der zu Panikanfällen neigte, war er regelrecht souverän und ruhig.
Er gab den Teams der Nachrichtensender genau, was sie wollten: die Nahaufnahme eines anmutigen, charismatischen, märchenhaften europäischen Prinzen.
Sie hatte vergessen, „unverheiratet“ hinzuzufügen. Und wenn Veronica Amerikaner richtig einschätzte – und das tat sie, es war schließlich ihr Job –, dann würden Millionen amerikanischer Frauen die Abendnachrichten sehen und davon träumen,
Weitere Kostenlose Bücher