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Joschka, die siebte Kavallerie

Joschka, die siebte Kavallerie

Titel: Joschka, die siebte Kavallerie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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das nachtschwarze Wikinger-Seeräubersegel über seinem Kopf für ihn ein, und das bauschte sich in diesem Moment mit einem dumpfen Schlag auf.
    „Okay! Bist du fertig?“, fragte Vanessa.
    Ich nickte, doch um ehrlich zu sein, hätte ich jetzt liebend gern noch mehr als 350 Meter Vorsprung bekommen.
    „Dann mach dich bereit!“, befahl Leon. „Du startest am Ende der Straße.“
    „Und das Zeichen zum Start gebe ich!“, grinste Juli.
    „Nein. Das machen wir alle!“, widersprach Marlon.
    „Und was ist dieses Zeichen?“, hakte ich nach.
    „Das wirst du gleich sehen!“, grinste Vanessa und schenkte Marlon einen doppelzüngigen Blick.
    Ich ahnte nichts Gutes, aber ich sagte kein Wort.

    Ich war Joschka, die siebte Kavallerie. Ich gab selbst dann noch nicht auf, wenn alle geschlagen waren. Das musste ich auch, denn ich war der Kleinste von allen. Ja, und wer das von euch in eurem Team ist, der weiß darüber Bescheid. Der kann mich verstehen. Wenn man der Kleinste ist, muss man immer doppelt so mutig sein. Sonst wird man von den andern gar nicht bemerkt. Aber so ist das nun mal, und wenn ich mich darüber beschweren wollte, könnte ich auch sofort in einen Bastelverein für Weihnachtsschmuck gehen. Und zwar freiwillig und ganz ohne Zwang.
    Ich aber wollte zu den Wilden Kerlen gehören. Zu der Mannschaft, die Hallen-Stadtmeister war, und für die Fabi, der schnellste Rechtsaußen der Welt, selbst ein Angebot des FC Bayern abgelehnt hatte. Ja, das wollte ich und deshalb hielt ich den Mund. Ich schwang mich auf mein Fahrrad und fuhr zum Ende der Straße. Genau so, wie man es von mir verlangte. Dort hielt ich an, und so mutig und tapfer ich war, dort fühlte ich mich wieder ganz klein. Die Wilde Kerle -Puppe von meiner Mutter lugte wie ein Schmuseteddy aus meinem Rucksack heraus und die 16-Zoll-Räder meines Fahrrads schienen auf Rollerskate-Größe zu schrumpfen. Ich schluckte. Ich biss die Zähne zusammen und so sehr der Angsthase in mir es sich auch wünschte: Ich schaute nicht zu den andern zurück. Nein, dafür war ich zu stolz.
    Das, was jetzt kommen würde, das kam. Das konnte ich nicht mehr verhindern, und als hätte sie das gehört, begann Vanessa zu zählen.
    „Eins!“, sagte sie laut und ganz ernst.
    Ich ahnte noch immer nichts Gutes.
    „Zwei!“, übernahm Marlon und freute sich schon.
    „Und!“, gab Leon das Zeichen.
    Ich schloss die Augen.
    „Herzlichen Glückwunsch, Joschkaaah!“, schrien da alle zusammen. „Und den wildesten Geburtstag, den es auf der ganzen Welt gibt!“
    Jetzt wollte und musste ich mich zu den anderen umdrehen. Doch ich konnte es nicht. Überall um mich herum stiegen schwarze Luftballons in den Himmel hinauf.
    „Los geht’s! Joschka! Zeig, was du kannst!“, rief Vanessa und gab das Feld frei.
    Doch ich hörte sie nicht. Ich freute mich so. Ich sah den schwarzen Luftballons nach und deshalb bemerkte ich die anderen erst, als sie dicht hinter mir waren. Extra-touristische Tellergans! Das Rennen hatte begonnen. Ich vergaß den vor Spucke triefenden Kuss. Ich wollte das Wilde Kerle -Geburtstagsrennen gewinnen. Ich war Joschka, die siebte Kavallerie! Ja, und deshalb gab ich jetzt Gas.

In der Nebelburg
    Der Vorsprung war weg. Die Verfolger klebten mir im Genick. Neun wild entschlossene, nachtschwarze, mit Kapuzen und Motorradbrillen vermummte Gestalten jagten mich aus der Hubertusstraße hinaus. Sie waren größer und älter als ich. Das war gemein! Doch das hatte auch einen Vorteil. Ich war nicht mehr klein. Ich war nicht mehr das Wilde Fußballkerle -Baby, dem man den Ball zum Elfmeter auf den Fünfmeter-Punkt legen musste, damit es eventuell traf. Oder das Socke brauchte, den Hund mit den Fledermausohren, um einmal ein Held zu sein. So wie vor einem Jahr, nach unserem ersten Match gegen den Dicken Michi. Nein, ich war jetzt genauso erwachsen wie alle anderen. Ich war jetzt ein Wilder Kerl ! Und das war das schönste und beste Geschenk, das ich zu meinem siebten Geburtstag bekam.
    Das war aber auch etwas, auf dem man sich keinesfalls ausruhen durfte. Nein, dafür war das Leben eines Wilden Kerls einfach zu wild. Überall lauerten schon die Gefahren. Ja, und meine Gefahr, Vanessa, saß mir direkt im Genick. Dicht gefolgt von Leon, Marlon und Rocce raste sie hinter mir her.
    Ich spürte ihren heißen Atem im Nacken und sie holte auf! Der Schatten von Felix’ schwarzem Wikinger-Seeräubersegel legte sich schon über mich und dazu heulte Socke zusammen mit meinem Bruder im

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