Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
Haupt den Fluch!« hatte sie gesagt, allerdings nur für alle Fälle, falls nämlich der Vater des Betruges inne geworden wäre, aber das Wort drückte ihr Verhältnis zu dem Unternehmen überhaupt, die Verantwortlichkeit aus, die sie auf sich genommen, und ihn, das Kind, hatte sie mütterlicherweise ganz schuldlos gehalten.
»Ja, mütterlicherweise«, sprach Laban. Er atmete schwer durch den Mund vom Biere, und sein Oberkörper lastete schräg vornüber. Er richtete ihn auf, da schwankte und sackte er nach der anderen Seite. »Mütterlicherweise, nach Mutter- und Elternart. Nach Götterart.« Eltern und Götter segneten ihre Lieblinge auf dieselbe zweideutige Weise. Ihr Segen war eine Kraft und kam aus der Kraft, denn auch die Liebe – nämlich – war eitel Kraft, und Götter und Eltern segneten ihre Lieblinge aus Liebe mit einem kräftigen Leben, kräftig in Glück und Fluch. Das war die Sache, und das war der Segen. »Auf mein Haupt den Fluch«, das war nur schöne Rede und ein Muttergeschwätz, unwissend darüber, daß Liebe Kraft war und Segen Kraft und Leben Kraft und nichts weiter. War doch Rebekka nur ein Frauenzimmer und er, Jaakob, der Gesegnete, auf dessen Eigentum lag die Grundschuld des Betruges. »An dir wird es ausgehen«, sagte Laban mit schwerer Zunge und wies mit dem schweren Arm, der schweren Hand auf den Neffen. »Du hast betrogen, und du wirst betrogen werden, – Abdcheba, rege dein Maul und übersetze ihm das, Elender, ich habe dich für zwanzig Schekel gekauft, und wenn du schläfst, statt zu dolmetschen, so scharre ich dich auf eine Woche in den Erdboden ein bis zur Unterlippe, du Gauch.«
»Halt, pfui«, sagte Jaakob und spie aus. »Verwünscht mich mein Vater und Bruder? Was dünkt dich denn alles in allem: bin ich dein Bein und Fleisch oder nicht?«
»Das bist du«, antwortete Laban, »so weit hat es seine Richtigkeit. Du hast mir zutreffend erzählt von Rebekka und Isaak und Esau, dem Roten, und bist Jaakob, mein Schwestersohn, das ist nachgewiesen. Laß dich herzen. Es ist aber auf Grund deiner Angaben die Sachlage zu prüfen und sind die Folgerungen daraus zu ziehen für dich und mich nach den Gesetzen des Wirtschaftslebens. Ich bin von der Wahrheit deines Berichtes überzeugt, habe aber keinen Anlaß, deine Aufrichtigkeit zu bewundern, denn um deine Lage zu erklären, blieb dir nicht viel anderes übrig, als aufrichtig zu sein. Es trifft also nicht zu, was du früher sagtest, daß Rebekka dich schickt, um mir eine Aufmerksamkeit zu erweisen. Es war vielmehr deines Bleibens nicht zu Hause, weil dir’s ans Leben ging von seiten Esau’s um deiner und deiner Mutter Taten willen, deren Erfolg ich nicht leugnen will, die dich aber vorderhand einmal zum nackten Bettler gemacht haben. Nicht freiwillig kamst du zu mir, sondern weil du nicht hattest, wohin sonst dein Haupt zu legen. Du bist auf mich angewiesen, und daraus habe ich die Folgerungen zu ziehen. Nicht Gast bist du meinem Hause, sondern Knecht.«
»Mein Oheim spricht rechtlich, ohne der Gerechtigkeit das Salz der Liebe beizumischen«, sagte Jaakob.
»Redensarten«, antwortete Laban. »Das sind die natürlichen Härten des Wirtschaftslebens, denen ich gewohnt bin Rechnung zu tragen. Die Bänker in Charran, es sind zwei Brüder, Ischullanu’s Söhne, fordern auch von mir, was sie wollen, weil ich ihr Wasser dringend benötige, und sie wissen, daß ich’s benötige, so fordern sie beliebig, und wenn ich’s nicht leiste, so lassen sie verkaufen mich und meine Habe und streichen ein den Erlös. Daß ich ein Narr wäre in der Welt. Du bist auf mich angewiesen, so will ich dich beuteln. Ich bin nicht reich und gesegnet genug, um mich zu blähen in Liebeslust und offen Haus zu halten für allerlei Friedlose. Ich habe an Armeskräften, mir zu fronen, nur den da, eine kraftlose Kröte, und Iltani, die Magd, die dumm ist wie ein Huhn und wie eine kakelnde Henne, denn der Töpfer ist ein wandernder Mann und nur bei mir auf zehn Tage laut unserm Vertrag, und wenn die Zeit kommt der Ernte oder der Schur, so weiß ich nicht, woher Armeskräfte nehmen, denn ich kann’s nicht zahlen. Längst ist es nicht schicklich, daß Rahel, meine kleinere Tochter, die Schafe hütet und leidet Hitze am Tage und Frost bei Nacht. Das sollst du tun um Obdach und Grünkraut und um nichts mehr, denn du weißt nicht wohin und bist nicht der Mann, die Bedingungen vorzuschreiben, das ist die Sachlage.«
»Gern will ich der Schafe pflegen für dein Kind
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