John Sinclair - 0981 - Der Fluch des alten Kriegers
du nach London gekommen, wo wir uns jetzt in deinem Hotelzimmer gegenübersitzen?«
»Genau.«
Ich lächelte dünn und hinterlistig. »Aber nicht nur, Abe. Da ist doch noch was anderes.«
»Das stimmt.«
»Noch einen Drink?«
»Nein, laß mal. Es ist besser so, wenn ich nüchtern bleibe. Der dicke Hammer kommt noch.«
Der G-man strich über sein blondes Haar. Er sah aus wie ein Skandinavier und wirkte jungenhaft. Man sah ihm wirklich nicht an, was er schon alles hinter sich hatte. »Ich weiß nicht, ob es ein dicker Hammer ist, aber so hat die Sache praktisch begonnen. Oder sind wir aufmerksam geworden? Die vier Verbrannten gaben zunächst den örtlichen Behörden ein Rätsel auf, danach den übergeordneten, und dann waren wir an der Reihe, und wir konnten nur staunen.«
»Hast du die Männer gesehen?«
»Sicher. Man hat mir sehr schnell Bescheid gegeben, denn du weißt, daß viele Dinge, die den Kollegen suspekt sind, auf meinem Schreibtisch landen. Ich bin zwar kein Mann für die Akte X und habe auch keine Assistentin, aber so ähnlich kann man es schon sehen. Ich wurde also damit betraut, fuhr hin und habe mich lange und intensiv mit Maria und Gomez unterhalten. Ich erfuhr auch, daß der Apache Camacho hieß, ich schaffte es weiterhin, eine Basis des Vertrauens herzustellen, und so berichtete man mir alle Einzelheiten. Ich habe die Bänder mit, wo die Gespräche aufgezeichnet sind.«
»Was hast du anschließend getan?«
»Dann bin ich nach Washington gefahren.«
»Aha.«
»Dort habe ich mich mit Harry III. auseinandergesetzt.«
»Wer ist das schon wieder?«
»Ein Computer der dritten Generation. Deshalb dieser Name. Harry hat so ziemlich alles gespeichert, was den Bereich der übernatürlichen Verbrechen und Vorgänge tangiert. Natürlich waren mir nicht alle Daten zugänglich, da bin ich ein zu kleines Licht, aber was ich herausfinden wollte, das habe ich geschafft.«
»Camacho«, sagte ich.
»Genau. Ich hatte den Namen eingegeben, und siehe da, er ist schon einige Male aufgefallen. Aber immer woanders. Mal war er im Süden, dann im Osten oder im Westen. Er hat immer Spuren hinterlassen.«
»Tote?«
»Leider, muß man wohl sagen, obwohl andere glücklich darüber waren, die sich in lebensbedrohlichen Situationen befanden. Camacho hat einige Menschen gerettet. Immer lief es nach demselben Schema ab. Auch in dieser Raststätte. Er tat keinem Menschen etwas, aber durch sein Nichtstun und seine Friedfertigkeit provozierte er andere und geriet immer wieder in Auseinandersetzungen. In der Nähe von New Orleans hat er Schwarze vor dem Klan-Mob gerettet. Da haben dann nicht die Schwarzen gebrannt, sondern diese Verrückten. So ging es weiter. Es zog sich über zwei Jahre hin.«
»Dann hast du ihn auf die Fahndungsliste gesetzt.«
»Genau.«
»Und gefunden?«
Abe Douglas grinste verbissen. »Beinahe. Wir hätten ihn möglicherweise gehabt, wenn er allein gewesen wäre, aber er hatte sich mittlerweile mit einem anderen Mann verbündet. Sie haben sich gemeinsam befreien können, aber keinen Polizisten dabei getötet.«
»Ach«, sagte ich nur, und in meinem Hirn begann es zu klingeln. Das merkte mir Abe Douglas an. Bevor er mich noch fragen konnte, sagte ich: »Rede bitte weiter.«
»Willst du mich jetzt fragen, ob wir den Namen des Helfers herausgefunden haben?«
»Nein, den kenne ich.«
Jetzt war Abe Douglas erstaunt. »Und?«
»Er heißt Yakup Yalcinkaya«, erwiderte ich langsam und deutlich, damit Abe auch jede Silbe mitbekam.
»Bingo, John, Volltreffer. Wie bist du darauf gekommen?«
Ich hob die Schultern. »Mag die Welt auch noch so groß sein, für verwandte Seelen ist sie klein genug. Sie finden sich immer. Das gehört zu den Mysterien des Lebens.«
»Ja, aber jetzt ist Yakup tot.«
»Habe ich dir das erzählt?«
»Nein, dein Chef, mit dem ich kurz sprach. Ich weiß auch, daß ihr Yakup hier in London beerdigen wollt, und ich kann mir vorstellen, daß noch jemand zu diesem Ereignis erscheinen wird. Unser Freund Camacho …«
»Jetzt brauche ich einen Drink«, sagte ich.
»Dachte ich mir.« Abe lächelte. Er stand auf und nahm die Flasche vom Tablett. Er stellte sie gleich neben mein Glas auf den Tisch. Ich schenkte mir den Scotch ein, während meine Gedanken kreisten, um das Problem Yakup zu erfassen.
Fest stand, daß er und seine Freundin Eva Karman tot waren.
Umgebracht in meiner Wohnung. Dort hatte ich Yakups Leiche auf dem Wohnzimmertisch gefunden. Getötet durch sein eigenes
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