Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
selten nahm er sich nach getaner Arbeit eines der Salamigebäckstücke mit nach Hause. Seitdem hatte er sich den Geschmack von Pizza vollkommen übergessen, und schon der bloße Gedanke daran erregte in ihm einen leichten Würgereiz.
„PIZZZAAA TORTE!“, rief seine Mutter noch einmal überschwänglich nach oben und stimmte danach summend ein fröhliches Liedchen an.
„ Pizzatorte, das Lieblingsessen meiner Mutter. Torte, okay, gut und schön, aber Pizza, warum Pizzatorte? Es gibt immer noch einen Stolperstein mehr auf den Pfaden zu Ruhm und Reichtum.“ Joshua sog den nächsten Luftzug langsam in sich ein. „Allerdings müssen richtige Zauberer auch lernen in der Wildnis zu überleben, und dort in den finsteren Wäldern ist auch nicht immer Honigschlecken“, sagte er sich und sprang vom Fenstersims.
Im Treppenhaus wehte ihm der üble Geruch von fettigen Salami - und Schinkenscheiben mit Pepperoni entgegen. Joshua blähte seine Backen auf und kämpfte sich mit seinem Zaubermantel tapfer durch den stärker werdenden Pizzatortengeruch nach unten.
Seine Mutter eilte gerade ins Wohnzimmer. Sie trug dicken roten Lippenstift und hatte noch Lockenwickler in ihrem blonden Haar. Um ihre stämmigen Hüften klemmte eine Schürze mit aufgestickten Tomaten, Kürbissen und Bohnen, die alle aufgemalte, fröhliche Gesichter hatten.
„Ah, da bist du ja , mein Goldjunge, und ich dachte schon, du wolltest dir den Festschmaus entgehen lassen. Ich hole nur schnell noch das Sonntagsbesteck!“
Summend verschwand sie in der nächsten Tür und testete dabei mit einer flachen Hand, ob ihre füllige Haarpracht schon halten würde.
Joshua richtete seinen Blick wieder nach vorn und schritt weiter durch den dichten Pizzanebel zur Küche.
Sein Vater , Bernhard, saß schon am gedeckten Küchentisch. Er passte gerade eben in den kleinen Küchenstuhl und sein dicker Bauch grenzte bis an die Tischkante an. Er war ein Riese, ein Hüne, aber mit der Zeit auch immer mehr in die Breite gewachsen, was wohl hauptsächlich an Mathildas gutbürgerlicher Familienküche lag.
Bernhard blätterte in einer gänzlich unversehrten Sonntagszeitung herum. Max hatte den Postboten verpasst. Knurrend hockte er vor ihm und bellte von Zeit zu Zeit die Papierschlange in den Händen seines Herrchens an. Bernhard nahm die Zeitung herunter und sein rundes Gesicht mit der braunen Lockenpracht erschien.
„Na , mein lieber Sohnemann, wie sieht es auf dem Jahrmarkt aus?“
„Gar nicht gut. Er ist im Regen versunken.“
Mit hängenden Schultern setzte sich Joshua an den kleinen Holztisch und starrte lustlos auf dessen Mitte, wo die kreisrunde, bunte Pizzatorte stand. Sie bestand aus einem wabbeligen Kuchenteig, gefüllt mit Speck und dekoriert mit Tomaten, Käse, Pepperoni, Salamischeiben und einer großen Portion Schlagsahne. Es war kein schöner Anblick, und es würde auch danach schmecken, wonach es aussah, das wusste Joshua schon vorher… und der nächste Würgereiz keimte in ihm auf.
„Nun, der Jahrmarkt geht ja noch eine ganze Woche bis nächsten Sonntag! Da werden bestimmt noch ein paar schöne Spätfrühlingstage dabei sein, da bin ich mir sicher“, sagte Bernhard aufmunternd.
Inzwischen kam Mathilda mit dem Silberbesteck zurück und verteilte es trällernd auf dem Tisch.
„So , ihr Lieben, jetzt kann es losgehen. Der Sonntagsfestschmaus ist angerichtet! Wer möchte zuerst?“
„ In der Wildnis hatte man nicht die Wahl “, kam es Joshua wieder in den Sinn. „ Da musste auch gegessen werden, was auf den Tisch kam… wenn man nicht verhungern wollte .“
Mathilda rieb sich voller Vorfreude die Hände, und da ihr niemand antwortete, verteilte sie, ohne zu fragen, die Pizzatortenstücke mit einem Pfannenheber auf die leeren Teller, wobei sich der klebrige Käse in langen Fäden hinter den Stücken hinterher zog.
„Und hier steht’s ja !“ Bernhards Zeigefinger wanderte langsam über den oberen Rand der Zeitung. „Ab Mitte der Woche soll es wieder wärmer werden und die Sonne uns täglich begrüßen. Wenn das keine guten Jahrmarktaussichten sind, mein Sohnemann!“
Misstrauisch begutachtete Joshua das undefinierbare Teigstück auf seinem Teller und versuchte dabei, nicht angewidert dreinzuschauen.
„Der Wetterbericht stimmt d och sowieso nie“, klagte er, schnitt ein kleines Stück Torte ab und behielt es wie ein Lutschbonbon auf der Zunge.
„ Ja, aber Bauernregeln schon…“, begann sein Vater und stopfte sich den Mund voll. „…und
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