Joe - Liebe Top Secret
Prinzessin zu werden.
Dass sich die Öffentlichkeit nach Märchen verzehrte, konnte die Beziehungen zwischen zwei Regierungen nur verbessern. Das und das kürzlich entdeckte Erdöl, das der trockene Boden Ustanziens barg.
Doch Tedric war nicht der Einzige, der an diesem Morgen für die Kameras schauspielerte.
Veronica beobachtete, wie Senator Sam McKinley den Mund zu einem strahlenden Lächeln verzog, das seine weißen Zähne entblößte. Es wirkte so aufgesetzt und war so offensichtlich für die Reporter bestimmt, dass sie fast in Gelächter ausgebrochen wäre.
Das tat sie natürlich nicht. Denn während ihrer Kindheit und Jugend hatte sie als Tochter eines international agierenden Geschäftsmanns, der jedes Jahr in ein anderes und meist exotisches Land zog, eines gelernt: Diplomaten und hohe Mitglieder der Regierung – besonders königliche – nahmen sich sehr, sehr ernst.
Deshalb biss Veronica sich kaum merklich auf die Lippen, während sie in respektvollem Abstand hinter dem Prinzen stehen blieb. Er führte eine Gruppe Assistenten und Berater an, die zu seinem königlichen Gefolge gehörten.
„Euer Hoheit, im Namen der Regierung der Vereinigten Staaten“, erklärte McKinley mit starkem texanischem Akzent, „möchte ich Sie in der Hauptstadt unseres Landes willkommen heißen.“ Er schüttelte dem Prinzen die Hand und triefte geradezu vor Wohlwollen.
„Ich grüße Sie mit der zeitlosen Ehre und Tradition der ustanzischen Flagge“, erwiderte Prinz Tedric förmlich. „Sie ist in mein Herz eingewoben.“
Das war seine Standardbegrüßung, nichts Besonderes. Trotzdem waren seine Worte bei diesem Publikum sehr effektvoll.
McKinley setzte zu einer längeren Begrüßungsrede an, und Veronica ließ den Blick schweifen.
Sie sah ihr Spiegelbild in den Glasfenstern des Flughafengebäudes, ihr strenges cremefarbenes Kostüm, das leuchtend rote Haar, das sie zu einem französischen Zopf geflochten hatte. Groß, schlank und gelassen. Ihr Ebenbild zitterte leicht, als ein Flugzeug über die Startbahn donnerte und abhob.
Es war eine Illusion. Tatsächlich war sie von einer albernen Nervosität erfüllt, die auf Stress beruhte und dem Wissen, dass sie es war, die die Verantwortung trug, sollte Prinz Tedric ihren Anweisungen zuwiderhandeln und im Fernsehen einen schlechten Eindruck machen. Schweiß perlte zwischen ihren Schulterblättern herunter, ein weiterer Nebeneffekt ihrer Anspannung. Nein, sie fühlte sich weder cool noch gelassen, ungeachtet ihres Auftretens.
Sie hatte diesen Auftrag dank ihrer Freundin bekommen. Prinzessin Wila wusste, wie sehr Veronica darum kämpfte, ihre junge Firma in Gang zu bekommen. Sicher, sie hatte zuvor bereits kleinere, weniger heikle Jobs übernommen. Aber dieser war der erste, bei dem wirklich etwas auf dem Spiel stand. Wenn sie bei Tedric Cortere Erfolg hatte, würde es sich herumsprechen, und sie würde mehr Aufträge bekommen, als sie überhaupt bewältigen konnte. Aber eben genau das: wenn …
Doch Veronica war auch aus einem anderen Grund engagiert worden. Wila hatte ihr den Job vermittelt, weil sie sich Sorgen um die wirtschaftliche Lage von Ustanzien machte. Sie hatte erkannt, wie wichtig dieser Besuch war. Veronica sollte Wilas Bruder, dem nervösen Prinzen, als Image- und Medienberaterin beibringen, wie er unter den wachsamen Blicken der Fernsehteams ruhig und entspannt wirkte. Der Besuch in den USA war die Feuertaufe. Und Wila vertraute darauf, dass ihre Freundin den Job erfolgreich erledigte.
„Ich zähle auf dich, Véronique“, hatte sie am vergangenen Abend am Telefon gesagt. Gewohnt offen hatte sie hinzugefügt: „Die Beziehungen zu den USA sind einfach zu wichtig. Lass nicht zu, dass Tedric es vermasselt.“
Bis jetzt machte Tedric seine Aufgabe gut. Er sah gut aus, und er fand die richtigen Worte. Aber für Veronica war es viel zu früh, um wirklich zufrieden zu sein. Ihr Auftrag lautete, dafür zu sorgen, dass das auch so blieb.
Tedric mochte die beste Freundin seiner Schwester nicht besonders, und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Er war ein ungeduldiger, aufbrausender Mann und daran gewöhnt, seinen Kopf durchzusetzen.
Veronica konnte nur hoffen, dass er erkannte, wie gut es gelaufen war, wenn er später die Nachrichten sah. Falls nicht, würde sie davon erfahren, so viel war sicher.
Jeder Cent ihres Honorars, das ihr der Besuch des Prinzen in den Vereinigten Staaten einbrachte, war hart erarbeitet. Denn auch wenn Tedric Cortere wie ein Prinz
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